Dafür demonstriert der DGB am 1. Mai

Interview mit Jutta Reiter

Nach ersten Arbeiterprotesten vor 160 Jahren in Australien ist der Tag der Arbeit längst zu einem wichtigen Termin und Symbol für die Gewerkschaften in Europa geworden. Seit den 1990er-Jahren mobilisiert der Deutsche Gewerkschaftsbund immer weniger Teilnehmer. Dortmunds DGB-Vorsitzende Jutta Reiter nennt Gründe für den Schwund in der Region Dortmund.

DORTMUND

, 30.04.2017, 13:28 Uhr / Lesedauer: 2 min
Jutta Reiter ist der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Region Dortmund / Hellweg.

Jutta Reiter ist der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Region Dortmund / Hellweg.

Frau Reiter, wenn Sie über die Geschichte der Mai-Demonstrationen des Deutschen Gewerkschaftsbundes berichten: Wie steigen Sie ein in die Historie der lokal organisierten Arbeiter-Bewegung?

Mit der Zerschlagung der Gewerkschaften in Dortmund durch die Nationalsozialisten ab 1933. In unserer Historie ist das ein wichtiges Thema. Ein Rückblick auf die vergangenen Jahrzehnte lässt selbstverständlich auch erkennen, dass der 1. Mai für die Gewerkschaften eine enorm große Bedeutung hatte - und nach wie vor hat.

Die Teilnehmerzahlen sind bei den Mai-Kundgebungen immer noch vier- und fünfstellig, aber in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Woran liegt das?

Ich erinnere mich an Mai-Kundgebungen in den 1990er-Jahren und in den Jahren zuvor mit 20.000 Teilnehmern. Damals bestimmten noch die drei großen Branchen Kohle, Stahl und Bier unsere Themen. So erklären sich die eindrucksvollen Demonstrationen mit zigtausend Teilnehmern. Kohle, Stahl und Bier haben an Bedeutung verloren, die Betriebsstrukturen sind verändert. Das hat Folgen für die Gewerkschaften: In großen Betrieben können wir besser organisieren und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besser erreichen.

In kleinen und mittleren Betrieben nicht?

Ganz einfach: Weil wir darin nicht zuständig sind. Wenn kleine und mittelständische Betriebe ohne Tarifbindung arbeiten, sind die Gewerkschaften draußen. Auch das gehört zum Strukturwandel.

Was heißt dieser Strukturwandel für den DGB in Dortmund?

Nur noch 32 Prozent der Betriebe in Dortmund sind Großbetriebe mit über 500 Mitarbeitern. Alle anderen sind kleine und mittelständische Betriebe, häufig ohne Tarifvertrag. Das macht uns zu schaffen.

Wie viele Arbeitnehmer vertritt der DGB Dortmund / Hellweg?

Allein in Dortmund sind es 60.000, in der Region Hellweg, also mit der Stadt Hamm und den Kreisen Soest und Unna, insgesamt 140.000.

Wie an jedem 1. Mai startet die DGB-Demonstration am Stadttheater in Dortmund. Was sind 2017 die Themen?

Unsere Betriebs- und Personalräte werden deutlich machen, was in den Betrieben konkret die Themen sind: Es geht um Respekt, Leiharbeit, das Unterlaufen des Mindestlohns, die Personalausstattung in den Krankenhäusern und um die Tarifbindung. Nach der Demonstration steht bei der Kundgebung im Westfalenpark mit den Betriebs- und Personalräten unser Basispersonal auf der Bühne.

... und kein namhaftes Zugpferd aus der Politik?

Nein, der DGB ist ein überparteiliches Organ. Wir lassen uns nicht politisch instrumentalisieren. Der 1. Mai ist der Tag, an dem wir Forderungen an die Politik stellen und nicht der Tag, an dem die Politik uns sagt, was sie meint, machen zu wollen.

Mit wie vielen Teilnehmern rechnen Sie am 1. Mai in Dortmund?

Etwa 3000 werden auf der Straßen sein und vom Stadttheater aus an der Demonstration bis zum Westfalenpark teilnehmen. Für die Kundgebung und das Familienfest im Park rechnen wir mit 5000 Teilnehmern.

Der Zeitplan am Montag (1.5.2017): 11 Uhr Demonstration ab Platz der Alten Synagoge (Hansastraße / Südwall). 12.15 Uhr Kundgebung im Westfalenpark. 13 Uhr Kultur- und Familienfest (Zugang nur mit Demonstration über Eingang Ruhrallee).

 

 

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