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Ein Jahr BVB-Profi: Die emotionale Achterbahnfahrt des Youssoufa Moukoko
Borussia Dortmund
Am Samstag feiert Youssoufa Moukoko seinen 17. Geburtstag. Ein Jahr als Profi liegt dann hinter dem Super-Talent des BVB. 365 Tage, in denen er alle Extreme auf der Emotionsskala erlebte. Wie geht es nun weiter?
Auf diesen Tag in Berlin hatte Youssoufa Moukoko hingearbeitet. Etliche Jahre, mit vielen Erfolgen, immer neuen Rekorden. Aber auch Entbehrungen. Als „Jahrhundert-Talent“ bezeichnet, einer Beschreibung, der Moukoko reichlich Futter gab, in dem er immer wieder neue Bestmarken aufstellte, Altersklassen beinahe spielerisch übersprang und auch gegen deutlich Ältere oftmals der immer noch deutlich bessere Spieler war.
BVB-Stürmer Moukoko feierte vor einem Jahr sein Bundesliga-Debüt
In dieser Woche jährt sich Moukokos Bundesliga-Debüt am 21. November 2020 im Berliner Olympiastadion. Um kurz nach 22 Uhr, da war er gerade mal 16 Jahre und einen Tag alt, betrat ein Teenager die große Bühne, dem schon Jahre zuvor eine glamouröse Karriere vorhergesagt worden war. Moukoko hatte sich diesen Moment verdient, mit Talent allein kommt man nicht so weit, schon gar nicht so viel früher als alle anderen. Harte Arbeit steckte dahinter, unzählige Stunden, in denen er mehr machte als Altersgenossen, in denen er mehr von sich und von anderen verlangte, die ihn fordern und fördern sollten.
Seit Youssoufa Moukoko im Sommer 2020 von Lucien Favre fest zu den Profis hinzugeholt worden war, hatte er diesem Tag entgegengefiebert. Vor seinem 16. Geburtstag erteilte die Deutsche Fußball-Liga ihm keine Spielberechtigung für die Profis. Zwei Monate der verspätet gestarteten Saison gingen ins Land, in denen er täglich mit Marco Reus und Co. trainierte, aber samstags noch nicht mitspielen durfte.
Youssoufa Moukoko löste Ex-BVB-Profi Sahin als jüngsten Spieler ab
Mit der Einwechslung in der 85. Minute beim 5:2 gegen die Hertha stellte Moukoko einen Bundesliga-Rekord auf. „Was für eine Nacht!“, schrieb er anschließend bei Instagram. „nichts kann dieses Gefühl beschreiben.“ Kein Spieler war zuvor jünger bei seinem ersten Einsatz, Moukoko löste auch noch ein BVB-Urgestein an der Spitze dieser Rangliste ab, Nuri Sahin. Noch so ein Jahrhundert-Talent.
Weitere Bestmarken fielen in den kommenden Wochen. Knapp vier Wochen nach seinem ersten Bundesliga-Spiel machte er, wieder in Berlin, im Stadion des FC Union sein erstes Bundesliga-Tor. In typischer Moukoko-Manier, mit unbändigem Willen, Einsatz und einer Konsequenz Abschluss, die man in seinem Alter nicht allzu oft sieht.
90 Tore in 56 Spielen für die U17 des BVB - als Dreizehnjähriger
Genau so war der in Yaounde, Kamerun geborene Moukoko auch durch die Nachwuchs-Jahrgänge gestürmt. Immer spielte er gegen deutlich ältere Verteidiger und war ihnen doch überlegen. Mit 13 wechselte er in die U17, für die er in 56 Pflichtspielen 90 (!) Mal traf, mit 15 rückte er in die U19. 23 Pflichtspiele, 44 Tore, eine nicht minder beeindruckende Bilanz.

In Gladbach durfte Moukoko von Beginn an ran: Sein bisher einziger Startelfeinsatz für den BVB in dieser Saison. © imago images/Beautiful Sports
Es war klar, dass mit dem Wechsel in den Herrenbereich ein ganz anderer Wind wehen würde. Gestandene Bundesliga-Verteidiger warteten auf ihn, mit allen Wassern gewaschen, vor allem viel robuster und wehrhafter als die noch in der körperlichen Entwicklung befindlichen Gegner in der U19. Es galt, ihn behutsam heranzuführen. Nicht zu verheizen, Druck und Erwartungshaltung nicht zu groß werden zu lassen.
