Matthias Feldhaus (r.) und Manfred Liemann in der alten Badeanstalt Ottenstein. Am Montag macht der Abrissbagger dieses Stück Ottensteiner Ortsgeschichte dem Erdboden gleich. Schon Mitte der 1970er-Jahre hatte der letzte Badegast das Gebäude verlassen.

Matthias Feldhaus (r.) und Manfred Liemann in der alten Badeanstalt Ottenstein. Am Montag macht der Abrissbagger dieses Stück Ottensteiner Ortsgeschichte dem Erdboden gleich. Schon Mitte der 1970er-Jahre hatte der letzte Badegast das Gebäude verlassen. © Stephan Rape

Abrissbagger macht alte Badeanstalt in Ottenstein dem Erdboden gleich

rnNeubau geplant

Seit Jahren steht die ehemalige Badeanstalt von Ottenstein leer. Jetzt macht sie Platz für etwas Neues. Am Montag rückt der Abrissbagger an. Ein letzter Gang durch die gekachelten Räume.

Ottenstein

, 24.10.2022, 04:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Ein Stück versteckte Ortsgeschichte verschwindet am Montag (24. Oktober) endgültig aus Ottenstein. Die alte Badeanstalt an der Textilstraße wird dann abgerissen. Matthias Feldhaus (54) führt am Freitagnachmittag ein letztes Mal durch den gekachelten Gang.

Seit 1996 bewohnt die Familie Feldhaus das Gebäude an der Textilstraße. Die ehemalige Badeanstalt im hinteren Teil macht jetzt Platz für den Neubau der nächsten Generation.

Seit 1996 bewohnt die Familie Feldhaus das Gebäude an der Textilstraße. Die ehemalige Badeanstalt im hinteren Teil macht jetzt Platz für den Neubau der nächsten Generation. © Stephan Rape

Sechs Bäder und fünf Duschen befanden sich dort einmal links und rechts in Kabinen. Gebaut wurden sie, wie das Haus direkt an der Straße, 1951. „Kurz nach dem Krieg war das schon ein riesiger Fortschritt“, sagt Manfred Liemann (75) vom Heimatverein Ottenstein.

Er erinnert sich selbst noch an Badetage zuhause: Samstags ging es in die Zinkwanne. „Ich war der Jüngste, der Stoppelkotte. Ich durfte erst als Letzter in die Brühe“, sagt Manfred Liemann. Das sei damals eben so gewesen. Überall im Münsterland.

Spiegel und Kleiderhaken hängen immer noch an der Wand

In einem der ehemaligen Baderäume an der Textilstraße hängen am Freitag sogar noch ein Spiegel und der Kleiderhaken. Auch eine Armatur ragt dort noch aus der Wand. Im ersten Stock steht noch der große Wassertank, in dem früher das heiße Wasser für die Bäder zwischengespeichert wurde. Ein paar Groschen kostete damals das Baden oder Duschen.

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Doch das ist längst Geschichte. Der Großteil der Einrichtung ist längst herausgerissen oder ausgebaut. Der Boden ist an mehreren Stellen aufgestemmt. Sand, Staub und Schutt liegen herum. Von der großen Reinlichkeit, die hier einmal geherrscht haben muss, ist nichts mehr zu sehen. Eine letzte Badewanne steht noch verwaist in einer Ecke – mit altem Laub und undefinierbarem Baustellenschlamm verschmiert. Die Tage der Badeanstalt sind endgültig gezählt.

1951 wurde der Gebäudekomplex aus dem Vorderhaus – Wäscherei, Heißmangel und Wohnräume – und dem dahinterliegenden Bade- und Duschhaus errichtet. Die Markierung im Klinker belegt das noch heute.

1951 wurde der Gebäudekomplex aus dem Vorderhaus – Wäscherei, Heißmangel und Wohnräume – und dem dahinterliegenden Bade- und Duschhaus errichtet. Die Markierung im Klinker belegt das noch heute. © Stephan Rape

Der Sohn von Matthias Feldhaus will auf der Fläche das Haus für seine Familie bauen. „Das Grundstück ist 900 Quadratmeter groß. Da ist Platz genug für zwei Häuser“, sagt Matthias Feldhaus.

