BVB-Spieler Jude Bellingham sitzt enttäuscht am Boden.

BVB-Spieler Jude Bellingham sitzt nach dem 0:2 bei Union Berlin enttäuscht am Boden. © imago / Kirchner-Media

Bedenklicher BVB-Auftritt in Berlin: Dortmund ist im Mittelmaß angekommen

rnBorussia Dortmund

Borussia Dortmund drohen unruhige Tage. Beim 0:2 gegen Union zeigt der BVB einen bedenklichen Auftritt – und rutscht ins triste Mittelfeld ab.

Berlin

, 16.10.2022, 20:12 Uhr / Lesedauer: 3 min

Als auch die vier Minuten Nachspielzeit ereignislos verstrichen, war Borussia Dortmund endgültig im Bundesliga-Mittelmaß angekommen. Das 0:2 (0:2) bei Union Berlin legte Mängel in allen Bereichen des Fußballspiels offen, in keiner Phase der 95 Minuten schaffte es der BVB, gegen einen straff organisierten und immer giftigen Gastgeber die notwendigen Basis-Elemente auf den Rasen zu bringen. Ernüchtert und konsterniert verfolgte Edin Terzic die letzten Minuten, dem Dortmunder Coach und seiner lange extrem müde wirkenden Elf drohen nun unruhige Wochen.

BVB-Trainer Edin Terzic greift gravierend ins taktische Gefüge ein

Wie groß Terzics Respekt vor dem überraschenden Tabellenführer war, zeigte sein gravierender Eingriff ins taktische Gefüge. Erstmals als Cheftrainer bot er eine Dreierkette mit drei Innenverteidigern auf, in der Fünferreihe davor standen in Emre Can und Salih Özcan zwei weitere vornehmlich defensiv denkende Mittelfeldspieler. Julian Brandt fiel der taktischen Umstellung zum Opfer, hinter dem Zweier-Angriff aus Karim Adeyemi und Youssoufa Moukoko war Jude Bellingham noch am ehesten der Spieler, dem man kreative Momente im Aufbau zutraute. Die Hoffnung hinter dieser erstaunlich defensiven Herangehensweise: Mehr Präsenz in den vielen zu erwartenden Zweikämpfen, mehr Physis auch bei Standardsituationen – eine der ausgewiesenen Stärken der Köpenicker.

Jude Bellingham tröstet Gregor Kobel.

Patzte böse vor dem 0:1: BVB-Torhüter Gregor Kobel (r.). © imago / Kirchner-Media

Schnell wurde klar, dass Terzics Plan nicht aufgehen sollte. Nahezu alle wichtigen Zweikämpfe in den ersten 45 Minuten gingen an die Gastgeber, die ihre bekannt einfachen Mittel optimal einsetzten. Kein BVB-Ballbesitz ohne Gegnerdruck, die Borussia bekam keine Ordnung und kein Tempo in ihre Aktionen. Etliche Bälle gingen leichtfertig verloren.

BVB-Torhüter Gregor Kobel legt Union den Führungstreffer vor

Und es passierte genau das, was Terzic unbedingt vermeiden wollte: ein frühes Gegentor, das den Unionern perfekt in die Karten spielte und das dem Spiel an der Alten Försterei früh eine Richtung gab, die Borussia Dortmund nicht gefallen konnte. Zu allem Überfluss leistete Gregor Kobel, der beim Versuch, einen Rückpass schnell zu verlagern mit dem Standbein ausrutschte, auch noch tatkräftige Schützenhilfe – Janik Haberer musste den Ball nur noch ins leere Tor schieben (8.).

Der Start mies, der Rest der ersten Hälfte noch viel schlimmer: Dortmund kam nicht in die Gänge, wirkte plan- und hilflos und ließ beinahe auf jeder Position Grundtugenden für ein Bundesliga-Spiel vermissen. Und auch beim 0:2 half die Borussia mit, als sich Adeyemi einen bösen Ballverlust leistete und beim Versuch, mit einer Grätschte zu retten, den Ball auch noch scharf machte. Zentral vor dem Tor legte Jordan ab, Haberer ließ Kobel diesmal aus 20 Metern keine Chance (21.).

Bedenkliche Körpersprache bei den BVB-Profis nach dem 0:2

Die Körpersprache zu vieler Spieler in Schwarzgelb war danach bedenklich. Müde im Kopf und in den Beinen, erst in der 38. Minute fand ein Moukoko-Schuss den Weg aufs Berliner Tor. In die Pause ging der BVB mit viel Denkarbeit und dem Bewusstsein, dass es so nicht reichen würde.

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Terzic beendete erwartungsgemäß das gescheiterte Experiment der Dreierkette, stellte auf ein 4-2-3-1 und damit seine bevorzugte Formation um. Und er setzte mit der Einwechslung von Marco Reus, Donyell Malen und Julian Brandt das Zeichen für mehr Offensive und Spielkultur. Die Umstellung brachte mehr Kontrolle, das Manko der Ungefährlichkeit aber blieb dem BVB lange erhalten. Bis zur 60. Minute kein Abschluss der Gäste, die auf der anderen Seite fast den dritten Treffer kassiert hätten, als Baumgartl völlig frei köpfen durfte – Kobel war diesmal rechtzeitig unten (54.).

Erster BVB-Torschuss des zweiten Durchgangs in der 75. Minute

Gegen die weiter perfekt gestaffelten Berliner gab es nur selten freie Räume, weil auch nach der Hereinnahme dreier frischer Spieler das Tempo beim BVB überschaubar hoch war. Und mit Kontern blieben die Eisernen deutlich gefährlicher als die Borussia. Schlotterbeck musste mit allem Einsatz vor Baumgartl retten, da waren knapp 70 Minuten gespielt. Ein harmloser Bellingham-Schuss war dann nach 75 Minuten die erste richtige Tor-Annäherung des BVB nach dem Seitenwechsel.

Als es dann endlich einmal schnell ging, mit nur ein, zwei Kontakten und viel Überzeugung im Ballvortrag, musste sich Union-Keeper Rönnow gegen Reus schon ganz breit machen (78.). Und plötzlich gab es gegen nun kräftemäßig nachlassende Berliner Räume und Chancen – auch Moukoko wachte auf und scheiterte gleich zwei Mal an Rönnow (79./82.).

Der BVB kassiert bei Union die vierte Niederlage im zehnten Spiel

Terzic hockte da längst auf der Bank, die Niederlage, schon die vierte im zehnten Bundesliga-Spiel, nahm konkrete Formen an. Das Strohfeuer war dann auch schnell wieder erloschen, keine Chance mehr in der Nachspielzeit. Tabellenführer Union ist auf sieben Punkte enteilt. Und Dortmund nach einem bedenklichen Auftritt endgültig ins triste Mittelfeld abgerutscht.