Tempo 50 oder Tempo 30: Was soll der Standard für innerstädtischen Autoverkehr sein? In dieser Frage debattierte die Politik und entschied sich tendenziell eher für Tempo 30 als 50.

Tempo 50 oder Tempo 30: Was soll der Standard für innerstädtischen Autoverkehr sein? In dieser Frage debattierte die Politik und entschied sich tendenziell eher für Tempo 30 als 50. © picture alliance / dpa

Debatte um Tempo 30: Bald nur noch gedrosselt durch Castrop-Rauxel?

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Die Stadt Castrop-Rauxel will sich einer Initiative anschließen, die für manch einen Bürger zu einschneidenden Veränderungen führen wird. Doch zuvor wurde über den Antrag heftig gestritten.

Castrop-Rauxel

, 25.06.2022, 21:09 Uhr / Lesedauer: 2 min

Den einen geht es zu schnell, den anderen zu langsam – wer mit dem Auto unterwegs ist, weiß, wie die Situation auf dem Altstadtring aussieht. Dort gilt Tempo 30, zumindest so lange, bis die Straße saniert ist. Viele regt die Tempodrosselung auf. Andere schreiben Beschwerden an die Stadt, weil vor der eigenen Haustür gerast wird und wünschen sich Tempo 30.

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Wenn es nach dem Vorschlag der Grünen und der SPD geht, soll Tempo 30 bald fast überall in Castrop-Rauxel gelten. So interpretieren das zumindest die Oppositionsparteien CDU und FDP.

Der Stadtrat stimmte in Mehrheit für den Beitritt Castrop-Rauxels zur „Initiative lebenswerte Städte“.

Der Stadtrat stimmte in Mehrheit für den Beitritt Castrop-Rauxels zur „Initiative lebenswerte Städte“. © Tobias Weckenbrock

„Sie wollen die Änderung der Straßenverkehrsordnung, das beantragen Sie durch die Hintertür“, warf FDP-Fraktionsführer Nils Bettinger den Antragsstellern bei der Ratssitzung am Donnerstag (23.6.) vor. Er selbst war mit einem anderen Antrag vorgeprescht, der zusätzliche Schilder bedeuten würde: nämlich die Aufhebung von Tempo 30 vor Schulen während der Schulferien. Beide Anträge fasste der Rat in einem Tagesordnungspunkt zusammen und diskutierte darüber.

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„Ist das euer Ernst?“

„Man kann ja trotzdem 30 fahren, wenn man will“, sagte Carsten Papp (CDU). „Auf dem Altstadtring empfehle ich diesen Selbstversuch nicht“, entgegnete Andreas Kemna (Die Fraktion). Der Kleinkrieg, der deswegen schon im Betriebsausschuss 1 ausgebrochen war, wurde nun im Rat weitergeführt.

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„Ist das euer Ernst?“, fragte eine sichtlich genervte Annette Korte (FWI) und bekam Beifall. „Ihr wollt in der ganzen Stadt 30 machen, weil der Bürger nicht in der Lage sein soll, auf die Uhr zu gucken?!“ Das hatte Bert Wagener (Grüne) zuvor als einen Grund angegeben, warum er die Tageszeiten-Regelung, die zurzeit zum Beispiel auf der Bahnhofstraße an der Gesamtschule und am EBG gilt, eigentlich schwierig finde. Dann besser immer Tempo 30, so seine Argumentation.

Bürgermeister Rajko Kravanja ergriff das Wort, um zu erklären, was die Zustimmung zur „Initiative lebenswerte Städte“, so der Name, eigentlich bedeutet. „Die Idee ist die Umkehrung des Prinzips“, führte er aus. Tempo 30 soll in Castrop-Rauxel dann Normalgeschwindigkeit sein. Dort, wo viele Pendler unterwegs sind, werde auch weiterhin eine höhere Geschwindigkeit gelten. Der Altstadtring sei ein Beispiel. „Da würde weiterhin 50 stehen, da bin ich bei Nils Bettinger.“

Tempo 30 gilt seit einigen Monaten am Altstadtring. Derzeit aber nur wegen der schlechten Straßenverhältnisse.

Tempo 30 gilt seit einigen Monaten am Altstadtring. Derzeit aber nur wegen der schlechten Straßenverhältnisse. © Lydia Heuser

Bei der Victorstraße, die saniert wird, seien sich Stadt und Kreis indes nicht einig. „Wir würden es bei 30 belassen. Der Kreis möchte 50“, so Kravanja. Auch die Unterführung am Bahnhofstunnel ist nach Auffassung der Stadt eine Stelle, wo 30 gelten soll.

Tempo 30 gilt seit einigen Monaten am Altstadtring. Derzeit aber nur wegen der schlechten Straßenverhältnisse.

Tempo 30 gilt seit einigen Monaten am Altstadtring. Derzeit aber nur wegen der schlechten Straßenverhältnisse. © Lydia Heuser

Stadt wird eine von dann 207 Kommunen

Der Rat entschied: Castrop-Rauxel wird sich der Initiative lebenswerte Städte anschließen, die vom Deutschen Städtetag initiiert wurde und der sich 206 Städte und Gemeinden angeschlossen haben. Wuppertal, Bochum, Unna und Münster machen beispielsweise mit. Für die Grünen und die SPD spreche einfach alles dafür: geringerer Verbrauch, weniger Abgas-Emissionen, weniger schwere Unfälle, geringere Lautstärke.

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Zwei dieser Argumente indes stellte Tom Roehl für die FDP in Frage: Wer im 2. Gang mit Tempo 30 fahre, dessen Auto sei lauter als das eines Fahrers, der im 4. Gang 50 km/h drauf habe. „Nicht die Geschwindigkeit ist ausschlaggebend, sondern die Drehzahl“, so Roehl. Und am wenigsten Verbrauch habe ein Auto bei Tempo 90 auf der Landstraße, nicht im Stadtverkehr.

Der FDP-Antrag für freie Fahrt in den Ferien indes wurde abgelehnt.