
Antje Drescher, die Gründerin der Sterbe- und Trauerbegleitung „Die Brücke", ist im Alter von 78 Jahren gestorben. © Brigitte Kollodej
Pionierin der Sterbebegleitung: Antje Drescher ist gestorben
Mitgründerin der „Brücke“
Das Thema Sterben vom Tabu befreien und niemanden mehr einsam sterben lassen: Diesen großen Anliegen widmete Antje Drescher ihr Leben. Der Verein „Die Brücke“ trauert um seine Mitgründerin.
Niemand sollte in den letzten Stunden seines Lebens allein sein. Für dieses große Anliegen setzte sich Antje Drescher immer ein.
Nach langer Krankheit ist die Mitgründerin und Ehrenvorsitzende der Sterbe- und Trauerbegleitung „Brücke“ am 29. September 2022 im Alter von 78 Jahren gestorben. Am Dienstag (11.10.) wurde sie auf dem Ergster Friedhof beigesetzt.
Ein trauriges Erlebnis in der Kindheit prägte den Lebensweg
„Aus tiefer Überzeugung, in Herzenswärme und nahezu unermüdlicher Tatkraft hat sich Antje für die Belange Sterbender und Trauernder eingesetzt – weit über die Stadt Schwerte und das Land NRW hinaus“, erklären Brigitte Kollodej und Ilse Colombo aus dem „Brücke“-Vorstand in einem Nachruf: „Wie wenige konnte sie zuhören, sich einfühlen und Beistand geben – ein Geschenk für ungezählte Menschen und für ‚Die Brücke‘ Sterbe- und Trauerbegleitung. Sie war einfach immer da.“

Für ihr soziales Engagement wurde Antje Drescher (M.) auch mit dem Ehrenpreis der Schwerter Nachbarschaften, der Pannekaukenfrau, ausgezeichnet. Sie wurde von der verstorbenen früheren Hansevereins-Vorsitzenden Diethild Dudeck (l.) und ihrem Stellvertreter Herbert Dieckmann (r.) überreicht. © Reinhard Schmitz (A)
Der Verlust einer kränklichen Klassenkameradin im ersten Schuljahr hatte diesen Lebensweg unbewusst geprägt. „Die ist jetzt im Himmel“, sagte die Lehrerin. Antje Drescher verstand diese Erklärung nicht, aber muss schon irgendwie geahnt haben, dass Verdrängen nicht der richtige Weg war, mit dem Sterben umzugehen.
Diese Gedanken kamen Jahre später bei einem zweiten traurigen Erlebnis wieder hoch. Eine Team-Kollegin, mit der die begeisterte Handballerin in Hamburg 1963 die Deutsche Mannschaftsmeisterschaft gewonnen hatte, wurde von der Straßenbahn überfahren.
1986 gründete sie in Schwerte die Gruppe „Zuhause sterben“
Inzwischen ins Ruhrtal gezogen und „Tormaschine“ bei Borussia Dortmund in der 2. Handball-Bundesliga, lernte Antje Drescher den Schwerter Pfarrer Dieter Wentzek kennen, der sich ebenfalls mit der Frage beschäftigte „Was machen wir mit Sterbenden?“
1986 gründen die beiden die Gruppe „Zuhause sterben“, die auf Anruf Sterbebegleiter sandte – nicht nur in Krankenhäuser und Altenheime, sondern auch in Privatwohnungen. Ein Novum in der damaligen Zeit.
„Bis zuletzt dem Geist der Hospizbewegung der 1980er-Jahre verpflichtet, hat es Antje als ihre Lebensaufgabe gesehen und darin Erfüllung gefunden, gemeinsam mit Gleichgesinnten der Tabuisierung von Sterben und Trauer in unserer Gesellschaft entgegenzuwirken“, berichten Brigitte Kollodej und Ilse Colombo.
Im Jahre 2000 wurde sie Mitinitiatorin bei der Gründung „Der Brücke“, deren Gesicht sie in Begleitungen und Seminaren, in der Vorstandsarbeit und in der Öffentlichkeit war.
Noch im Vorjahr mit dem Karl-Willi-Demgen-Preis ausgezeichnet
Als zuletzt der Unternehmerverein US-2 dieses große Engagement vor einem Jahr mit dem Karl-Willi-Demgen-Preis würdigte, konnte Antje Drescher die Auszeichnung aus Krankheitsgründen schon nicht mehr persönlich im Freischütz entgegennehmen.
„In großer Dankbarkeit nehmen wir nun Abschied von ihr“, erklären ihre Nachfolgerinnen im Vorstand der „Brücke“.
Reinhard Schmitz, in Schwerte geboren, schrieb und fotografierte schon während des Studiums für die Ruhr Nachrichten. Seit 1991 ist er als Redakteur in seiner Heimatstadt im Einsatz und begeistert, dass es dort immer noch Neues zu entdecken gibt.
