
Unter SPD-Bürgermeister Johannes Beisenherz musste der Ikea-Traum an A42/B235 beerdigt werden, wie unser damaliger Karikaturist verdeutlichte. © Rudolf Grabowski
Castrop-Rauxels neue City: Hochtrabende Pläne platzten immer wieder
Stadtmittelpunkt
Ein Einkaufszentrum wie der Ruhr-Park, eine Wohn-Trabantenstadt wie in Wulfen, das Xscape-Zentrum und Ikea: Am Stadtmittelpunkt in Castrop-Rauxel platzten bereits zahllose Visionen.
Was wird aus der Fläche zwischen A42, B235, Grutholzallee und Grutholz, die etwa zur Jahrtausendwende als Xscape-Fläche zu kurzem Ruhm gekommen war und seitdem als Potenzialfläche in der Politik umstritten ist? Unter CDU-Bürgermeister Nils Kruse sollte dort damals eine Skihalle samt weiterer Freizeitflächen angesiedelt werden durch das britische Xscape-Unternehmen.
Man versprach sich hohe Gewerbeeinnahmen, viele auswärtige Gäste, die nach Castrop-Rauxel kommen und hier ihr Geld lassen sollten. Der Plan platzte. Wie alle Pläne zuvor und danach. Letzte große Hoffnung vor wenigen Jahren war Ikea. Aber auch der Traum vom schwedischen Möbelriesen starb.
Im letzten Kommunalwahlkampf brachte sich CDU-Bürgermeisterkandidat Oliver Lind mit dem Plan in Stellung, die Fläche jetzt endlich und endgültig als Gewerbefläche entwickeln zu wollen. Er wollte damit Arbeitsplätze nach Castrop-Rauxel holen und kritisierte, in der Politik werde „länger über ein Mehrwegsystem von Babywindeln geredet als über Zukunftsfragen“.
Mischnutzung aus Gewerbe und Wohnbebauung
Lind wurde kein Bürgermeister, in einem Zukunfts-Planungsprojekt wird stattdessen seit 2020 erörtert, was auf der 14,5 Hektar großen Fläche denn nun bitte passieren soll. Im September 2021 wurden Pläne vorgestellt, die eine Mischnutzung aus Gewerbe und Wohnbebauung vorsehen. Das sorgte wieder für Kontroversen in der Politik, bis heute aber nicht für handfeste Planung.

Die Idee von der Xscape-Skihalle samt Restaurants, Hotel und vielem mehr platzte unter CDU-Bürgermeister Nils Kruse. © Archiv
Ein tiefer Blick ins Archiv unserer Redaktion belegt nun, dass das lange Tradition hat. Denn schon 1975 war man sich uneinig, was auf der Potenzialfläche denn nun geschehen solle. Damals verfolgte man allerdings noch den Plan, das Gebiet rund um das neue Rathaus zur „neuen City“ zu machen.
Neben den damals in Bau befindlichen Verwaltungsgebäuden, den Hallen, dem Theater und einer Gaststätte sowie dem gerade fertiggestellten neuen Evangelischen Krankenhaus wollte man östlich der B235 ein großes neues Wohngebiet entstehen lassen.
Den Zahn zog der SPD damals ein eigener Landtagsabgeordneter, denn derartige Projekte gab es damals zu Hauf, etwa die neue Stadt Wulfen in Dorsten, eine Trabantenstadt mit all den Problemen seitdem, die solche aus dem Boden gestampften Wohnviertel überall hatten und haben.

1975 wollte man auf der Fläche an der B235 ein Einkaufszentrum wie den Ruhr-Park realisieren. Auch das blieb ein Traum. © RN-Archiv
Der Plan, rund um das neue Rathaus einen neuen Stadtkern zu schaffen, sollte von der Landesregierung aber weiter unterstützt werden. Ende 1975 hatten sich die Pläne in Castrop-Rauxel aber geändert. Wie der damalige Technische Beigeordnete Manfred Fuchs im September der Politik vorstellte, wollte man nun ein großes Einkaufszentrum, ähnlich dem Bochumer „Ruhr-Park“ verwirklichen.
250 Millionen Euro Umsatz erhoffte man sich
Die Wohnbebauungs-Idee hatte man fallen lassen, weil Prognosen auswiesen, dass die nun zum Kreis Recklinghausen gehörende Stadt Castrop-Rauxel auf Sicht massiv an Einwohnern verlieren würde. Hatte man 1975 noch etwa 85.000 Einwohner, sollten es laut Prognose 1982 nur noch 75.000 sein.
Und so stürzte man sich auf die Einkaufsidee mit zwei Warenhäusern und weiterem Einzelhandel auf rund 45.000 Quadratmetern Fläche. Laut Fuchs gab es damals mehrere ernsthafte Interessenten für das Einkaufszentrum, von dem man sich einen Umsatz von 250 Millionen Mark im Jahr versprach mit entsprechenden Gewerbesteuereinnahmen.
Aus dem Einkaufszentrum wurde nie etwas. Wie aus der Xscape-Halle, dem Ikea-Traum und der Vision von der neuen Castrop-Rauxeler City rund um das Rathaus.
1961 geboren. Dortmunder. Jetzt in Castrop-Rauxel. Vater von drei Söhnen. Opa. Blogger. Interessiert sich für viele Themen. Mag Zeitung. Mag Online. Aber keine dicken Bohnen.
