
Das Ratssaal-Gebäude am Europaplatz liegt zu Füßen des Rathauses. Der gesamte Komplex ist dringend sanierungsbedürftig. © Tobias Weckenbrock
Baukosten steigen immens: Banges Warten auf Rathaus-Sanierungskosten
Stadtmittelpunkt
Der Bau des Stadtmittelpunktes wurde in den 70er-Jahren 38 Prozent teurer als geplant. Nun muss dort dringend saniert werden, aber die Baukosten sind zuletzt erheblich gestiegen. Zahlen fehlen.
Der Stadtmittelpunkt mit Rathaus, Hallen und Forum hat den Steuerzahler schon beim Bau viel Geld gekostet. Viel mehr Geld auch, als ursprünglich für den Bau veranschlagt worden war. Die dringend notwendige Sanierung des Ensembles wird den Steuerzahler wieder viel Geld kosten. Doch wie viel genau, ist immer noch unklar.
Im Jahr 2021 waren dafür, angestoßen durch die FDP, unterschiedlichste Zahlen in den Raum gestellt worden. So hieß es, dass man die Sanierungssumme bereits 2016 auf 60 Millionen Euro gedeckelt habe, neue Berechnungen aber ergeben hätten, dass 75 Millionen Euro realistisch seien.
Diese Zahl wurde in der Diskussion auch von Bürgermeister Rajko Kravanja als ein Betrag genannt, der aus seiner Sicht aber nicht akzeptabel sei. Aus einer Infomail, die in der Politik kursierte, war aber noch eine andere Summe ablesbar: 137 Millionen Euro sollte demnach sogar der Investitionsbedarf für das gesamte Forums-Ensemble betragen, also inklusive der maroden Hallen.
50 Millionen Euro stehen mindestens im Raum
Im August 2021 wurde der Politik schließlich eine neue Rechnung vorgelegt. Im Rahmen eines sogenannten „Integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzepts“ (ISEK) Stadtmittelpunkt hieß es da, eine Sanierung des Rathauses werde hochgerechnet auf das Jahr 2015 rund 34 Millionen Euro kosten. Dazu kämen rund 4 Millionen für die Sanierung des Ratssaals, 8,7 Millionen Euro für die Tiefgarage, rund 800.000 Euro für die Ausstattung des Rathauses, 730.000 Euro für einen neuen Treppenaufgang von der Tiefgarage sowie rund 2 Millionen Euro Planungskosten. Zusammen gut 50 Millionen Euro.
Für die Forumsfläche kämen weitere 3 Millionen Euro Sanierungskosten dazu, mit rund 5 Millionen Euro werden Zusatzmaßnahmen wie Wasserbecken oder Pergola beziffert. Und für ein mögliches neues „BürgerRatHaus“, das neben dem Rathaus zu errichten wäre, wurden zwei Varianten grob veranschlagt. Abhängig von Größe und Ausstattungsstandard wird bei dem Neubau mit Kosten zwischen 7 und 17 Millionen Euro gerechnet. Die Hallen werden dabei weiter nicht berücksichtigt, die Investitionssumme läge aber auch so schon bei bis zu 78,2 Millionen Euro.
Seit August 2021 hat die Öffentlichkeit nun wieder nichts von den Sanierungsplänen gehört. Ob es einen neuen Stand gibt und wie der aussieht, wurde weder aus der Politik noch aus der Stadtverwaltung heraus kommuniziert.
Beim Europafest soll es Infos zum Stadtmittelpunkt geben
Die Stadtverwaltung kündigt aber an, dass die Abteilung Stadtentwicklung am Samstag, 13. August, beim Tag der Offenen Tür/Europafest Informationen rund um den Stadtmittelpunkt anbieten werde. Konkrete Zahlen zum Projekt, die unsere Redaktion angefragt hat, könne man angesichts „urlaubs- und vor allem krankheitsbedingter Engpässe“ im Moment leider nicht so schnell liefern, heißt es aus der städtischen Pressestelle.
Angesichts der zuletzt galoppierenden Bau- und Baunebenkosten darf man gespannt sein, was aus den vor einem Jahr der Politik vorgelegten Kostenschätzungen bis zu einer Realisierung einer wie auch immer dimensionierten Sanierung am Stadtmittelpunkt an Realkosten geworden sein wird.
Das gilt speziell, wenn man 46 Jahre zurück auf die Entstehungsgeschichte des Stadtmittelpunktes in Castrop-Rauxel blickt. Der vom dänischen Stararchitekten Arne Jacobsen entworfene Komplex sollte, so findet man es im Archiv der Ruhr Nachrichten, mit Baukosten von 58 Millionen Mark zu Buche schlagen.
Im Oktober 1974, knapp zwei Jahre vor der Einweihung, waren die Kosten bereits auf 68 Millionen Euro korrigiert worden. Im Februar 1975 waren es nach Angaben des damaligen Kämmerers sogar 75 Millionen Mark, mit denen man rechnete. Und am Ende kostete das Ensemble dann etwa 80 Millionen Mark, rund 38 Prozent mehr, als ursprünglich kalkuliert.
1961 geboren. Dortmunder. Jetzt in Castrop-Rauxel. Vater von drei Söhnen. Opa. Blogger. Interessiert sich für viele Themen. Mag Zeitung. Mag Online. Aber keine dicken Bohnen.
