Seit 24 Jahren steht Albrecht Bubenzer hinter dem Tresen der Eckkneipe
„Zum Kreuzeck".

© Reinhard Schmitz

Eine der letzten Eckkneipen verschwindet: Albrecht Bubenzer schließt sein Kreuzeck

rnGastronomie in Schwerte

Letztmals öffnet Albrecht Bubenzer (79) am Rosenmontag sein „Kreuzeck“. Die Stadt verliert eine der letzten Eckkneipen. Der Wirt hat danach noch viel vor. Davon profitieren auch die BVB-Profis.

Schwerte

, 28.02.2022, 05:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Es war die große Zeit der Eckkneipen, als in den Garagen unter dem Wohnhaus an der Kreuzstraße ein Tresen aufgestellt wurde. Irgendwann um 1956 muss es gewesen sein, wie vergilbte Zeitungen bei einer späteren Renovierung verrieten. Im Schwerter Norden hatte man es nicht weit zum Bierchen. Etwa auf halbem Weg zwischen dem „Birkenkrug“ an der Birkenstraße und „Haus Menke“ am Holzener Weg eröffnet die Gaststätte „Zum Kreuzeck“.

Die Konkurrenz ist längst verschwunden. Und jetzt werden auch im Kreuzeck die Zapfhähne hochgedreht. Am Rosenmontag (28.2.) öffnet Albrecht Bubenzer zum letzten Mal die Tür zur holzvertäfelten Gaststube – ausnahmsweise schon um 11 Uhr.

Aus einem Jahr wurden für Albrecht Bubenzer 24 Jahre

„Das ist traurig, aber es ist so. Irgendwann ist mal Schluss“, sagt der Wirt, den seine Stammgäste „Bubi“ nennen: „Alle weinen.“ Der Kanarienzuchtverein, der Briefmarkenverein, die DLRG, deren Heimstätte das Kreuzeck ist. Der Sparclub „Die Sparschlümpfe“, der am Samstag (26.2.) seinen Sparkasten von der Wand schraubt und sich auflöst. Und die vielen Stammgäste aus der Nachbarschaft, die vor dem Tresen ihre Coronamasken-freie Zone genießen konnten. „Alle Gäste sind geimpft“, weiß Albrecht Bubenzer. Nur ein einziger komme jeden Tag mit einem Test herein.

Schluss, aus, vorbei: Mit dem Kreuzeck verschwindet eine der letzten Eckkneipen von Schwerte.

Schluss, aus, vorbei: Mit dem Kreuzeck verschwindet eine der letzten Eckkneipen von Schwerte. © Reinhard Schmitz

Der Wirt kennt sie und ihre Geschichten. Seit 24 Jahren steht er hinter dem Tresen, wo er nach gastronomischen Stationen in Hagen und Siegen eigentlich nur ein Jahr bleiben wollte. Als Gast an einem Tisch im Kreuzeck erfuhr er, dass sein dortiger Vorgänger in wirtschaftliche Turbulenzen geraten war. Der Entschluss fiel spontan: „Über Nacht habe ich das übernommen.“ Es war der 1. Mai 1998.

Weil das Geschäft so gut anlief, wurde schon ein paar Monate später der Saal angebaut, den die Gäste für Geburtstage und andere Feiern wünschten. Rappelvoll war er auch immer, wenn der Beamer für die Fernseh-Übertragung von BVB-Spielen eingeschaltet wurde. Für die 60 bis 100 Gäste musste Akkord gezapft werden.

Zum letzten Mal öffnet Albrecht Bubenzer sein „Kreuzeck" zur Rosenmontagsfeier am 28. Februar - und dann ausnahmsweise schon um 11 Uhr.

Zum letzten Mal öffnet Albrecht Bubenzer sein „Kreuzeck“ zur Rosenmontagsfeier am 28. Februar – und dann ausnahmsweise schon um 11 Uhr. © Reinhard Schmitz

„14 Mitarbeiter hatten wir“, erzählt Albrecht Bubenzer, der zwischendurch zusätzlich den „Heidekrug“ in Dortmund-Holzen und die VfL-Vereinsgaststätte am Schützenhof führte – jeweils für zwei Jahre. Vor Arbeit macht er sich nicht bange. Täglich außer montags steht er jeden Tag ab 16 Uhr im Kreuzeck und sagt stolz: „Der Laden ist noch nie unpünktlich aufgemacht worden.“

Das Einzige, was er dort aufgeben musste, waren die Fische im Aquarium. Die konnten den Zigarettenqualm nicht vertragen. Nachdem sie ein paarmal mit dem Bauch nach oben an der Oberfläche schwammen, wurde das Wasser abgelassen und stattdessen eine Zierkulisse mit Muscheln angelegt.

Rappelvoll war immer der Saal, den Albrecht Bubenzer 1998 angebaut hat, wenn der Beamer zur Übertragung von BVB-Spielen eingeschaltet wurde.

Rappelvoll war immer der Saal, den Albrecht Bubenzer 1998 angebaut hat, wenn der Beamer zur Übertragung von BVB-Spielen eingeschaltet wurde. © Reinhard Schmitz

Dass längst alle Kneipen rauchfrei sind, ermöglicht dem wuscheligen Yorkshire Chico, sein Herrchen zur Arbeit zu begleiten. Jeden Tag kommt einer der Gäste vorbei, um mit dem aus Spanien geretteten Straßenhund eine einstündige Runde zu drehen. Es scheint wie eine Familie am Tresen. Alle sind traurig, dass eine der letzten Eckkneipen der Stadt unwiederbringlich für immer verschwindet. Der Hauskäufer plane auf dem Grundstück einen Neubau, berichtet Albrecht Bubenzer.

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Der Wirt selbst wird keine Langeweile haben. Er freut sich darauf, noch mehr als Busfahrer unterwegs zu sein, wenn die Corona-Einschränkungen fallen. „Millionen Kilometer“ hat er zwischendurch immer wieder hinter dem Lenkrad verbracht. „Österreich, Schweden, Schweiz“ zählt er auf: „In der ganzen Welt.“ Entweder mit dem Doppelstöcker eines Freundes oder einem der beiden BVB-Mannschaftsbusse.

Erst am Freitagmorgen – so erzählt er – habe er die Spieler nach dem Europapokalmatch in Glasgow am Flughafen in Paderborn abgeholt. Danach kutschierte er noch Schulkinder, bevor er sich aufs Ohr legte, um pünktlich um 16 Uhr das Kreuzeck aufzuschließen.

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