Die BVB-Verteidiger Nico Schlotterbeck und Mats Hummels sind ratlos.

Die BVB-Verteidiger Nico Schlotterbeck (l.) und Mats Hummels sind ratlos. © IMAGO/Kirchner-Media

BVB-Absturz ins Mittelmaß: Fünf Gründe für die Dortmunder Tristesse

rnBorussia Dortmund

Vier Niederlagen nach zehn Partien – Borussia Dortmund ist nach dem 0:2 bei Union Berlin ins graue Mittelmaß abgerutscht. Fünf Gründe für die BVB-Tristesse.

Dortmund

, 17.10.2022, 19:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Deutlich nach der erlaubten Betriebszeit am Dortmunder Airport setzte der BVB-Flieger mit den 0:2-Verlierern bei Union Berlin an Bord am Sonntagabend auf der Landebahn unweit der City auf. Eine Sondergenehmigung ersparte Mannschaft und Trainerteam ein Ausweichen auf den Flughafen Paderborn, nachdem sich der Start in der Hauptstadt verzögert hatte, weil die zur Doping-Probe ausgelosten zwei Spieler länger benötigten als erhofft.

BVB nach 0:2 in Berlin mit erhöhtem Rede- und Handlungsbedarf

Es hätte zum verkorksten Sonntag der Borussia gepasst, dass sich dieser wenig erbauliche Arbeitstag noch unfreiwillig verlängert. So aber führten Trainer Edin Terzic und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke vorneweg den Tross der Enttäuschten an. Der große Frust, er war in allen Gesichtern deutlich ablesbar.

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Ob Watzke und Terzic den kurzen Flug nutzten, um schon zu analysieren, was nur schwer erklärbar war, ist nicht überliefert. Nach der schon vierten Bundesliga-Niederlage aber ist klar, dass erhöhter Rede- und Handlungsbedarf besteht. Es hakt an vielen Stellen, und die enorme Belastung durch die vielen Englischen Wochen macht die Fülle der Probleme von Woche zu Woche offensichtlicher. Fünf Gründe für die BVB-Tristesse:


01.) Fehlende Wehrhaftigkeit: In Sevilla und auch gegen die Bayern hielt der BVB dagegen und zeigte Biss und Aggressivität – Grundtugenden im modernen Fußball. In Berlin-Köpenick hingegen fehlten sie fast komplett. Auf das körperbetonte und aggressive Spiel der Gastgeber hatte Terzic seine Mannschaft vorab eingestellt, überrascht wurde der BVB also nicht. In Zweikämpfen nicht klein beizugeben, sie überhaupt anzunehmen, das gelingt weiterhin nicht konstant,

Union entschied vor allem in der ersten Hälfte beinahe alle relevanten Duelle für sich. „Wir machen es solchen Gegnern dann oft zu leicht“, gestand Sportdirektor Sebastian Kehl im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten. „Dass es häufiger vorkommt, dass wir eine solche erste Hälfte abliefern, bevor wir uns steigern, gibt uns schon zu denken.“

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02.) Lahmende Offensive: Nur 13 Treffer hat Dortmund in den bisherigen zehn Liga-Spielen erzielt. Weniger (11) waren es zum gleichen Zeitpunkt zuletzt in der Saison 2014/15. „Den einen Grund“ für die Offensivflaute sehe er nicht, sagt Kehl. „Wir haben uns vor allem in der ersten Halbzeit zu wenig gegenseitig unterstützt, unser Freilaufverhalten und unser Positionsspiel waren nicht gut, wir haben kaum Bälle in relevanten Räumen gefordert. Auch die Strafraumbesetzung war nicht ausreichend.“ All das passierte nicht zum ersten Mal.

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03.) Fehlende Entwicklung: Trainer Terzic hat die Stabilisierung der löchrigen Defensive als Schwerpunkt der ersten Saisonphase auserkoren. Nach vier 1:0-Erfolgen schien seine Elf da auf einem guten Weg. Hochgerechnet auf 34 Spieltage allerdings würden die aktuell 14 Gegentore schon wieder einen Wert von 47 gegnerischen Treffern ergeben – zu viel, um ganz oben anzugreifen. Die spielerische und individuelle Weiterentwicklung blieb aufgrund der defensiven Prioritäten auf der Strecke.


04.) Form, Fitness, Rotation:
Ihr Leistungslimit erreichen aktuell zu wenige Spieler, gerade in der Offensive hapert es (Malen, Adeyemi). Die Gründe dafür sind vielschichtig. Der hohe Verletztenstand ist ein gewichtiger Faktor. Dennoch muss sich Terzic die Frage gefallen lassen, ob mehr Mut zur Rotation der besseren Balance nicht zuträglich sein könnte. Nicht nur Jude Bellingham wirkt überspielt, auf der anderen Seite sind Spieler wie Reyna, Hazard, Rothe oder gar Passlack ohne Rhythmus und daher aktuell kaum eine Hilfe.

05.) Taktik: Die Dreierkette war nicht der Grund für die desolate erste Hälfte in Berlin. Warum aber stellte Terzic seine Elf in dieser Grundordnung so defensiv auf? Vor der letzten Reihe standen in Emre Can und Salih Özcan zwei weitere „Zerstörer“ mit begrenzten Aufbauqualitäten – seinen Platz räumen musste dafür Julian Brandt, einer der formstärksten offensiven Mittelfeldspieler der vergangenen Wochen. Die Statik des Dortmunder Spiels stimmte nicht. Terzic reagierte extrem auf erkannte Stärken der Berliner – zu Lasten des eigenen Spiels. Angesichts der Bedeutung der Partie schien den Dortmunder Trainer der Mut verlassen zu haben, dabei hatte er selbst doch die Parole ausgegeben, „einen Fußball zu spielen, dass die Leute gern wiederkommen.“

BVB-Sportdirektor Kehl: „Platz acht ist nicht der Anspruch“

Besserung ist schnell vonnöten. „Platz acht ist nicht unser Anspruch, das ist nicht das, was wir erwarten“, sagt Kehl deutlich. Die Mannschaft ist in der Pflicht, der Trainer, von dem sich Borussia Dortmund die Stabilisierung einer Mannschaft erwartete, deren Wankelmütigkeit seit Jahren ein Problem ist, ist es auch. Denn nach zehn Spielen verantwortet Terzic den schlechtesten Start seit der Horror-Saison 2014/15. Es war die letzte unter Jahrhundert-Trainer Jürgen Klopp.