Bei Deilmann-Haniel hat es sich ausgebaggert

Dortmunder Traditionsunternehmen

Der Name Deilmann-Haniel sorgt bei vielen im Ruhrgebiet noch immer für anerkennende Blicke. Doch die rosigen Zeiten des stolzen Dortmunder Traditionsunternehmens sind vorbei, und bald geht wieder ein Stück Unternehmensgeschichte zu Ende: Die Deilmann-Haniel Mining Systems GmbH will ihren Betrieb zum Jahresende schließen.

KURL

, 30.05.2017, 03:14 Uhr / Lesedauer: 2 min
Blick auf einen Lader, der auf dem Firmengelände von Deilmann-Haniel Mining Systems in Kurl steht. Das Unternehmen soll Ende des Jahres schließen.

Blick auf einen Lader, der auf dem Firmengelände von Deilmann-Haniel Mining Systems in Kurl steht. Das Unternehmen soll Ende des Jahres schließen.

Die rund 130 Mitarbeiter, die am Firmensitz in Dortmund-Kurl arbeiten, wissen das schon längst: Bereits im Januar verkündete ihnen die Geschäftsführung, dass mit dem 31. Dezember 2017 Schluss sein soll mit der Produktion von vor allem Baggern, Ladern, Bohrwagen und sonstigen Maschinen für die Bergbaubranche.

Ende vergangener Woche erfuhr unsere Redaktion von den Schließungsplänen; Versuche, bei der Geschäftsführung von Deilmann-Haniel Mining Systems (DHMS) nach Gründen und weiteren Informationen zu fragen, liefen am Freitag und am Montag ins Leere. Am Montag Nachmittag ließ die Geschäftsführung schließlich nur mitteilen, dass sie „erst einmal keinen Kommentar“ abgebe.

Deutliche Verluste

Gründe für die geplante Einstellung des Betriebs finden sich in den „Konzernlageberichten“ der Aton GmbH mit Sitz in München. Aton, die Beteiligungsgesellschaft von Lutz Helmig und seiner Familie, ist seit dem Jahr 2007 100-prozentiger Eigentümer von DHMS. Die Dortmunder Tochter schrieb 2015 laut Aton-Konzernlagebericht Verluste in Höhe von 19,9 Millionen Euro vor Steuern. 2016 stand ein Minus von 7,8 Millionen Euro vor Steuern.

Dass die Bergbaubranche in den vergangenen Jahren weltweit nicht ihre besten Zeiten erlebte, ist kein Geheimnis. Das spürte auch DHMS. Betriebsratsvorsitzende Christine Wolf berichtete am Montag auf Anfrage, dass bereits 2015 ein Sozialplan erstellt und der Betrieb „restrukturiert“ worden sei: Rund 35, 40 Mitarbeiter seien gegangen. Die damalige Geschäftsführung, sagt Wolf, habe prophezeit, dass es besser werde, aber: „Wir bekommen keine Aufträge.“

Mitarbeiter werden "mit  ‘nem Appel und ‘nem Ei nach Hause" geschickt

Die Betriebsratsvorsitzende und ihre Kollegen haben jetzt nur noch ein Ziel: „Wir wollen, dass das Unternehmen in Ruhe und vernünftig abgewickelt wird.“ Aus Mitarbeitersicht aber scheint der angelaufene Prozess der Abwicklung alles andere als „vernünftig“ zu laufen.

Es gebe viele Mitarbeiter bei DHMS, sagt Wolf, die seit 25, 30 oder über 40 Jahren im Betrieb sind. „Die haben ihr halbes Leben hier verbracht. Und die will man jetzt mit ‘nem Appel und ‘nem Ei nach Hause schicken.“

"Mit Fußtritt aus dem Betrieb" 

Mit dem Thema vertraut ist auch Andreas Bier, zuständiger Gewerkschaftssekretär der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE). Er sagte am Montag : „Rechtlich mag der Arbeitgeber seinen Laden zumachen dürfen. Wie er moralisch und ethisch mit seinen Leuten umgeht, ist schlimm. Da werden die Leute mit einem Fußtritt aus dem Betrieb befördert.“

Der Arbeitgeber, so schildern es Wolf und Bier, habe den Mitarbeitern einen Sozialplan mit nur sehr geringer Abfindung angeboten. Bier spricht angesichts dessen von einem „Schlag ins Gesicht“ für die Mitarbeiter. Ein Mitarbeiter selbst bewertet die angebotene, niedrige Abfindung als „Arschtritt“.

Pistole auf der Brust

Wolf und Bier zufolge setzte der Arbeitgeber den Mitarbeitern gewissermaßen die Pistole auf die Brust, als er sie im April vor die Wahl stellte: Entweder sie entschieden sich für den Sozialplan, oder man melde Insolvenz an.

Die Belegschaft entschied sich gegen den Sozialplan – der Arbeitgeber meldete dennoch nicht Insolvenz an. Die Verhandlungen von Arbeitgeber, Arbeitnehmern und IGBCE um einen Interessenausgleich sind inzwischen gescheitert – Arbeitnehmer und Gewerkschaft wollen dem Vertrag zum Interessenausgleich nicht zustimmen, ohne dass ein für sie annehmbarer Sozialplan vorliegt.

Termin am Arbeitsgericht

Nun soll eine Einigungsstelle eingesetzt werden, der neben Vertretern des Arbeitgebers und der Arbeitnehmer auch ein Vorsitzender als Schlichter angehört. Am Montag gab es dazu einen Termin am Arbeitsgericht Dortmund – eine Richterin wird in den nächsten Tagen über die Einsetzung entscheiden.

Die Mitarbeiter würden trotz allem „weiter malochen“, sagt Betriebsratsvorsitzende Christine Wolf: „Das war immer so.“ Alle Mitarbeiter, darunter viele in zweiter Generation, seien „sehr verbunden“ mit dem Betrieb, der wie eine zweite Familie sei. Die angekündigte Schließung vergleicht Wolf mit dem Tod eines Familienmitglieds.

  • Neben Deilmann-Haniel Mining Systems gibt es auf dem Firmengelände in Kurl auch noch die Deilmann-Haniel GmbH, die auf den Schachtbau spezialisiert ist.
  • Bei der Deilmann-Haniel GmbH, in Dortmund 80 Mitarbeiter stark, laufe der Betrieb ganz normal weiter, sagte am Montag eine Sprecherin.
  • Die weltweit tätige Deilmann-Haniel GmbH gehört einer kanadischen Holding, die wiederum ebenfalls Aton gehört.

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