BVB-Stürmer Moukoko: Erster Bundesliga-Treffer gegen Union Berlin
Als sich Erling Haaland im Dezember 2020 verletzte, machte Youssoufa Moukoko sein erstes Liga-Spiel von Beginn an. Logisch: Bundesliga-Rekord! Was ihm an Körperlichkeit noch fehlte, machte Moukoko durch Instinkt und Cleverness wett. Der Treffer in der Alten Försterei konnte die Niederlage letztlich nicht verhindern, aber er bedeutete die Erfüllung eines Jugendtraums. Das, genau das war sein großer Antrieb gewesen.
Auf vieles kann man junge Spieler, die in die künstlichen und tatsächlichen Aufgeregtheiten des Bundesliga-Geschäfts eintauchen, vorbereiten. Sehr schlecht aber nur auf die Schattenseiten des Geschäfts. Moukoko lernte schon in seiner ersten Profi-Saison auch diese kennen. Als er sich im März bei der U21-Nationalmannschaft verletzte, ahnte der Angreifer wohl nicht, wie sehr ihn diese Verletzung im weiteren Verlauf des Jahres noch beeinträchtigen sollte.
Verletzung warf BVB-Talent Moukoko weit nach hinten
Der Riss der Syndesmose beendete abrupt seine Premieren-Saison, er sollte ihn allerdings auch über den Sommer noch beschäftigen. Später als viele andere stieg er in der Sommer-Vorbereitung ins Training ein. Nicht überraschend waren Form, Fitness und auch Selbstvertrauen in den fast vier Monaten Pause auf der Strecke geblieben.
Es war Neuland für Yousoufa Moukoko, dass er sich herankämpfen musste, der Weg zurück war naturgemäß auch mühsamer und steiniger als in der Jugend. So begann die Saison für Youssoufa Moukoko weit von seiner persönlichen Top-Form entfernt. Fünf Kurzeinsätze in der Liga, einer in der Champions League – und nur ein Startelf-Einsatz über 57 Minuten beim 0:1 in Mönchengladbach trugen nicht dazu bei, dass die Formkurve schnell nach oben zeigte. Moukoko musste lernen, Geduld zu haben. Wer seinen Ehrgeiz kennt, kann erahnen, dass ihm das nicht leichtfiel.
Nach den Rückschlägen: Moukoko will sich beim BVB wieder rankämpfen
Die schwierige Phase hält eigentlich bis heute an. Weil Moukoko immer wieder zurückgeworfen wurde. Im Oktober bremste ihn eine Muskelverletzung aus, Spielpraxis bei der U21 verpasste er damals wie auch jetzt, bei der letzten DFB-Maßnahme dieses Jahres. Diesmal sorgte eine Augenverletzung für eine frühe Rückkehr zur Borussia.
Ein Jahr nach seinem umjubelten Debüt ist Youssoufa Moukoko damit im Alltag des Profigeschäfts angekommen. Dort geht es manchmal sehr schnell bergauf, aber ebenso schnell auch wieder nach unten. Vielleicht ist es ja gar nicht so schlecht für den weiteren Verlauf seiner Karriere, dass er schon viel mitgemacht hat in diesen nun bald 365 Tagen. Rückschläge waren eingeplant und vorhersehbar, nicht aber, dass sie ihn so geballt trafen.
So gilt der aktuelle Fokus vor allem der Gesundheit, der Heranführung an seine frühere Form – und auf lange Sicht der behutsamen Weiterentwicklung. Man dürfe keine Wunderdinge von ihm erwarten, sagen sie beim BVB zu Recht. Das Problem: Youssoufa Moukoko hat zu viele von diesen Wunderdingen abgeliefert.
Dirk Krampe, Jahrgang 1965, war als Außenverteidiger ähnlich schnell wie Achraf Hakimi. Leider kamen seine Flanken nicht annähernd so präzise. Heute nicht mehr persönlich am Ball, dafür viel mit dem Crossbike unterwegs. Schreibt seit 1991 für Lensing Media, seit 2008 über Borussia Dortmund.
