BVB-Trainer Edin Terzic schaut grimmig.

BVB-Trainer Edin Terzic übte nach dem schwachen Auftritt in Hannover deutliche Kritik an seiner Mannschaft. © imago / Nordphoto

Ellenlange BVB-Mängelliste: Terzic rückt von seinen Grundsätzen ab

rnBorussia Dortmund

Beim BVB offenbaren sich immer mehr Unstimmigkeiten. Schwache Spiele und Kritik belasten das Binnenklima. Edin Terzic rückt von seinen Grundsätzen ab.

Dortmund

, 20.10.2022, 18:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Bei Borussia Dortmund hat eine noch vor zehn Tagen kaum für möglich gehaltene allgemeine Verunsicherung Einzug gehalten. Ob diese nagenden Zweifel ihren Anfang in den Köpfen der Profis genommen oder sich erst allmählich dort eingenistet haben, spielt eine nachgeordnete Rolle. Wichtiger ist, dass die Mannschaft sich schnell davon befreit und zurück in die Spur findet. Doch selbst Trainer Edin Terzic, erster Fürsprecher seiner „Jungs“, räumte am Mittwoch eine gewisse Ratlosigkeit ein ob der Wankel- und Schwermütigkeit seiner Mannschaft.

Der BVB zeigt bei Hannover 96 eine ernüchternde Darbietung

„Diese Themen beschäftigen uns noch viel länger intern, als sie in der Öffentlichkeit diskutiert wurden. Weil wir ganz genau wissen, dass viele Dinge nicht gut laufen“, sagte der 39-jährige Terzic. Im Spiel bei Hannover 96, wo auch das 2:0 und der Einzug ins Achtelfinale des DFB-Pokals die ernüchternde Darbietung kaum aufhellen konnten, stürzte der Zweitligist den BVB von einer Bredouille in die nächste. Allein die konsequente Ausbeute vor dem Tor fehlte den Niedersachsen, um die ellenlange Mängelliste der Borussia auch im Ergebnis widerzuspiegeln. Mängel wohlgemerkt, die Terzic „seit Tagen, Wochen, Monaten“ angesprochen hat, die simplen Prinzipien im Verhalten bei Ballbesitz und beim Spiel gegen den Ball, die er fortlaufend wiederholt. Sein ernüchterndes Zwischenfazit: „Wir lernen nichts daraus.“

Nach dem sonntäglichen Tiefpunkt in Berlin blieb die ersehnte Leistungssteigerung aus. Erfahrene Borussen lassen sich von der Unruhe anstecken, einige Individualisten scheinen den Ernst der Lage zu ignorieren, manch Jungspund erfasst ihn gar nicht erst.

Dünnhäutige BVB-Debatte über interne und externe Kritik

Die dünnhäutig geführte Debatte um interne oder externe Kritik und wer diese wie und wo äußern darf, ist da nur das sichtbare Indiz für die Unstimmigkeiten in der Gruppe. Emre Can erklärte am Mittwoch öffentlich, dass er gewisse Dinge lieber intern anspricht. „Da ist jeder Typ anders. Mats Hummels hat die Wahrheit angesprochen, keinen Namen genannt. Ich mache das lieber intern. Mats macht es extern. Das muss jeder für sich selbst wissen.“ Geschlossenheit äußert sich anders, die Differenzen räumt er als Mitglied im Mannschaftsrat ein. „Natürlich sind wir uns nicht immer einig“, sagte Can. „Man muss ehrlich zu sich sein. Es tut auch weh, wenn man etwas nicht so Schönes hört. Aber so muss das sein, wenn du etwas erreichen willst.“ Gegen Kritik der Spieler in der Öffentlichkeit habe er nichts einzuwenden, „wenn sie in der Wir-Form geäußert wird“, wiederholte Terzic.

Doch der Trainer rückte auch ein Stück von seinen Grundsätzen ab und äußerte fundamentale Zweifel am Willen seiner Spieler, „die vorgeschlagenen Lösungsansätze“ auf dem Platz umzusetzen. „Wir werden es mit dem Trainerteam immer wieder in die Gruppe einbringen. Trotzdem braucht es eine gewisse Form von intrinsischer Motivation der Jungs, dass sie es selbst abstellen wollen.“ Diese Eigenmotivation seiner Elf fehle „in gewissen Phasen schon, das ist ja offensichtlich“. Absicht wolle er niemandem unterstellen. „Aber da fehlt mir dann einfach, dass wir uns dagegen wehren, und dass wir nicht lernen, es schnellstmöglich besser machen. Darauf sind wir angewiesen, dass wir diese Bereitschaft mitbringen.“

BVB-Trainer Edin Terzic zählt seine Mannschaft an

Da sprechen Frust und Enttäuschung aus Terzic, der mit dieser Klage Abstand zum Team aufbaut und von der Mannschaft eine Bringschuld einfordert, bei der er nicht sicher sein kann, ob sie liefern wird. Der Ton wird auf jeden Fall rauer.

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Dass hier ein junger, als Chef unerfahrener Trainer eine bekanntermaßen sehr schwer zu führende Mannschaft von seinem Weg überzeugen muss, ist eine Zuspitzung, die Dortmunds Bosse in dieser Form wohl nicht erwartet hatten. Vor der dringend angezeigten fußballerischen Verbesserung steht deswegen weiter Gesprächstherapie auf dem Trainingsplan, mit der Hoffnung auf neuer Power statt Palaver. Bei anderen Belegschaften würde man wohl über einen bunten Abend oder teambildende Maßnahmen nachdenken. Doch dafür gibt es weder Zeit noch steht der Sinn danach. Terzic unterstreicht: „Wir brauchen die Jungs, um es auf dem Platz zu zeigen. Wir wollen nicht immer und immer wieder darüber reden, wir wollen es einfach zeigen und umsetzen.“