
In dieser Ottensteiner Lagerhalle befand sich in den Kellerräumen die Drogenplantage. © Montage Till Goerke
Drogenplantage in Ottenstein: Kurioses Mietverhältnis ebnet den Weg
Gerichtsprozess
Im Frühjahr wurde in einer Ottensteiner Lagerhalle eine Drogenplantage aufgelöst. Jetzt ist klar: Das Mietverhältnis für die Halle war kurios. Und: Details zum Polizeieinsatz sind bekannt geworden.
Mitten in Ottenstein wurde im Frühjahr 2022 in einer unscheinbaren Lagerhalle eine große Drogenplantage aufgelöst. Jetzt müssen sich drei Tatverdächtige vor dem Landgericht Münster verantworten. Und nun ist klar: Ein kurioses Mietverhältnis ebnete den Weg.
Am dritten Verhandlungstag standen zwei große Themenkomplexe im Mittelpunkt. Zum einen, wie es zum Mietverhältnis bei der besagten Halle kam, und zum anderen, wie der polizeiliche Einsatz lief, ehe das Ganze im Frühjahr 2022 aufgeflogen ist. Etliche Zeugen waren dafür geladen.
Halle über eBay Kleinanzeigen angeboten
Zunächst zum Mietverhältnis. Über eBay-Kleinanzeigen hat eine Ottensteinerin im Auftrag für ihren 80-jährigen Vater die Lagerhalle zur Vermietung inseriert. Nach einiger Zeit habe sich der angeklagte Gronauer – heute 47 Jahre alt – bei der Zeugin gemeldet.
In der Folge gab es einen ersten Besichtigungstermin. Zu diesem erschien der heute 47-jährige Gronauer nicht alleine. In wessen Begleitung er sich allerdings befand, daran konnte sich die Frau vor Gericht nicht mehr zweifelsfrei erinnern.
Aber: Es gab einen zweiten Besichtigungstermin. An diesem seien neben dem Gronauer (47) auch die Mitangeklagten – ein weiterer Gronauer (45) sowie ein Niederländer (48) – mit von der Partie gewesen.
Der 47-jährige Gronauer war der offizielle Mieter der Halle, bezahlte auch die Miete. Mal in bar und mal per Überweisung. 800 Euro pro Monat. Gegenüber der Ottensteinerin gab er sich als Händler für Gebrauchtwaren wie Kühlschränke und Waschmaschinen aus.
Keiner will die Verantwortung tragen
Die Mitangeklagten seien seine „rechte und linke Hand“ für handwerkliche Dinge, die noch in der Halle zu erledigen seien. So weit das Auftreten gegenüber der Vermieterin.
In den Verhandlungstagen zuvor machte der Mieter deutlich, er habe mit der Plantage nichts zu tun. Er habe von den anderen beiden Männern „nur“ eine Einmalzahlung über 1000 Euro erhalten für den Abschluss des Mietverhältnisses.

Im März wurde in Ottenstein an der Kettelerstraße eine Cannabisplantage entdeckt. Drei Tatverdächtige stehen jetzt vor Gericht. Das THW half beim Sicherstellen und Aufräumen. © THW Ortsverein Ahaus
Die Vermieterin der Halle sagte aus, dass sie selten etwas vor Ort gesehen habe. Einmal sei ein vermutlich weißer Sprinter vorgefahren mit ihr unbekannten Männern. Und nur einmal habe sie einen Blick in die Halle werfen können – im September 2021. Das Mietverhältnis bestand seit Mitte Mai.
Ungewöhnliches vorgehen
Im September sei, so die Ottensteinerin, noch nichts Ungewöhnliches in der Halle zu sehen gewesen. Aber: Ungewöhnlich war das Vorgehen der drei Männer dennoch. In Eigenregie wechseltn sie die Schlösser, gaben der Vermieterin keinen Schlüssel.
Begründung: Die Männer sagten der 41-Jährigen, sie könnten ihren Mitarbeitern nicht trauen. Würde mal etwas abhandenkommen, könne so ausgeschlossen werden, dass die Vermieterin es geklaut habe.
Und weiter: Die Männer sollen direkt gesagt haben, dass sie die Fenster verdunkeln wollen, da niemand von außen die wertvollen Elektrogeräte im Inneren sehen solle. Ebenfalls wurden nach Ankündigung Kameras im Eingangsbereich installiert. Angeblich als Schutz vor Einbrechern.
„Es gab wenig Bewegung vor Ort“, sagte die Ottensteinerin auf Nachfrage des Richters. Ihr Vater – der offizielle Vermieter – sagte aus, er habe eines Abends mal in die Halle schauen wollen, als das Rolltor hochging. Da habe ihn ein „stämmiger“, ihm unbekannter Mann, an der Schulter gepackt und es verboten.
Angeklagte sagen kein Wort
Die drei Angeklagten selbst sagten am dritten Verhandlungstag übrigens kein Wort. Lediglich ihre Verteidiger stellten Nachfragen. Weniger an die Vermieter der Halle, sondern vor allem an jene Polizisten, die die Plantage auffliegen ließen.
Zum Polizeieinsatz. Bei der Leitstelle in Borken ging laut den befragten Kripobeamten eine anonyme Anzeige ein. Am 24. März 2022, also wenig später nach Eingang, nahm ein Kripobeamter die Halle in Augenschein. Dabei nahm er den „typischen Marihuanageruch“ wahr.
Mit diesem Wissen wurde die Halle von zwei weiteren Kripobeamten in Zivil observiert. In den Abendstunden, so sagte einer der Beamten vor Gericht aus, seien dann der angeklagte Gronauer (45) sowie der Niederländer (48) vorgefahren. Nicht der offizielle Mieter der Halle.
Nachdem die beiden Männer die Halle betreten und sich dort gut 30 Minuten aufgehalten hatten, verließen sie diese wieder. In diesem Moment erfolgte der Zugriff der Kripo. Zusammen mit den Angeklagten betraten die Beamten die Halle und entdeckten im Keller die Plantage. Dann klickten die Handschellen.
Polizeiabläufe sollen geklärt werden
Dafür, so einer der Verteidiger, sei ja wohl eigentlich ein Durchsuchungsbefehl nötig. Konter des Beamten: Nicht, wenn Gefahr im Vollzug sei. Wie dem auch sei, haderte die Verteidigung mehrfach, dass sie das Gefühl nicht loswerde, dass die Polizei Fakten vorenthalte.
Die Sache mit dem anonymen Hinweis sei dünn. Wurde da etwas konstruiert? Darum sollen speziell dieses Thema und die dazugehörigen internen Polizeiabläufe am kommenden Verhandlungstag noch mal gesondert auf den Tisch kommen: Wer wusste bei der Polizei wann, warum und was.
Übrigens wurden im durchsuchten Wagen, mit dem die beiden Angeklagten vorfuhren und der auf den zu diesem Zeitpunkt nicht anwesenden dritten Angeklagten, den 47-jährigen Mieter der Halle, zugelassen war, ein GPS-Tracker gefunden. Wofür dieser dienen sollte, blieb (noch) unklar.
Liebt als gebürtiger Münsterländer die Menschen und Geschichten vor Ort. Gerne auch mit einem Blick hinter die Kulissen. Arbeitsmotto: Für eine spannende Story ist kein Weg zu weit.