Gemeinderat entschied, dass Ottenstein eine Badeanstalt braucht

Die Baderäume und Duschen wurden damals auf Entscheidung des Ottensteiner Gemeinderats von Familie Meis an der Textilstraße hinter ihrer Wäscherei und Heißmangel gebaut. Auf einem Klinkerstein an der Fassade hinter dem wilden Wein ist das Baujahr eingemeißelt.

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Doch die Badeanstalt steht schon lange leer. Irgendwann Mitte der 1970er-Jahre sei der letzte Badegast da gewesen. Die Häuser bekamen Zentralheizung, eigene großzügige Bäder, Badewannen und Duschen. Ein Fortschritt, der eine zentrale Badeanstalt überflüssig machte. Irgendwo habe er auch noch alte Unterlagen, Zeichnungen, eine Badekarte, sagt Matthias Feldhaus. Die will er noch mal heraussuchen.

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Der Abriss tut Manfred Liemann als Heimatforscher natürlich weh. Andererseits: „Man kann auch nicht alles erhalten“, sagt er. Und schließlich sei die Badeanstalt ja auch nur 20 oder vielleicht 25 Jahre im Einsatz gewesen. Da halte sich der Denkmalwert ja schon in Grenzen.

Abriss ohne Alternative: Umbau war keine Option

Auch ein Umbau wäre nicht in Frage gekommen. „Das ist ja alles völlig verbaut“, erklärt Matthias Feldhaus. Er deutet auf die kleinen Räume, in denen sich einmal die Duschen befunden haben. Nur wenige Quadratmeter sind sie groß, dann kommt die nächste Wand. „Und weil so viele Wände eingebaut wurden, ist die Decke entsprechend dünn. Das hätte man nicht umbauen können“, sagt er. Zu mehr als einem erweiterten Lagerraum habe das Bad nicht mehr getaugt.

Noch steht der Giebel, das Dachgebälk ist längst abgetragen. Am Montag soll der Bagger die alte Badeanstalt endgültig dem Erdboden gleich machen. Der Sohn von Matthias Feldhaus plant dort einen Neubau.

Noch steht der Giebel, das Dachgebälk ist längst abgetragen. Am Montag soll der Bagger die alte Badeanstalt endgültig dem Erdboden gleich machen. Der Sohn von Matthias Feldhaus plant dort einen Neubau. © Stephan Rape

Das sei ihm schon klar gewesen, als er den Gebäudekomplex 1996 gekauft hat. „Deswegen habe ich auch nur auf unser Wohnhaus ein neues Dach gesetzt“, sagt er. Der Wäscherei- und Heißmangelbetrieb hatte den Dachbalken dort schon erheblich zugesetzt. Die Balken über der alten Badeanstalt seien auch durch die Feuchtigkeit angegriffen gewesen. „Die waren aber in einem erstaunlich guten Zustand“, sagt er beim Blick auf den großen Holzhaufen im Garten. Die Dachbalken hatte er schon im vergangenen August heruntergeholt.

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Dann hatte sich der weitere Abriss verzögert. Für ihn kein Problem: „Wir haben Zeit“, sagt er. Deswegen gebe es auch keinen festen Zeitplan für den Neubau. Später mit dem Sohn Wand an Wand zu leben sei überhaupt kein Problem. „Aber eine Verbindung werden die beiden Häuser nicht haben“, sagt er und winkt ab. So viel Abstand müsse dann doch sein, fügt er lächelnd hinzu.

Seit 1996 bewohnt die Familie Feldhaus das Gebäude an der Textilstraße. Die ehemalige Badeanstalt im hinteren Teil macht jetzt Platz für den Neubau der nächsten Generation.

Seit 1996 bewohnt die Familie Feldhaus das Gebäude an der Textilstraße. Die ehemalige Badeanstalt im hinteren Teil macht jetzt Platz für den Neubau der nächsten Generation. © Stephan Rape