Trainer Daniel Farke: "Meine Mission ist erfüllt"

Das BVB-II-Interview

"Vollgas wie die Profis" steht auf der Werbebande hinter Daniel Farke am Dortmunder Trainingsgelände in Brackel. Der Slogan beschreibt ziemlich genau das, was sich der scheidende BVB-II-Trainer für die Zukunft wünscht. Der 40-Jährige will den nächsten Schritt gehen, will auf "absolutem Top-Niveau" arbeiten. Tobias Jöhren hat sich mit Farke über die Zeit in Dortmund, seine persönlichen Ziele und sein Verhältnis zu Thomas Tuchel unterhalten.

DORTMUND

, 23.05.2017, 07:00 Uhr / Lesedauer: 5 min
Daniel Farke verlässt den BVB II nach 1,5 erfolgreichen Jahren.

Daniel Farke verlässt den BVB II nach 1,5 erfolgreichen Jahren.

Wie hat sich das letzte Spiel als Trainer des BVB II angefühlt? Insgesamt waren es wirklich viele Gefühle, die auf mich eingeströmt sind. Ich bin sehr stolz, dass ich diese Jungs trainieren durfte. Ich habe bis zum Schluss große Dankbarkeit für diese Aufgabe empfunden. Aber es ist auch Wehmut dabei, dass es jetzt vorbei ist. Seit dem Abpfiff überwiegt aber die Freude über Platz zwei und eine tolle Saison.

Wie haben Sie die Vizemeisterschaft gefeiert? Wir haben am Samstagabend alle zusammen gegessen. Ganz entspannt. Danach haben wir die Jungs dann in die Nacht geschickt. Sie haben allen Grund zum Feiern. Die letzte Einheit am Sonntag haben wir dann extra erst für halb 12 angesetzt. (lacht)  

Und was haben Sie Ihrer Mannschaft dann zum Abschied gesagt? Ich habe mich bei allen bedankt. Bei den Spielern, bei meinem Trainerteam, bei den Betreuern, bei Manager Ingo Preuß. Und ich habe der Mannschaft ein Riesen-Kompliment ausgesprochen. Es ist nicht selbstverständlich, dass eine Mannschaft ihrem Trainer so folgt. Die Jungs haben wirklich alles dafür getan, dass wir hier eine gute Zeit hatten.

Gut 20 Monate BVB II gehen zu Ende. Was bleibt hängen? Es war wirklich eine wunderschöne Zeit. Ich habe schon immer eine enge Bindung hierhin gehabt. Mein Opa hat beim BVB gekickt. Und wenn du dann für diesen Verein arbeiten darfst, dann bist du schon schnell mit dem schwarzgelben Virus infiziert. Ich bin gekommen als Sympathisant und gehe als echter Borusse. (lacht) Es sind die Menschen, die den Klub ausmachen. Und zwar in allen Bereichen. Insofern ist schon viel Wehmut dabei, das ist doch klar.

Sportlich waren es zwei erfolgreiche Spielzeiten. Vergangene Saison haben Sie die Mannschaft von einem Abstiegsplatz auf Rang vier geführt, diese Saison bis auf Platz zwei. Aber die Krönung, der Aufstieg, ist ausgeblieben. Was hat unter dem Strich gefehlt? Das ist schwierig zu sagen. Am Ende gibt es wahrscheinlich nicht den einen großen Grund, warum es für die Meisterschaft nicht gereicht hat, es hat mehrere Ursachen. Erstens hat Viktoria Köln eine außergewöhnliche Saison gespielt. Zweitens war und konnte der Fokus auf den Titelkampf bei uns in der U23 nicht so ausgeprägt sein wie bei einer ersten Mannschaft. Bei uns steht die Ausbildung der Spieler im Mittelpunkt. Und drittens haben wir das Verletzungspech in der Rückrunde nicht ganz kompensieren können. Gerade die Ausfälle von Sören Dieckmann und Lars Dietz (beide Riss der Syndesmose, Anm. d. Red.) haben uns nicht nur viel Qualität, sondern auch viel Flexibilität gekostet. Dazu kamen die Schambein-Probleme von Atakan Karazor, der eine überragende Hinrunde gespielt hat. In der Summe war das zu viel. Und sicherlich hat uns in gewissen Situationen auch die letzte Effizienz gefehlt.

Wie fällt Ihr persönliches Fazit aus? In meiner ersten Kabinenansprache - und damals hatten wir zwei Punkte Rückstand auf einen Nicht-Abstiegsplatz – habe ich den Jungs gesagt, dass es natürlich darum geht, uns erst einmal zu stabilisieren und die Situation in den Griff zu bekommen. Ich habe den Jungs aber auch gesagt, dass es darum geht, der U 23 eines so großen Vereins ihren Stolz und ihre Identität wiederzugeben. Wir wollten eine U23 formen, die für den BVB angemessen ist. Und ich glaube, dass meine Mission in dieser Hinsicht erfüllt ist.

