
Clemens-August Brüggemann vor der Stange mit dem Storchennest: Drei Jungstörche wachsen dort – direkt an der Aa – gerade auf. Für den 69-Jährigen und die Gäste in der Haarmühle ein besonderes Naturschauspiel. © Stephan Rape
Clemens-August Brüggemann freut sich über dreifachen Nachwuchs im Nest
Haarmühle
An der Haarmühle gibt es dreifachen Grund zur Freude: Hoch über den Wiesen an der Aa haben drei Jungstörche ihr Kinderzimmer. Für Clemens-August Brüggemann ein ganz besonderer Erfolg.
Clemens-August Brüggemann strahlt über das ganze Gesicht. Er freut sich über Nachwuchs. Also nicht persönlichen, aber über den des Storchenpaars, das seit dem Frühjahr das Nest an der Haarmühle bezogen hat. Drei Junge sind geschlüpft und wurden am Donnerstag beringt.
Als der Seniorchef der Haarmühle am Freitagmorgen in die Nähe des Nestes kommt und über die Storche erzählt, ducken sich die drei Geschwister ganz flach in das Nest, das in mehreren Metern Höhe auf einer Stange thront. Ihre Eltern sind gerade auf Futtersuche in der Umgebung. Die drei Küken können, trotz ihrer stattlichen Größe, noch nicht selbst fliegen.

Am Donnerstag (Fronleichnam) wurden die drei Jungstörche beringt. Durch die eingestanzte Nummer können sie jetzt weltweit einwandfrei identifiziert werden. © Thomas Steinhoff
Sie sind gerade sechs Wochen alt geworden. Mit ersten Flugversuchen rechnet Clemens-August Brüggemann erst, wenn sie etwa zehn Wochen alt sind. Also irgendwann im Juli. Über die Jahre hat er sich umfangreiches Wissen über die Vögel angeeignet.
Alstätter Störche werden wohl in Spanien überwintern
Er berichtet davon, dass die deutschen und mitteleuropäischen Störche in Spanien überwintern, während ihre osteuropäischen Verwandten bis nach Afrika fliegen. Auch über die Bruterfolge freut er sich: „1990 gab es in ganz NRW gerade noch drei brütende Weißstorchpaare. 2022 wurden schon wieder 600 gezählt“, sagt er.
Auch an der Haarmühle hat sich ein Paar mittlerweile seit einigen Jahren niedergelassen. Es ist auch nicht der erste Nachwuchs, den die Tiere dort großziehen. Eine Garantie gebe es aber nicht. 2021 beispielsweise seien Storche zwar in das Nest eingezogen, die Jungen seien aber nicht groß geworden.

Das Storchennest thront auf einem mehrere Metern hohen Mast direkt am Ufer der Aa. Sobald Spaziergänger, Angler oder andere neugierige Menschen dem Nest zu nahe kommen, ducken sich die drei Jungvögel flach auf den Boden. Mit ersten Flugversuchen rechnet Clemens-August Brüggemann für Mitte Juli. © Stephan Rape
Auch bei der Beringung am Donnerstag wurde ein Ei entdeckt, dass nicht ausgebrütet wurde. Dennoch: Drei Jungstörche sind ein toller Erfolg. Das haben ihm auch Michael Jöbkes, Leiter der Arbeitsgruppe Weißstörche NRW, und Thomas Keibel, der die Störche im Auftrag des Nabu im Kreis Borken betreut, so bestätigt.
Sie hatten am Donnerstag einen günstigen Moment ausgenutzt, um die drei Jungtiere mit einem unverwechselbaren Ring am Bein zu kennzeichnen. Über die dort eingestanzte Nummer sind die drei Alstätter Störche in der zentralen Datenbank der Vogelwarte Helgoland registriert.
Störche waren schon vor fast 100 Jahren Gäste der Haarmühle: „Mein Großvater hat Ende der 1930er-Jahre ein erstes Storchennest neben der Mühle gebaut“, sagt Clemens-August Brüggemann. Die Familie habe die Vögel sogar per Flaschenzug mit Futter versorgt.
Doch den Störchen genügte auch das nicht, um die Haarmühle dauerhaft zu ihrem Wohnsitz zu machen. Erst blieben sie fern, dann brach der Zweite Weltkrieg aus und es gab auch in Alstätte größere Probleme als ein Storchennest auf dem Dach.

Eng zusammengekuschelt und an den Nestboden gekauert beäugen die drei Storchengeschwister hier den Fotografen. Die knapp sechs Wochen alten Jungvögel können das Nest noch nicht verlassen. Auch ihre Schnäbel haben noch nicht charakteristische rote Farbe. Bis Mitte August werden sie wohl noch in Alstätte leben, bevor sie sich auf den Weg ins Winterquartier machen. © Thomas Steinhoff
2016 knüpfte Clemens-August Brüggemann an die Familientradition an und stellte die Stange samt Nestkranz auf der Wiese neben der Aa auf. Aus eigenem Interesse für den Naturschutz, aus Experimentierfreudigkeit und auch als kleine Attraktion für die Gäste der Haarmühle.
Denen gefällt es. Genauso wie Clemens-August Brüggemann. Der freut sich besonders auf die ersten Flugversuche. „Das ist ein wunderbares Bild, wenn die Vögel ihre erst kleinen dann immer größeren Kreise über dem Gelände drehen“, sagt er.
Für mehrere Wochen werden die Störche noch an der Haarmühle leben und weiter wachsen. Genug Nahrung gibt es auf den umliegenden Wiesen und Venn-Flächen alle Mal: Mäuse, Reptilien, Insekten – „eigentlich alles, was irgendwie durch den Schnabel geht“, erklärt der 69-Jährige augenzwinkernd.
Mitte August werden sich zunächst die Jungvögel auf den Weg in den Süden machen. Wenige Wochen später folgen dann die Elterntiere.
Und vielleicht schon im nächsten Februar kehren sie zurück. „Die Störche kommen immer früher aus dem Winterquartier zurück“, betont er Clemens-August Brüggemann.
Ursprünglich Münsteraner aber seit 2014 Wahl-Ahauser und hier zuhause. Ist gerne auch mal ungewöhnlich unterwegs und liebt den Blick hinter Kulissen oder normalerweise verschlossene Türen. Scheut keinen Konflikt, lässt sich aber mit guten Argumenten auch von einer anderen Meinung überzeugen.
