
Stadtsprecher Ingo Rous im noch nicht ganz umgebauten Bürgersaal des Rathauses. Nach dem Einsatz als Wahllokal und Impfzentrum soll der Raum nun als provisorische Flüchtlingsunterkunft dienen. © Heiko Mühlbauer
Schwerter Rathaus als Flüchtlingsunterkunft: Zum Duschen geht es in die Turnhalle
Bürgersaal
Ein Rathaus als Flüchtlingsunterkunft: In Schwerte hat man den Bürgersaal provisorisch umgerüstet. Auch ausländische Medien interessieren sich für die ungewöhnliche Maßnahme.
So wirklich gemütlich sieht es im Bürgersaal der Stadt Schwerte nicht aus. Rote Fliesen auf dem Boden, ein Saal über zwei Etagen von beiden Seiten mit großen Glasfronten. Zumindest ist es hell, normalerweise. Denn sowohl die Scheiben zum Rathaus als auch die zum Parkplatz hinter dem Rathaus sind mit Jalousien verdunkelt.
Seit die Stadt Schwerte am Donnerstag bekannt gab, dass man nun vorübergehend Flüchtlinge im Rathaus unterbringen will, habe das Telefon in der Pressestelle nicht stillgestanden, sagt Pressesprecher Ingo Rous. Heimische Fernsehsender, Medienagenturen und sogar der österreichische Privatsender Servus TV interessierten sich für die ungewöhnliche Maßnahme.
Vier Räume aus Holzplatten eingebaut
Zu sehen gab es am Montag noch wenig: allenfalls vier Räume, die man mit weißen Holzwänden in den Saal gezogen hatte. Die Treppe zur Empore ist von allen Seiten verriegelt. Denn die Kämmerchen kommen ohne ein Dach aus.
Auf dem Boden liegen noch Camping-Betten, die hier aufgestellt werden sollen. Einmal-Decken liegen genauso bereit wie Vorhänge, mit denen die vier Kabinen voneinander abgetrennt werden sollen.

Camping-Betten liegen für die Gäste im Rathaus bereit. © Heiko Mühlbauer
Zumindest eine Küche ist im Bürgersaal bereits vorhanden. Die bietet zwar eine Zapfanlage, aber keine Herdplatte. Hier werden bei städtischen Feiern der Kaffee zubereitet und die Getränke kalt gestellt. Zwei Mikrowellengeräte sollen es nun richten.
Zum Duschen in die Sporthalle am Stadtpark
Auch Toiletten sind im Untergeschoss des Rathauses reichlich vorhanden. Was fehlt, ist eine Dusche. Die Geflüchteten sollen deshalb die Duschen in der rund 500 Meter entfernten Turnhalle am Stadtpark nutzen. Die war 2015 als erste Schwerter Sporthalle in eine provisorischen Flüchtlingsunterkunft umgebaut worden.
„Die Stadt Schwerte stößt hart an ihre Grenzen, was die Unterbringungsmöglichkeiten für geflüchtete Menschen angeht“, hatte die Stadt am vergangenen Donnerstag in einer Pressemitteilung erklärt. Aktuell könne man nur wieder auf Turnhallen zurückgreifen. Doch auch die seien nicht so schnell umrüstbar. Um die Zwischenzeit zu überbrücken, wurde der Bürgersaal jetzt provisorisch umgebaut.

In der Küche des Bürgersaals gibt es nun zwei Kühlschränke. © Heiko Mühlbauer
Seit Sommer kommen wieder mehr Flüchtlinge, nicht nur aus der Ukraine, sondern auch aus anderen Regionen. Doch noch Ende August war sich die Verwaltung sicher, dass man mit den verbleibenden Unterkünften auskommen könne.
Alle Einrichtungen der Stadt sind belegt
545 Geflüchtete halten sich derzeit in Schwerte auf. „Eine Verbesserung der Lage ist nicht in Sicht“, sagte der zuständige Dezernent Tim Frommeyer. Allein im September müsse Schwerte 94 neue Geflüchtete aufnehmen. Für 34 von ihnen muss man kurzfristig eine Unterkunft finden. Denn die Einrichtungen, die man hat, sind alle belegt, privater Wohnraum stünde nicht zur Verfügung.
Im Rathaus will man ausschließlich junge Männer unterbringen. Diejenigen, die angekündigt wurden, stammen nicht aus der Ukraine. Wie lange das Provisorium genutzt werden soll, steht noch nicht endgültig fest. Aber vorsorglich habe man bereits alle Veranstaltungen im Bürgersaal bis zum 23. Oktober abgesagt.
Eigentlich sollten die ersten vier Geflüchteten bereits am Montag-Nachmittag eintreffen. Um 18 Uhr waren sie aber noch nicht in Schwerte angekommen.
Ist mit Überzeugung Lokaljournalist. Denn wirklich wichtige Geschichten beginnen mit den Menschen vor Ort und enden auch dort. Seit 2007 leitet er die Redaktion in Schwerte.
