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Schnelltests in zwei Praxen sollen Risiko über Weihnachten eingrenzen
Coronavirus
Zwei Ahauser Arztpraxen bieten kurz vor Weihnachten Corona-Schnelltests ohne Anmeldung an. Gerade ältere Patienten sollen über Weihnachten so vor Infektionen geschützt werden.
Die Praxis im Kreishaus hat in dieser Woche bei Facebook und über die eigene Internetseite auf eine besondere Coronavirus-Schnelltestung hingewiesen. Ohne Anmeldung können Patienten am Dienstag, 22. Dezember, von 8.30 bis 13 Uhr einen Corona-Schnelltest machen lassen. Die Tests sollen jeweils lediglich 22 Euro kosten. Auch in der Praxis von Dr. Heinz Giesen in Wüllen sind diese Tests vor Weihnachten noch möglich.
„Ganz ehrlich, ich habe Angst, was mit unseren Patienten nach Weihnachten passiert“, sagt Dr. Akin Yilmaz-Neuhaus, Inhaber der Praxis im Kreishaus. Jeder werde Weihnachten feiern. Dass zu Weihnachten eine Maske getragen werde, gehe aber an der Realität vorbei. Dadurch fürchte er, dass viele Ansteckungen geschehen, weil Familienmitglieder nicht wissen, dass sie infiziert sind und die Viren weitergeben. „Gerade bei den älteren Patienten wäre das natürlich eine Katastrophe“, erklärt er.
Vergünstigte Gebühr soll nur die Kosten decken
Mit der Testaktion wolle er kein Geld verdienen, sondern lediglich den Aufwand entschädigen. Ein Testkit koste rund zehn Euro. Dazu komme Schutzmaterial für die Tester. Und als Arzt dürfe er nicht umsonst arbeiten. Über die Gebührenordnung sei diese Abrechnung aber abgedeckt. Das bestätigt auf Nachfrage unserer Redaktion die Kassenärztliche Vereinigung. Eine Sprecherin sieht auch in der Bekanntgabe bei Facebook oder auf der Internetseite keine für Ärzte unlauteren Werbung. „Das ist so in Ordnung“, erklärt sie.
Dr. Akin Yilmaz-Neuhaus jedenfalls hat die Idee zusammen mit Dr. Heinz Giesen aus Wüllen entwickelt. Als Arzt müsse er ja ohnehin aufpassen, nicht zu werblich zu werden. „Ich will und darf nichts verkaufen“, sagt er. Deswegen richte sich das Angebot auch zuerst an die eigenen Patienten. „Wenn Patienten anderer Hausärzte einen Test machen wollen, müssen sie zuerst bei ihrem eigenen Arzt nachfragen, ob solche Tests dort angeboten werden“, sagt Akin Yilmaz-Neuhaus.
Angebot richtet sich zuerst an die eigenen Patienten
Nur falls das nicht der Fall sei, könne man zum Test in seine Praxis kommen. „Ich möchte auch keine Patienten abwerben“, sagt er. Es gehe ihm einzig und allein darum, dass die Menschen ein sicheres Weihnachtsfest feiern können. Das kollegiale Verhältnis zu den anderen Ärzten in Ahaus seien ihm und Dr. Heinz Giesen sehr wichtig.
Und die fehlende Anmeldung oder Terminvergabe? Besteht dabei nicht das Risiko, dass sich zu viele Patienten auf zu wenig Raum drängen? „Ich glaube nicht“, erklärt der Mediziner. Einerseits erwartet er nicht, dass eine Masse von Patienten die Tests überhaupt in Anspruch nehmen wird. Andererseits seien seine Räume im alten Kreishaus für viele Menschen ausgelegt. „Schon an normalen Praxistagen versorgen wir rund 300 Patienten“, erklärt er.
Zur Testaktion ist der normale Praxisbetrieb geschlossen. Stattdessen wird in den Räumen ein Einbahnstraßensystem eingerichtet. „Wir haben acht Arztzimmer, einen Eingang und zwei Ausgänge. Insgesamt 500 Quadratmeter Fläche. Da ist genug Platz“, so Akin Yilmaz-Neuhaus weiter.
Testergebnisse sollen pünktlich vor Heiligabend vorliegen
Der Dienstag vor Weihnachten ist für die Tests mit Bedacht gewählt: An diesem Tag werden üblicherweise Proben vom Labor aus der Praxis abgeholt. Sollte also ein Schnelltest positiv ausschlagen, könnte noch ein genauerer PCR-Test genommen und ins Labor geschickt werden. „Das Ergebnis läge dann am Morgen des Heiligabend – also pünktlich vor Weihnachten – vor“, sagt Akin Yilmaz-Neuhaus. Auch das macht er deutlich: Ein negativer Schnelltest bedeute nicht automatisch völlige Sicherheit. Er rät deswegen zu besonderer Vorsicht: „Bei den geringsten Symptomen sollte man auf eine gemeinsame Weihnachtsfeier verzichten“, erklärt er.
Auch Dr. Heinz Giesen aus Wüllen erklärt, dass es ihm lediglich darum gehe, die älteren und besonders gefährdeten Patienten über die Weihnachtstage zu schützen. „Die Großeltern werden beim Besuch ihrer Familien wohl kaum beim Essen, Kaffee oder bei der Bescherung Masken tragen“, macht er deutlich. Doch gegen die Infektion durch Angehörige, die selbst keine Symptome haben, würden eben nur die AHA-L-Regeln und das Tragen der FFP2-Masken helfen, die gerade in Apotheken verteilt werden.
Rechenbeispiel verdeutlicht Hintergrund der Testaktion
Entsprechend gehe es bei den Tests im Vorfeld nun darum, noch möglichst viele Infizierte herauszufiltern. Dr. Akin Yilmaz-Neuhaus macht ein Rechenbeispiel auf: „Sagen wir, ich teste an diesem Tag nur zehn Leute positiv, die sich eigentlich mit ihren Verwandten treffen wollten. Hätte jeder der Infizierten über die Weihnachtsfeiertage Kontakt mit zehn Personen, wären schon 100 Personen infiziert“, sagt er. Statistisch würde das bedeuten, dass die Infektion bei vier Personen tödlich verlaufen könnte. Das will er verhindern.
„Wir sind vorbereitet, wir haben genügend Tests vorrätig, um den Ahausern ein besinnliches Weihnachten zu ermöglichen. Er gehe davon aus, dass rund 5000 Schnelltests ausreichen würden. Diese seien über die beiden Praxen verfügbar. „Mein Händler hat mir auch die Lieferung von bis zu 5.000 weiteren Test kurzfristig zugesagt“, sagt er. Aber werden die Ahauser den Empfehlungen der Wissenschaft folgen und keine ungeschützten Kontakte für Risikopersonen zulassen?
Ursprünglich Münsteraner aber seit 2014 Wahl-Ahauser und hier zuhause. Ist gerne auch mal ungewöhnlich unterwegs und liebt den Blick hinter Kulissen oder normalerweise verschlossene Türen. Scheut keinen Konflikt, lässt sich aber mit guten Argumenten auch von einer anderen Meinung überzeugen.
