Bundestagswahl: Dortmund fehlen 700 Wahlhelfer

Zu wenig Personal

Rund sechs Wochen vor der Bundestagswahl am 24. September fehlen Dortmund rund 700 Wahlhelfer. Jetzt bittet die Stadt 20 Behörden und Einrichtungen wie Krankenkassen, Kirchen, Finanzämter und die Sparkasse um personellen Nachschub.

DORTMUND

, 16.08.2017, 02:08 Uhr / Lesedauer: 3 min
Wahlhelfer und SPD-Vorsitzender Dirk Sanke in Wickede vor dem Wahllokal „Katholische Kita vom göttlichen Wort“ am Wickeder Hellweg 59.

Wahlhelfer und SPD-Vorsitzender Dirk Sanke in Wickede vor dem Wahllokal „Katholische Kita vom göttlichen Wort“ am Wickeder Hellweg 59.

Für Dirk Sanke (53) aus dem Ortsteil Wickede ist es fast selbstverständlich. Seit der NRW-Wahl 1985, seit 32 Jahren also, engagiert er sich als Wahlhelfer. Er hat "so gut wie keine Wahl ausgelassen." Eine spannende Sache sei das damals gewesen, sagt Sanke. "Wir wollten unbedingt ins Wahllokal und alles mitbekommen, was da läuft."

Damals - SPD-Mitglied Sanke spricht von Zeiten, "als die Ortsvereine hier die Wahlhelfer organisiert haben." Das tun sie zwar immer noch, so gut es geht. Aber ihre Reihen haben sich gelichtet, der Mitgliederschwund und der demografische Wandel macht zu schaffen. Also sieht sich Sanke in Vereinen und Verbänden um, spricht vor allem Jüngere an und wirbt um ihren Einsatz als Wahlhelfer. "Man muss nur offensiv auf die Menschen zugehen, dann klappt das", stellt er fest.

386 Wahllokale und 143 Briefwahllokale

Solch einen Einsatz sieht Manfred Kruse nur zu gern. Als Chef der städtischen Bürgerdienste, zuständig für die Wahl-Organisation, müssen Kurse und seine Mitarbeiter bis zum 24. September 386 Wahllokale und 143 Briefwahllokale besetzt haben. Fünf Männer und Frauen braucht es mindestens, um einen Wahlvorstand zu bilden; die Regel sind eher sieben Personen. 

Sechs Wochen vor der Bundestagswahl fehlen in Dortmund gut 700 von insgesamt knapp 4000 ehrenamtlichen Helfern. Auch, wenn die Stühle am Ende noch an jedem Wahltag besetzt waren: Der Aufwand, Menschen freiwillig für den Dienst an der Demokratie zu begeistern, wird immer höher. Zwar hat die Stadt die Möglichkeit, da nachzuhelfen und Bürger für die Tätigkeit im Wahllokale zu verpflichten. Das aber will sie höchst ungern. "Wir setzen lieber auf Freiwilligkeit", betont Kruse.

Bürger, Parteien und Stadtverwaltung sollen einspringen

Rund 3000 Wahlhelfer hat die Stadt einigermaßen sicher in petto, sie haben sich selber gemeldet. Das größte Kontingent schicken nicht die politischen Parteien. Das größte Kontingent stellen rund 1200 Bürger. Die Parteien steuern weitere 1050 Kräfte bei, die Stadtverwaltung ist mit rund 800 Mitarbeitern vertreten. Verstärkung ist dringend notwendig.

Den erhofft sich die Stadt auch von anderen: Per Brief wirbt sie jetzt erstmals auch bei den Beschäftigten von 20 Behörden und Einrichtungen um personellen Beistand. Die Bandbreite reicht von der Polizei über Gerichte, Finanzämter und städtische Unternehmen bis hin zu Uni, FH sowie Krankenkassen und Kirchen. Und weil die Zeit bis zur Wahl immer knapper wird, will man übernächste Woche beginnen, weitere Mitarbeiter aus der Verwaltung zu rekrutieren. "Andere Städte versuchen es mit Plakaten", sagt Kruse.

Magen-Darm-Virus setzte Wahlhelfer außer Gefecht

Dass längst nicht alle dem Ruf ins Wahllokal folgen, weiß Elisabeth Böker, Vize-Chefin der Bürgerdienste, sehr genau. Bei der NRW-Wahl seien im Vorfeld 1350 von 4900 Männer und Frauen abgesprungen. Nicht zu unterschätzen ist auch der Magen-Darm-Virus, der auserwählte Helfer unverhofft und ausgerechnet in der Nacht zum Wahlsonntag befällt.

„Eine Absage bei der Landtagswahl kam per Mail nachts um drei Uhr“, schildert Böker. Weil die Stadt auf solche Ausfälle vorbereitet sein muss, kalkuliert sie für den 24. September vorsichtshalber eine Reserve von 250 Männer und Frauen ein, die notfalls ab 7.30 Uhr einspringen können, eine halbe Stunde vor Öffnung der Wahllokale.

2,5 Stunden Schulung

Wahlvorstehern und Schriftführern versüßt sie die Stunden mit einem "Erfrischungsgeld". Für Wahlvorsteher und Schriftführer gibt es 55 Euro, Beisitzer erhalten 50 Euro. Wer bei der Briefwahl mit anpackt, erhält 40 Euro. Wer antreten möchte, wird zuvor in einer bis zu 2,5 Stunden langen Schulung fit gemacht. Ein Muss ist die Teilnahme nicht: Unter www.wahlhelfer.dortmund.de hat die Stadt einen Leitfaden ins Netz gestellt, mit dem man sich alternativ schlau machen kann.

Geld, das war für Wahlhelfer und SPD-Mitglied Dirk Sanke nicht der ausschlaggebende Grund. "Ich finde, es gehört einfach dazu, sich für das Gemeinwesen einzusetzen." Wie die Stadt Dortmund würde auch er sich über eine breite Beteiligung freuen. "Im Wahllokal trifft man Menschen wieder und bekommt einen Blick hinter die Kulissen", sagt Sanke. "Das kann sehr spannend sein." Den oft gehörten Hinweis, für Wahlhelfer sei der Sonntag komplett im Eimer, lässt Sanke nicht gelten. "Das stimmt nicht. Wir arbeiten in Schichten und sprechen unsere Einsatzzeiten ab."

Bürger, die sich für den ehrenamtlichen Einsatz als Wahlhelfer interessieren, können sich bei der Stadt Dortmund melden, Telefon (0231) 50 10 93 3. Mitmachen bei der Bundestagswahl kann jeder, der die deutsche Staatsangehörigkeit und das 18. Lebensjahr vollendet hat. Das Amt für Bürgerdienste sucht Wahlhelfer, die flexibel einsetzbar sind und sich nicht unbedingt auf ein wohnortnahes Wahllokal konzentrieren.           

 

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