Dieser Mann belebt Plattdeutsch in Selm wieder

VHS-Kurs

Er unterrichtet 338 Teilnehmer in 33 Kursen - auch an der VHS Selm. Er ist 65 Jahre alt und hat ein Ziel: die plattdeutsche Sprache wieder salonfähig machen. Für all das steht Entwicklungsingenieur Klaus-Werner Kahl. Wir haben uns mit ihm anlässlich des Tags der Muttersprache unterhalten.

SELM

20.02.2017, 19:20 Uhr / Lesedauer: 2 min
Klaus Werner Kahl (vorne) mit sechs der acht Selmer, die sich gemeldet haben und Platt lernen wollen.

Klaus Werner Kahl (vorne) mit sechs der acht Selmer, die sich gemeldet haben und Platt lernen wollen.

Wer ist Klaus-Werner Kahl?

Jeden Montag geht es für den Mann aus Riesenbeck ins knapp 90 Kilometer entfernte Selm. Der Grund dafür: Erstmals bietet die Volkshochschule (VHS) in diesem Jahr einen Einsteigerkurs mit dem Titel „Ik küer Plat! Du auk?“ an. Kahl ist der Dozent.

 

Ist das Interesse an der Niederdeutschen Sprache so groß?

„Acht Leute haben sich auf ihre Wurzeln besonnen und möchten jetzt die traditionelle Sprache erlernen“, sagt Michael Reckers, VHS-Leiter. Deshalb sei es besonders erfreulich, einen Fachmann wie Kahl dafür gewonnen zu haben. An acht Abenden lernen die Teilnehmer jetzt, Platt zu verstehen und bestenfalls auch zu "kürn".

„Die Sprache hat an Sympathie gewonnen. Dafür setze ich mich auch jeden Tag seit Jahren ein“, sagt Kahl zufrieden. Noch zu seiner Jugendzeit sei das ganz anders gewesen. „Früher war Platt verpönt, eine Bauernsprache, weil jeder es abwandelte, wie er lustig war.“ Deshalb hält der 65-Jährige jede Woche drei bis vier Kurse im ganzen Münsterland, um möglichst viele Menschen zu erreichen.

Auf welche Weise lerne ich Plattdeutsch am besten?

Die erste Intention mithilfe eines Wörterbuches ist gar nicht verkehrt. Nach zehnjähriger Vorarbeit veröffentlichte Klaus-Werner Kahl im Jahr 2000 das „Wörterbuch des Münsterländer Platt“.

Darin enthalten sind rund 16.000 Wörter und Redewendungen in Hochdeutsch – Plattdeutsch und umgekehrt. „Nicht allein das Wörterbuch reicht. Ein Kurs ist unabdingbar“, sagt Klaus-Werner Kahl. Aber das Buch sei eine sinnvolle Stütze für Vokabeln und Regeln. Ein Beispiel: Worttrennungen erfolgen stets am Silbenende.

Wie viele verschiedene Platt-Dialekte hat das Münsterland?

„Entlang der holländischen Grenze wird das Westmünsterländer Platt, hier in Selm und im zentralen Gebiet das Münsterländer Platt und je weiter es nach Osten geht, wird das ostwestfälische Platt gesprochen“, erklärt der Fachmann. Je nach Gebiet gebe es unterschiedliche Aussprachen und Schreibweisen.

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Trotzdem sprechen nur wenige Menschen heute noch Platt. Ist die Sprache vom Aussterben bedroht?

Laut der Europäischen Charta der Minderheitensprachen ist Platt als „gefährdete Sprache“ eingeordnet, sagt Kahl. „Ich bin ja zum Glück nicht der Einzige, der im Auftrag dieser Sprache unterwegs ist.“ Weiter verweist er auf das plattdeutsche Theater, das überall in der Region im Kommen sei. „Das Interesse ist da, daher denke ich nicht, dass Platt ausstirbt. “

 

Was ist das Besondere an dem Kurs an der VHS?

Rund 500 Vokabeln warten auf die Teilnehmer. Dabei handelt es sich um die meist verwendeten hochdeutschen Begriffe. Ziel des Einsteigerkurses ist es nämlich, den Teilnehmern die Sprache so weit beizubringen, „dass am Ende alle in der Lage sind, sich auf Platt zu unterhalten“, wünscht sich der Dozent.

Die Hälfte des Kurses ist bereits vorbei. Ist das Feedback positiv?

Die Teilnehmer sind sich bei der Frage schnell einig. „Mich hat die Sprache immer schon interessiert und sich endlich zu trauen, selbst zu sprechen, das ist mein Ziel“, sagt Simon Zurmühlen. Neben ihm sitzt Franz-Josef Holtmann: „Ich bin hier, um Platt zu sprechen. Es verstehen, das klappt bereits.“

Genauso sieht es Elisabeth Kellerhaus. „Wenn man selbst nie antworten kann, ist das schon sehr ärgerlich“, weiß die Selmerin. Für Gregor Franzen hat das Erlernen der Sprache sogar etwas mit Respekt zu tun. „Viele ältere Leute bei uns im Heimatverein sprechen Platt. Ich möchte endlich eine richtige Unterhaltung mit ihnen führen können“, sagt er.