
© Imago
Trotz Spektakel und vier Siegen in Folge: Das will der BVB jetzt ändern
Borussia Dortmund
Borussia Dortmunds Profis geben sich betont selbstkritisch - trotz vier Siegen in Serie. Die vielen Gegentore nerven und ermüden. Das will der BVB laut Hummels, Reus und Rose jetzt ändern.
Eines seiner Versprechen hat Marco Rose bereits nach wenigen Wochen eingelöst: Er wolle mit seiner Elf „sehr aktiven Fußball spielen, schnellen und offensiven Fußball, den man gerne anschaut“, hat der neue BVB-Trainer angekündigt. Spektakel ist bei Borussia Dortmunds Spielen garantiert bei 38 Toren in acht Pflichtspielen - davon fielen jedoch 15 auf der falschen Seite. Wäre weniger Spektakel besser?
BVB zu „unseriös“ und nicht „erfolgsorientiert“ genug
„Wir müssen cleverer sein und erwachsener spielen“, meinte Kapitän Marco Reus nach dem 4:2 gegen Union Berlin und forderte: „Wir dürfen die Tore nicht so leicht herschenken.“ Neben sechs Standardtreffern, einem dauerhaften BVB-Ärgernis, fehlt den Borussen die Abgezocktheit, eine Führung auch mal energiesparend und nervenschonend über die Runden zu bringen, siehe die Partien gegen Hoffenheim, Istanbul oder eben Union.
Beispiel Berlin: „Wir bringen einen Gegner ins Spiel zurück, der eigentlich gar nicht mehr wollte, weil wir ein bisschen unseriös und nicht erfolgsorientiert Fußball spielen“, analysierte Mats Hummels die Phase nach der 3:0-Führung. „So machen wir die Gegner immer wieder stark.“ Auf Dauer, ergänzte Reus, könne man das nicht durchhalten.
BVB-Abwehrchef Hummels: „Wir müssen den Gegner totspielen“
Abwehrchef Hummels erkennt und benennt das Muster, das den Nationalspieler seit seiner Rückkehr zum BVB vor zwei Jahren und drei Monaten immer wieder verärgert. „Unser Problem liegt beim Spiel mit dem Ball. Wir müssen den Gegner dann totspielen und die Räume besser besetzen. Wir machen das Spiel oft zu klein.“
Lieber Ball und Gegner laufen lassen als riskante Kombinationen in der Offensive oder in Räumen, die der Gegner stark besetzt hat. Außerdem scheint der Vorwärtsgang permanent eingerastet. Das eröffnet auf der einen Seite Torchancen in Mengen, kostet aber unnötig Körner und birgt Gefahren für Konter, wenn Kraft und Konzentration nachlassen. „Wir kennen die Probleme“, sagte Hummels bei DAZN, „aber wir tun uns sehr schwer damit, sie abzustellen.“
BVB nicht über die vollen 90 Minuten griffig genug
Nochmal Beispiel Berlin: In den dominanten ersten 20 Minuten verbuchte der BVB fast 80 Prozent Ballbesitz, die Gäste bekamen kaum eine Chance. Die Pressing-Strukturen griffen. Je länger die Partie andauerte, desto ausgeglichener wurden die Verhältnisse. Die Gäste liefen letztlich sechs Kilometer mehr, und immer mehr im Ballbesitz.
Liegt die Anfälligkeit an der schwindenden Schärfe im Spielverlauf? Oder am noch fehlenden „Gefühl“ für die richtige Wahl zwischen Tempo und Taktieren, wie Rose meint? Für den Trainer ist es „ein schmaler Grat. Grundsätzlich wollen wir Pressing spielen, vertikal und in die Tiefe spielen.“
Manchmal wäre beim BVB wohl weniger mehr
Doch es gebe halt auch Situationen, wo Spielkontrolle und der Rückpass die bessere Option darstellen. Ansonsten müsse man die Angriffe sauber zu Ende spielen, Ballverluste vermeiden – und eben die Absicherung im Blick behalten. Das Dilemma des Trainers: „Wenn du mit den Jungs mehr darüber redest, wo Pressing keinen Sinn ergibt, dann werden sie vielleicht passiv. Wenn wir den Ball haben und ich mehr darüber rede, dass wir hinten herumspielen, dann wirst du vielleicht auch mit dem Ball eher passiv.“
Dass die Borussen trotz vier Siegen am Stück derart selbstkritisch bleiben, ist ein gutes Zeichen für die Arbeitsmoral, für den Erfolgshunger. Rose will in dieser Trainingswoche, nach dem freien Dienstag, mit der Mannschaft „ins Gericht gehen“. Hummels erwartet fruchtbare Analysen. „Wir sind heiß drauf und haben eine gute Art, die Dinge anzugehen. Aber wir müssen in diesen Spielen immer scharf bleiben.“ Den Hummels-Vergleich mit dem FC Bayern hören sie in Dortmund nicht gerne, berechtigt scheint er: „Da sind immer elf Spieler über 90 Minuten scharf und gehen auf Erfolg – durchgehend.“
Wenn nach der Einsicht die Besserung eintritt, stehen dem BVB spannende Wochen bevor. Immer noch spektakulär. Aber weniger auf eigene Kosten.
Schon als Kind wollte ich Sportreporter werden. Aus den Stadien dieser Welt zu berichten, ist ein Traumberuf. Und manchmal auch ein echt harter Job. Seit 2007 arbeite ich bei den Ruhr Nachrichten, seit 2012 berichte ich vor allem über den BVB. Studiert habe ich Sportwissenschaft. Mein größter sportlicher Erfolg: Ironman. Meine größte Schwäche: Chips.
