BVB-Profi Haller spricht über Krebs-Therapie und Comeback-Pläne
Borussia Dortmund
Die Krebs-Diagnose bei Sebastien Haller war ein Schock. Inmitten der Chemotherapie spricht der BVB-Stürmer jetzt über die Behandlung und seine Comeback-Pläne.
Es war ein Schock in erster Linie für Sebastien Haller, aber auch für den gesamten Verein Borussia Dortmund, als der im Sommer neu verpflichtete Stürmer die Diagnose Hodenkrebs erhielt. Seitdem geht der 28-Jährige bemerkenswert offen und optimistisch mit seinem Schicksalsschlag um. Inmitten der Chemotherapie spricht der Nationalspieler der Elfenbeinküste darüber, wie er auf seine Erkrankung aufmerksam wurde, wie er behandelt wird und welche Comeback-Pläne er bereits schmiedet. Wichtig ist ihm, junge Männer zur Vorsorge aufzurufen. Ausführlich berichtet Haller bei einem Bericht für den europäischen Fußballverband Uefa, was ihn derzeit bewegt.
Sebastién Haller über …
… die ersten Symptome: „Soweit ich mich erinnern kann, fing es mit Bauchschmerzen an, als ich am 31. Mai mit der ivorischen Nationalmannschaft unterwegs war. Ich habe drei oder vier Tage lang Medikamente genommen und es ging weg, aber dann fühlte ich mich, als hätte ich eine Grippe. Also verbrachte ich meine gesamte Zeit bei der Nationalmannschaft mit einem schlechten Gefühl. Ich fühlte mich besser, als ich wieder zu Hause war, aber seit es das erste Mal passierte, konnte ich ein kleines Kribbeln in meinem Unterleib hinter meinen Bauchmuskeln spüren. Es war lästig, aber es war nicht wirklich schmerzhaft. Ich litt manchmal unter Verdauungsstörungen und ich fühlte mich aufgebläht.“
… die Diagnose: „Dann habe ich mich mit dem Dortmunder Kader für unser Trainingslager in der Schweiz getroffen und um einen Ultraschall-Scan gebeten. Fünf Minuten später war es geschafft und ich konnte einen Druck hinter meinen Bauchmuskeln spüren, also beschlossen wir, am nächsten Morgen zu einer MRT-Untersuchung zu gehen. Unmittelbar nach dem MRT wurde mir gesagt, dass da ein Tumor sei, aber wir wussten noch nicht, ob es ein gut- oder bösartiger war. Ich ging zum Training, und als ich zurückkam, wurde mir gesagt, ich solle einen Urologen aufsuchen, um eine zweite Meinung einzuholen. Er brauchte ungefähr zehn Sekunden, um zu bestätigen, dass es sich um einen Tumor handelte. Dann ging alles ganz schnell: Wir mussten herausfinden, um welche Art von Tumor es sich handelte, wie groß er war, ob sich irgendwo anders Metastasen ausgebreitet hatten – was sie hatten.“
BVB-Profi Sebastien Haller: „Ich habe einen Zeitrahmen im Kopf“
In den ersten Tagen nach der Diagnose gab es unglaublich viel zu tun, berichtet Haller. Er beschäftigte sich intensiv mit der Krankheit und den Behandlungsmethoden, wurde so unfreiwillig zu einem Hodenkrebs-Experten. Die Therapie musste organisiert und gestartet werden, sein Fall wurde öffentlich. „Mir war klar, dass die Behandlung und der Weg zurück zu alter Form einige Zeit in Anspruch nehmen würden“, sagt Haller.
… die Therapie: „Ich verbringe fünf Tage am Stück im Krankenhaus, wo ich rund um die Uhr angeschlossen bin, ich kann nicht aufstehen, während die Medikamente in meinen Körper gespritzt werden. Dann habe ich zwei Wochen Ruhe. Das ist eine Phase, und die muss ich viermal durchmachen, also vier Phasen der Chemotherapie, die jeweils etwa drei Wochen dauern. Danach muss ich mich, je nachdem, wie mein Krebs fortschreitet und wie er sich ausbreitet, möglicherweise einer Operation unterziehen.“
… seine Comeback-Pläne: „Viele Leute fragen mich, wann ich zurückkomme, aber es gibt eine Menge zu berücksichtigen, daher ist es schwierig, eine klare Antwort zu geben. Ich habe das Glück, mich wohlzufühlen. Ich bin körperlich arbeitsfähig, fühle mich sowohl psychisch als auch körperlich wohl, was natürlich hilfreich ist, um diese Krankheit zu bekämpfen. Ich habe einen Zeitrahmen im Kopf. Wenn ich das Glück habe, nicht operiert werden zu müssen, kann es sehr schnell gehen. Drei Wochen nach der Endphase wird kontrolliert, in welchem Stadium sich die Metastasen befinden und ob sie operiert werden müssen oder nicht. Wenn ich keine Operation brauche, würde ich bei meinem Training gerne glauben, dass ich am Ende dieser drei Wochen in guter Verfassung bin.“
… seinen Umgang mit der Erkrankung: „Ich habe das Glück, bereits drei Kinder zu haben, ich bin verheiratet und habe einiges im Fußball erreicht. Es gibt Menschen, denen es viel schlechter geht als mir. Ich habe in meinem Alter nicht mehr viel zu beweisen, aber dieser Krebs betrifft auch junge Menschen, die vielleicht noch keine Liebe gefunden haben, die keine Kinder haben, die versuchen, sich ein Leben aufzubauen. (…) Wir mussten ein Stück von uns selbst, von unserer Männlichkeit aufgeben und das ist nie einfach zu handhaben. Aber wir müssen die Dinge relativieren und uns daran erinnern, dass wir es durch eine sehr harte Zeit geschafft haben, und darauf stolz sein können. Du musst stolz auf diese Narbe an deinem Körper sein und dir selbst sagen, dass du nichts hättest tun können, um das zu verhindern. Es ist eine Herausforderung, eine riesige Herausforderung, und die Tatsache, dass du sie überwinden konntest, bedeutet, dass du ein Krieger bist, du bist stark. Dieses kleine Stückchen Fleisch, das deinem Körper fehlt, darf dein Selbstbewusstsein nicht zerstören, sondern zeigt, wie viel stärker und größer du als Mensch bist.“
„Seid nicht verängstigt“ - Sebastien Haller ruft zur Vorsorge auf
Besonders wichtig ist Haller, dass er mit seiner öffentlichen Bekanntheit vielleicht daran mitwirken kann, das Bewusstsein für diese Form der Krebserkrankung zu verbessern und dass er junge Männer davon überzeugen kann, bei eventuellen Beschwerden frühzeitig zum Arzt zu gehen.
Hallers Botschaft an junge Männer: „Seid nicht verängstigt, beschämt oder faul. Lasst euch untersuchen, macht einen Bluttest und sucht einen Arzt auf, wenn sich etwas nicht richtig anfühlt. Denn Krebs – man sieht ihn nicht kommen – kann asymptomatisch sein und vielleicht sind die wenigen Symptome sehr mild. Wir fühlen uns nicht schlecht, aber wir haben das Gefühl, dass etwas anders ist. Sprecht darüber und lasst euch von Fachleuten untersuchen.“