Jetzt gibt’s die Trennung. Was waren die Gründe, die am Ende ausschlaggebend dafür waren? Es waren am Ende vier Gründe. Zum einen war es jetzt der richtige Zeitpunkt. Der Vertrag läuft aus. Alles gut, alles sauber. Zum anderen, weil ich glaube, dass wir unsere Mission - wie eben erklärt - erfüllt haben. Drittens habe ich für mich entschieden, da bin ich ganz ehrlich, dass ich auf absolutem Top-Niveau arbeiten möchte, wenn sich die Chance ergibt. Ich möchte bei einer ersten Mannschaft arbeiten, bei der alles auf den größtmöglichen Erfolg ausgerichtet ist. Und viertens habe ich das Gefühl, dass jetzt die Möglichkeit da ist, diesen Schritt zu gehen.

Das klingt so, als sei der Reiz, als Ausbilder in einer U23 zu arbeiten, nicht mehr groß genug gewesen. So ist es nicht. Die Aufgabe war und ist total reizvoll. Und ich habe auch schon öfter gesagt, dass mein Lebensglück nicht von einem Job in der Bundesliga abhängt. Ich habe mich total mit dieser Aufgabe identifiziert. Mir sind die Jungs unfassbar wichtig. Deswegen fällt mir die Trennung ja auch so schwer. Aber ich war an dem Punkt, dass ich eine Entscheidung treffen musste. Und ich fühle mich jetzt für den nächsten Schritt bereit. Wenn ich es jetzt nicht versuche, wird die Gelegenheit mit 52 auch nicht größer, wenn man sich die Entwicklung auf dem Trainermarkt so anschaut. Deswegen ist die Entscheidung am Ende so gefallen.

Hat sich der Verein genug um eine Vertragsverlängerung bemüht? Ja. Absolut. Damit hat meine Entscheidung nichts zu tun. Wir hatten wirklich gute, offene und vertrauensvolle Gespräche. Ich habe mich hier immer wertgeschätzt gefühlt. Die Gründe für die Trennung sind die, die ich eben aufgezählt habe.

Wissen Sie schon, wo und wie es ab dem 1. Juli für Sie weitergeht? Nein. Ich habe keinen festen Karriereplan in der Tasche. Klar ist, dass die nächste Station im absoluten Spitzenbereich bei einer ersten Mannschaft sein wird. Das habe ich ja schon gesagt. Fest steht aber auch, dass ich nur Sachen machen werde, von denen ich hundertprozentig überzeugt bin und auf die ich hundertprozentig Lust habe. Wo und wie das sein wird, das weiß ich selber noch nicht. Ich wollte erst die Gespräche mit dem BVB abschließen. Und jetzt werde ich schauen, was für mich passen könnte.

Aber es gibt Interessenten? Ja, den einen oder anderen gibt es schon. Die Gespräche laufen aber jetzt erst an. Konkret ist bislang noch nichts. Schauen wir mal. Manchmal entwickeln sich Dinge sehr schnell, manchmal dauert es länger.

Wie groß ist denn die Wahrscheinlichkeit, dass man Daniel Farke in der kommenden Saison im großen Stadion neben der Roten Erde trifft? (lacht) Ich habe ja eben schon gesagt, dass ich den Verein durch und durch als Borusse verlasse. Insofern werde ich mir sicherlich mal ein Spiel der ersten Mannschaft ansehen, wenn die Zeit es erlaubt.

Punkt für Sie. Als Trainer oder als Zuschauer? Ich weiß es nicht. Warten wir es ab.

Thomas Tuchel steht dieser Tage noch stärker im Fokus der Öffentlichkeit, als er das als Trainer von Borussia Dortmund ohnehin schon tut. Rückblickend betrachtet: Wie war die Zusammenarbeit mit Thomas Tuchel in Ihrer Zeit beim BVB II? Ich kann die Zusammenarbeit mit Thomas Tuchel nur in den höchsten Tönen loben. Der Austausch war wertschätzend und auch in die Tiefe gehend. Wir haben nicht jeden Tag den Fußball neu erfunden. Und wir haben auch nicht jeden Tag drei Stunden miteinander telefoniert. Aber wir haben uns häufig ausgetauscht. Unter dem Strich war die Zusammenarbeit genau so, wie man sich das als Trainer einer U23 vorstellt und wünscht.

Das hört sich nach reibungsloser Kommunikation an. Ja. Es ist aber nicht meine Aufgabe, die Arbeit und das Wirken von Thomas Tuchel beim BVB zu bewerten. Da sind andere Personen für zuständig und da werde ich mich auch niemals zu äußern. Was ich bewerten kann, ist einzig und allein der Austausch zwischen der ersten Mannschaft und der U23 - und da kann ich nur lobende Worte finden.

Dann abschließend zum BVB II: Was trauen Sie der Mannschaft in der kommenden Saison zu? Das wird sich zeigen. Aber die Basis ist gut. Die Mannschaft hat eine gewisse Identität, eine verinnerlichte Spielidee. Und Ingo Preuß wird den Kader gut zusammenstellen, wird viele Leistungsträger halten können. Hamadi Al Ghaddioui, Massih Wassey, Patrick Mainka - diese Jungs sind Stabilisatoren. Und ich bin davon überzeugt, dass hier weiter sehr erfolgreich in der U23 gearbeitet wird.

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