Patienten ohne Not verstopfen die Notaufnahmen
Mit Schnupfen in die Ambulanz
Millionen Patienten mit leichten Erkrankungen sorgen laut einer aktuellen Studie des Verbands der Ersatzkassen Deutschlands für überfüllte Notaufnahmen. Wir haben uns in Castrop-Rauxels Krankenhäusern umgehört – und auch dort hat mancher Patient eine recht eigenwillige Definition von „Not“.

Immer wieder kommen auch Patienten mit kleineren Wehwehchen in die Notaufnahmen der Krankenhäuser. Das führt zu längeren Wartezeiten.
Im Evangelischen Krankenhaus (EvK) in Castrop-Rauxel ist eine Verstopfung der Notfallaufnahme kein großes Problem, sagt Oberärztin Regine Ronge. Menschen, die mit kleinen Wehwehchen, mit Schnupfen oder leichten Oberbauchbeschwerden in der Notaufnahme stehen, habe es „schon immer“ gegeben.
Die Zahl sei nur leicht steigend, das sei „hinnehmbar“. Wie sich die Veränderung konkret in Zahlen ausdrückt, konnten kurzfristig weder Regine Ronge noch die Pressesprecherin des Krankenhauses herausfinden.
Keine Lust auf Wartezeit
Aber eins, das falle am EvK dann doch auf. Ronge: „Da ist seit Neustem immer mal wieder jemand, der weiß, dass er nichts Schlimmes hat und dann im ersten Satz anmerkt, dass er keine Lust habe, beim Hausarzt lange zu warten.“
Eine Milchmädchenrechnung, wie Thomas Tiemann, Geschäftsführer am St.-Rochus-Hospital, sagt: „Die Wartezeiten in der Notaufnahme beziehungsweise unserer Notfallpraxis sind durch diese leichten Erkrankungen deutlich länger, als sie sein müssten.“
Am Rochus-Hospital gibt es eine integrierte Notfallpraxis. Dort wird entschieden, ob der Patient direkt dort behandelt wird (leichte Erkrankungen) oder ob er in die angrenzende Notaufnahme (blutende Wunden, Kreislaufzusammenbrüche, etc.) überstellt wird. Die Notfallpraxis hält Tiemann für sinnvoll, „allerdings sind diese Praxen überall noch nicht richtig etabliert“, sagt er. „Das liegt auch an den nicht ausreichenden Öffnungszeiten der Praxis.“
Am EvK gibt es so eine Notfallpraxis nicht. Meistens, sagt Ronge, kämen Menschen mit kleinen Wehwehchen außerhalb der Sprechzeiten der Hausärzte in die Notaufnahme. „Und die Sprechzeiten sind im Schnitt ja kürzer geworden.“
Jeder Patient, der in die Notaufnahme im EvK komme, werde angehört und untersucht, sagt Ronge. „Wenn die Basisuntersuchung zeigt, dass der Patient nichts Schlimmes hat, wird er anschließend an den Hausarzt verwiesen, wo er am nächsten Tag hingehen kann. Wenn Unklarheit besteht, nehmen wir Blut ab oder röntgen. Wenn es sich wirklich um einen Notfall handelt, bleibt er bei uns.“
Vorgeschichte des Patienten wichtig
Ein großes Problem bei dieser Einschätzung: Die Ärzte im Krankenhaus kennen die Vorgeschichte nicht, anders als der niedergelassene Arzt, betont Tiemann.
Michael Greef, Vorsitzender des hiesigen Ärztevereins, sagt deutlich: „Verstopfte Notfallaufnahmen, das ist kein Castrop-Rauxeler Problem. Das mag anderswo vorkommen, aber hier nicht.“ Ja, es gebe auch in Castrop-Rauxel Hypochonder und faule Menschen. „Aber das sind Einzelfälle.“