Historische Lagerstätten unter Amazon-Neubau

Überraschungsfund in Werne

Das Gelände in Werne, auf dem der Logistik-Riese Amazon seinen Neubau plant, war bereits vor 2000 Jahren eine Lagerstätte: Archäologen haben dort Hinweise auf ein historisches Warenlager aus der Eisenzeit gefunden. Ein Fund, der die Forscher überrascht hat.

WERNE

05.12.2016, 12:03 Uhr / Lesedauer: 2 min
Die Grabungsfläche im Luftbild.

Die Grabungsfläche im Luftbild.

Ausgerechnet dort, wo der Versandhändler Amazon in Werne ein neues Logistikzentrum baut, haben Archäologen über 2000 Jahre alte Siedlungsspuren mit Hinweisen auf alte Lagerstätten gefunden. Das teilte der Landschaftsverband Westfalen-Lippe am Montag in Münster mit. Neben dem Keramik-Bruchstücken fanden die Wissenschaftler Hinweise auf rund 50 Gruben, in denen Siedler Lebensmittel und ihre Ernte lagerten.

Warum der Fund überraschend ist: 

Mit Siedlungsspuren aus dem ersten Jahrhundert vor Christi Geburt rechneten die Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) durchaus, als die Untersuchungen auf dem Gelände des neuen Logistikzentrums des Versandhändlers in Werne begannen. Dass zusätzlich eine gewaltige Befestigungsanlage bei den Bauarbeiten im neuen Gewerbegebiet Wahrbrink II zum Vorschein kam, war eine Überraschung.

Jetzt lesen

Zweifel am Alter der Stätte haben die Forscher nicht: „Die Hinweise auf das Alter der Siedlung sind eindeutig“, heißt es. Das Gelände war mit einem riesigen Graben gesichert. „Eine kleine Unterbrechung des Grabens und zwei außerhalb liegende dunkle Verfärbungen mit den Spuren von Pfosten deuten auf eine Art Tor in der Befestigungsanlage hin“, sagte Grabungsleiter Felix Kunze.

„Solche Ergebnisse sind auch jenseits von Westfalen bislang selten“, ergänzte LWL-Archäologe Michael Baales laut Mitteilung. Höhenbefestigungen aus der Eisenzeit sind in Westfalen schon vor längerer Zeit entdeckt worden. Aus dem flachen Land in Westfalen ist Derartiges noch nicht bekannt - nur im niederländischen und rheinländischen Flachland gibt es bisher vergleichbare Funde. Gerade die Dimension der Anlage ist einzigartig für Westfalen. Der Fundort bereichert das Wissen um die Siedlungsweise der Menschen in der späten Eisenzeit gegen Ende des 1. Jahrhunderts v. Chr. 

Was bedeutet der Fund für den Amazon-Neubau?

Die Ausgrabungen der Archäologen wurden trotz des Überraschungsfundes rechtzeitig beendet und der Bau des Logistikzentrums konnte planmäßig begonnen werden. Die archäologischen Untersuchungen wurden in enger Abstimmung mit der Stadt Werne so durchgeführt, dass der Zeitplan der Bauarbeiten eingehalten werden konnte.

"Wir sind sehr froh, dass die neue Ansiedlung trotz des Überraschungsfundes reibungslos umgesetzt werden konnte", betont Monika Geißler von der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Werne. "Dass an dieser Stelle eine einzigartige archäologische Fundstelle für Westfalen zum Vorschein gekommen ist, die einen großen Beitrag zur Erforschung dieser Epoche leistet, macht uns natürlich auch stolz."

Jetzt lesen

Was bedeutet die Entdeckung für Werne?

Muss die Stadtgeschichte Wernes umgeschrieben werden? „Nein“, sagt Museumsleiterin Dr. Constanze Döhrer gestern auf RN-Anfrage, „aber die Entdeckung schließt eine Lücke im Zeitstrahl. Denn die Eisenzeit konnte das Museum mangels Masse bislang nicht darstellen. Nun lasse sich sagen, „dass seit der Steinzeit durchgängig hier Menschen lebten“, sagt Döhrer.

Wie aber lässt sich der Fund anschaulich darstellen, da doch die Ausgrabungsstätte verabredungsgemäß dem Neubau des Amazon-Logistikzentrums zum Opfer fiel. „Mit einer Computer-Simulation zum Beispiel“, sagt die Museumsleiterin. Denn außer den Keramikbruchstücken geben es ja keine Artefakte. Eine solche Simulation sei allerdings teuer. Döhrer: „Ich spreche sicherlich die Museumsfreunde deswegen an.“

Schlagworte: