75 Jahre Kleingartenanlage Amsel Lila Laube, Heckenschnitt und der Garten des Herrn Lu

75 Jahre Amsel: Lila Laube, Heckenschnitt und der Garten des Herrn Lu
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Exakt geschnittene Hecken, gepflegte Wege und der Hinweis, dass Hunde hier anzuleinen sind – auf den ersten Blick wirkt die „Amsel“ so, wie man sich eine Kleingartenanlage vorstellt. Alles ist geordnet, die Parzellen gegeneinander abgegrenzt, jeder Garten hat eine Laube nebst Terrasse.

Und manches Vorurteil stimmt auch, aber längst nicht jedes. „Wir sind an die Vorgaben für Kleingärten gebunden, das sind schließlich keine Ferienhäuser“, erklärt Uwe Bittner. Er ist Vorsitzender des Vereins. Die Regeln besagen, dass die Anlage öffentlich sein muss, die Hecken nicht höher als 1,20 Meter, die Gärten bis auf den Sitzplatz einsehbar. Und es gibt natürlich die berühmte Drittel-Regelung: ein Drittel Zierpflanzen, ein Drittel Nutzpflanzen, ein Drittel Rasen und Aufbauten. Im Gegenzug kann man die Gärten verhältnismäßig günstig pachten.

Freude über Enkelbesuch

Und es gibt auch Gärten, die all diese Kriterien mühelos erfüllen; wo der Rasen perfekt geschnitten ist, die Wege rechtwinklig sind und die Nutzpflanzen in Reih und Glied stehen. Andreas Wosnitza (73) ist Besitzer eines solchen Gartens.

Obstbäume, Kartoffeln, Zucchini, Gurken und Zwiebeln baut er an. Viel Arbeit hat er investiert, seit er vor rund 13 Jahren die Parzelle pachtete. Der Vorbesitzer hatte den Garten damals schon vor längerer Zeit geräumt, sodass einiges gemacht werden musste. Heute freut sich der 73-Jährige, wenn die Enkelkinder ihn im Garten besuchen.

Andreas Wosnitza, Kleingartenanlage Amsel in Schwerte
Andreas Wosnitza bewirtschaftet einen klassischen Kleingarten und steckt viel Arbeit in seine Parzelle. © Heiko Mühlbauer

Andreas Wosnitza ist der Gartennachbar des Vorsitzenden Uwe Bittner. Der hat seinen Garten eher unkonventionell gestaltet: ein mäandrierender Weg zu einer etwas versteckten Laube, viele Stauden und eine Reihe von etwas versteckten Sitzplätzen. Uwe Bittner verbrachte schon seine Kindheit in der „Amsel“. Doch als Jugendlicher und junger Mann konnte er sich nicht vorstellen, einen spießigen Kleingarten zu besitzen. Heute sagt er: „Das ist hier ein Paradies.“

Standort Im Reiche des Wassers

Vor allem ist es ein Paradies mit Platz für ganz verschiedene Konzepte. Dabei war der Beginn der „Amsel“ eher klassisch. 1948 fassten eine Gruppe von Skatbrüdern, die auch verteilt über die Stadt Grabeland bewirtschafteten, in der Gaststätte Himmelmann den Entschluss, mit der Stadt Gespräche über die Pacht einer Gartenanlage einzustielen.

Man bekam zunächst Land am Holzener Weg zugewiesen. Doch schon nach vier Jahren sollte die Gartenanlage dem Bauboom im Wirtschaftswunder-Deutschland weichen. Als Ersatz bekam man dann Weideland an der Iserlohner Straße zugewiesen, die inzwischen Im Reiche des Wassers heißt. Dort blieb die Anlage bis heute.

Hochwasser, Kleingartenanlage Amsel in Schwerte
Mit Hochwasser hat man in der „Amsel“ Erfahrung. Die Nähe zur Ruhr birgt die Gefahr der Überschwemmung, wie hier 2021. © Reinhard Schmitz

Lange bestand die Mitgliederliste nur aus deutschen Namen, man nahm an Gartenwettbewerben teil, kümmerte sich um ein Vereinsheim und verschönerte die Anlage. Erst 2002 wurden mit Ahmet und Ayse Calik die ersten türkischstämmigen Mitglieder aufgenommen. Mittlerweile gibt es hier zahlreiche Menschen verschiedenster Herkunft, die Gärten bewirtschaften. Und manchen Gärten sieht man das an: Stangenbohnen, Peperoni und manchmal sogar ganz exotische Früchte werden geerntet.

Chinesische Heilpflanzen in der „Amsel“

Einen ganz besonderen Garten hat Fayong Lu angelegt. Auf den ersten Blick ist es ein wildes Durcheinander an Pflanzen. Am Eingang zur Laube begrüßen chinesische Schriftzeichen die Gäste, direkt daneben Werbung für das Ruhrgebiet. Seit 2017 hat er hier einen Garten, in dem er hauptsächlich Pflanzen für die traditionelle chinesische Medizin anbaut.

„Das hier sind Yams-Wurzeln“, erklärt er und zeigt auf eine grüne Ranke. Den Wurzeln werden zahlreiche Wirkungen nachgesagt, von der Hilfe bei Magenleiden bis hin zur Heilung und Linderung bei Gallenkoliken und Rheuma. Auch Bittergurken und verschiedene Kräuter wachsen hier bunt durcheinander. Heute ist Goji-Beeren-Ernte. In einer Schale liegen die roten Früchte, die man hierzulande nur getrocknet kaufen kann.

Pyramide, Kleingartenanlage Amsel in Schwerte
In der Pyramide kann man Energie tanken. © Heiko Mühlbauer

Und dann zeigt Fayong Lu hinter seiner Laube noch eine echte Rarität: Eine Pyramide aus Folie und Dachlatten. Es handelt sich dabei nicht um ein Gewächshaus, sondern um einen Ort, um Energie aufzunehmen. Mit Räucherstäbchen bedampft, kann man hier meditieren. Allerdings sei es von den Temperaturen her mehr eine Sauna, finden die Gartennachbarn. Es handele sich aber um Wärme aus dem Universum, die länger im Körper bleibe und für ein Gleichgewicht sorge, so Lu.

Uwe Bittner, Monika Zaubzer, Kleingartenverein Amsel in Schwerte
Uwe Bittner und Monika Zaubzer sind der aktuelle Vorstand des Kleingartenvereins. © Heiko Mühlbauer

Spaziergänger nehmen die Gärten ganz unterschiedlich auf, weiß Uwe Bittner. Wer bei einem geordneten klassischen Garten schaut und verweilt, hat meist keine Antenne für ein alternatives Gartenkonzept. Das sei aber auch gut so.

Die zweite Vorsitzende des Vereins, Monika Zaubzer, setzt in ihrem eigenen Garten auf Vielfalt und Mischkulturen. Auch hier wachsen die Pflanzen scheinbar zufällig zusammen. Doch das hat nur den Anschein. „Ich habe Tabellen, was gut zusammenpasst“, erklärt sie. Wichtig sei, dass der Boden immer mit Pflanzen bedeckt ist. Sogar auf dem Kompost wächst Kapuzinerkresse mit reichlich orangefarbenen Blüten.

Lila Laube in der Kleingartenanlage

Sükrü Mucik, Kleingartenanlage Amsel in Schwerte
Sükrü Mucik ist der Besitzer der besonders auffälligen lilafarbenen Laube. © Heiko Mühlbauer

Kurz vor dem Vereinsheim gibt es einen Garten, der allen Besuchern auffällt. 75 Pächterinnen und Pächter hat die „Amsel“ – und dieser Garten hat die Nummer 75. Doch das ist nicht das Auffällige, sondern das lilafarben angestrichene Gartenhaus. Davor sitzt auf einer ebenfalls in Lila gehaltenen Bank eine Buddha-Statue im lilafarbenen Gewand.

Nur der Inhaber des Gartens sieht so gar nicht danach aus. In brauner Arbeitskleidung pflegt Sükrü Mucik hier seine Parzelle. Seit zwei Jahren ist er Mitglied in der „Amsel“. Und er klärt auch über die mutige Farbgebung seiner Laube auf. „Lila ist die Lieblingsfarbe von meiner Frau und meiner Tochter“, erzählt er. „Also habe ich gesagt, dann streichen wir die Laube mal lila an.“ Und das Ergebnis: ein echter Hingucker.

Sommerfest am 19. August

Am Samstag (19. August) feiern die Kleingärtner der „Amsel“ im Übrigen das 75-jährige Bestehen der Kleingartenanlage mit einem Sommerfest. Mit Musik, Programm und kulinarischen Angeboten geht es um 12 Uhr los.

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