
© Reinhard Schmitz
Letzte Dorfkneipe in Ergste abgerissen: Es gibt Pläne für das Areal
Haus Gerhold
Vor knapp einem Jahr hatte das Haus Gerhold am Bürenbrucher Weg zum letzten Mal geöffnet. Durch den Abriss ist jetzt eine Freifläche entstanden, die direkt ans Neubaugebiet Am Knapp grenzt.
Hinter einer kleinen Bodenmulde sind noch ein paar Bruchsteine auszumachen, die wohl mal die Kellerwand gebildet haben. Ein Stückchen weiter steht noch ein Rest der Terrassenmauer, davor liegen traurig ihrer Pflanzkübel beraubte Buchsbäume auf der Seite. Mehr ist hinter den Absperrzäunen nicht geblieben von der letzten Kneipe in der Dorfmitte von Ergste.
Die Abrissbagger haben in der vergangenen Woche am ehemaligen Haus Gerhold ganze Arbeit geleistet. Das langgestreckte Grundstück am Bürenbrucher Weg, das sich wie ein Scharnier zwischen die Altbebauung und das gerade entstehende Neubaugebiet Am Knapp/Am Hinkeln schiebt, ist freigeräumt.
Auf dem Grundstück soll ein Mehrfamilienhaus entstehen
Lange wird es wohl keine Brache bleiben. Denn es gibt bereits ein konkretes Vorhaben für das Areal in schöner Lage am Ortsrand. „Es liegt ein Bauantrag für ein Mehrfamilienhaus mit acht Wohneinheiten vor“, teilt Antonino Pitasi aus der Pressestelle der Stadt Schwerte auf Anfrage mit.

Zum letzten Mal hatte das Haus Gerhold am Bürenbrucher Weg am 1. August 2020 zur Abschiedsfeier geöffnet. © Reinhard Schmitz (A)
Zuletzt war das Haus Gerhold am 1. August vergangenen Jahres geöffnet – nur für einen Abend zur Abschiedsfeier. Denn eigentlich ruhte der Betrieb schon seit dem März 2020, als die Corona-Krise über das Land hereingebrochen war und alle Gaststätten zur Schließung gezwungen waren.
Nach der späteren Lockerung der Schutzvorschriften ließ die Enge der Räume immer noch keinen Betrieb unter Einhaltung der Abstandsregeln zu. Nachdem der letzte Wirt Danijel Cucek, wie er erzählte, sich dann überdies mit dem Vermieter nicht über Renovierungen einigen konnte, zog er einen Schlussstrich unter sein Restaurant.
Seit fast 70 Jahren war in dem Haus eine Kneipe gewesen
Seit der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre – so erinnert sich der Ergster Ur-Bürger Friedrich-Wilhelm Vogt – war an dieser Stelle eine gastliche Stätte zu finden: „Günter Schulte hatte das Haus von seiner Tante geerbt und machte dort eine Kneipe auf.“
Es sei dort aber Dortmunder Thier-Bier ausgeschenkt worden, das ihm nicht schmeckte: „Deshalb sind wir da nie hingegangen.“ Später habe die Gaststätte zur Pacht gestanden und sei dann an Namensgeber Gerhold verkauft worden, der zuvor eine Kneipe in Dortmund-Brackel gehabt hatte: „200 Meter von meiner Lehrstelle entfernt.“
Vereine in Ergste erhalten als Ersatz einen neuen Treffpunkt
Das Gebäude mit dem Bruchsteinkeller selbst „könnte irgendwann im 19. Jahrhundert gebaut worden sein“, vermutet Roswitha Bliese, Vorsitzende des Heimatvereins Ergste. Im Steuerbuch von 1893 sei es schon verzeichnet – als Haus Nr. 57 des damals noch selbstständigen Bürenbruchs. Straßennamen gab es da noch nicht.
„Wir hatten unheimlich viele Kneipen hier in Ergste“, sagt Roswitha Bliese mit Bedauern. Jetzt gebe es nur noch weit draußen das Restaurant Hiddemann im Spieck. Glücklicherweise bekomme man aber in der früheren Grundschule an der Kirchstraße einen Treffpunkt für die Vereine.
Reinhard Schmitz, in Schwerte geboren, schrieb und fotografierte schon während des Studiums für die Ruhr Nachrichten. Seit 1991 ist er als Redakteur in seiner Heimatstadt im Einsatz und begeistert, dass es dort immer noch Neues zu entdecken gibt.
