Frank Ronge arbeitet in der Jugendarbeit der Evangelischen Kirchengemeinde Castrop-Rauxel Nord. Für unsere Zeitung hat er einen Gastbeitrag geschrieben.

© Tobias Weckenbrock

Kirchen-Mitarbeiter Frank Ronge: „Ich kann jeden verstehen, der austritt“

rnKirchen-Krise

Die Kirche(n) in der Krise: Intoleranz gegenüber Homosexualität und das Wegschauen bei Kindesmissbrauch sorgen für eine Abkehr vieler Christen. Was aber sagt ein Castrop-Rauxeler Mitarbeiter?

von Frank Ronge

Castrop-Rauxel

, 16.02.2022, 08:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Ich muss zugeben, dass es die Kirche selbst nur sehr schwer schafft, ein positives Bild nach außen zu vermitteln. Auch oder gerade in der Corona-Zeit habe ich da sehr viel vermisst. Und damit meine ich genau die gesellschaftlich relevanten Bereiche, in denen kirchliche Einrichtungen so unendlich wertvolle Arbeit leisten. Sie sind in der Kolumne aufgeführt.

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Ich arbeite seit vielen Jahren für die Evangelische Kirche und leiste in unserem offenen Kinder- und Jugendzentrum sehr notwendige soziale Arbeit in einem stark belasteten Stadtteil. Das Café Q bietet für viele ein zweites Zuhause, die kulturellen Angebote in den Bereichen Musik, Gesang, Tanz und Film die Möglichkeit der Selbstfindung und die zahlreichen Freizeiten an Wochenenden und in den Ferien bieten unvergessliche Erfahrungen mit Gleichaltrigen.

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Auch die Evangelische Kirche trifft die öffentliche Debatte über die Katholische Kirche. Es treten fast ebenso viele Menschen aus. Und ich kann jeden und jede verstehen. Die Kirchen sind in ihren Strukturen überholt und scheinbar unbewegbar. Das ist unbestreitbar.

„Es gibt einen Weg der Veränderung!“
Frank Ronge

Aber es gibt einen Weg der Veränderung: Die Kirche lebt von ihren Mitgliedern. Und wenn die Mitglieder deutlich machen, dass ihnen Nächstenliebe und Mitgefühl viel wichtiger sind, dass sie allen Menschen die Möglichkeit bieten wollen, sich selbst zu finden, sie selbst zu sein, dass sie selbst spirituell leben wollen ohne eine Drohbotschaft, sondern mit einem Gottesbild voller Liebe und Güte, dann kann sich die Gestalt von Kirche auch in ihren verkrusteten Strukturen verändern.

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Die Chance dazu bietet unsere Zeit. Wir können die Kirche reformieren. Durch unser Mitgefühl. Auch durch unseren Mut. Und besonders durch unseren Zusammenhalt. Die Bewegung Maria 2.0. und das Outing der über 100 Mitarbeitenden in der Katholischen Kirche unter dem Titel #outinchurch waren ein grandioser Auftakt.

Auf Instagram ploppen immer mehr Reform-Gedanken (auch an der konservativen Theologie) an die Öffentlichkeit. Und eure Kolumne wirkt auf Stadtgebiet. Vielen Dank für diese mutigen Schritte!

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Der Autor Frank Ronge wandte sich an unsere Redaktion, nachdem er die persönliche Kolumne unseres Redakteurs Tobias Weckenbrock gelesen hatte. „Danke dafür, der Beitrag hat mich sehr beeindruckt und gefreut“, schrieb Ronge. Er ist evangelisch, arbeitet als Gemeindepädagoge in der evangelischen Kirchengemeinde Castrop-Rauxel Nord und leitet dort das offene Jugendzentrum Café Q. Er sagt: „Ich lebe mein Leben bewusst als Christ im 21. Jahrhundert. Es ist meine totale Herzensangelegenheit, Kirche wieder als Gemeinschaft der Mitfühlenden ihrem eigentlichen Wesen nahezubringen.“