Der tägliche Kampf ums reine Wasser in Geisecke
Wasserwerke Westfalen
Anderthalb Millionen Menschen versorgen die Wasserwerke Westfalen täglich mit frischem Trinkwasser. Das Team um Leiter Stefan Hassel kämpft in Geisecke jeden Tag für eine bessere Qualität. Dabei ist die kaum noch zu steigern.

Meister des Wassers: Stefan Hassel, Leiter des Wasserwerks Westfalen, am Sandfilterbecken.
Idyllisch liegt es da, direkt an der Ruhr, umgeben von Wald, Wasser und teils in roten, denkmalgeschützten Backsteinbauten - das Wasserwerk in Geisecke. Manch Besucher spuckt bei so viel Idylle große Töne: „So wie ihr arbeitet, möchte ich mal Urlaub machen“ – eine Anekdote, die sich die Kollegen untereinander erzählen. Faulenzen aber kann hier keiner. Die Mitarbeiter haben alle Hände voll zu tun.
Wasserwerk arbeitet seit fast 100 Jahren
Seit fast einhundert Jahren arbeitet das Wasserwerk in Hengsen. Zusammen mit den fünf Schwesterwerken produziert es jährlich 100 Millionen Kubikmeter Trinkwasser für die Menschen zwischen Warendorf, Sassendorf, Balve und Bochum. Das ist so viel, dass Werksleiter Stefan Hassel zweimal täglich „die Westfalenhalle bis zum Rand füllen könnte“.
Es geht aber noch mehr, wenn man bedenkt, dass der Trinkwasserverbrauch in den 90er-Jahren doppelt so hoch war. „Damals, als im Ruhrgebiet noch Stahl, Kohle und Bier produziert wurden, war der Bedarf weitaus größer“, erklärt Hassel und trinkt einen Schluck aus der Kanne auf seinem Schreibtisch.
Wasser im Ruhrgebiet wird nicht mehr knapp
Wasser, natürlich selbst produziert und mit Kohlensäure versetzt, dürfen die 135 Mitarbeiter der Wasserwerke Westfalen GmbH so viel trinken, wie sie wollen. Jederzeit, denn knapp ist das Wasser im Ruhrgebiet seit der industriellen Revolution nicht mehr geworden, sagt Hassel. Damals reichten die Brunnen, aus denen die Menschen mit Grundwasser versorgt wurden, vorne und hinten nicht. Es war der Startschuss zum Bau des Wasserwerks.
Überdurchschnittlich hohe Verbräuche gibt es heute manchmal aber doch noch. „In der Halbzeit zum WM-Finale 2014 hatten wir ordentliche Ausschläge. Da sind Hunderttausende Deutsche zeitgleich zur Toilette gegangen“, weiß Tobias Otte. Er arbeitet in der zentralen Leitstelle und erkennt auf einer riesigen digitalen Tafel sofort, wenn etwas Ungewöhnliches im Wasserwerk passiert. Hassel erinnert sich an ein ähnliches Phänomen: Damals erschütterte ein leichtes Erdbeben das Ruhrgebiet. „Das hat viele Menschen um 2 Uhr morgens aufgeweckt – und offensichtlich zur Toilette getrieben.“
Wasser geht durch fünf Filtrationen
Wenn Stefan Hassel nach der Qualität seines Wassers auf einer Skala von 1 bis 100 gefragt wird, schießt es aus ihm heraus: „100!“ Das Wasser aus der Ruhr geht derzeit durch fünf Filtrationen. Zuerst leiten es die Experten in ein Sedimentationsbecken, so groß wie zwei Fußballfelder – im ruhenden Zustand fallen größere Schmutzpartikel zu Boden.
Anschließend kommen Sand- und Schotterfilter zum Einsatz. Auf Chemikalien verzichten die Wasserwerker seit rund sieben Jahren. Die lange Zeit gängige Desinfektion mit Chlordioxid wurde gegen UV-Bestrahlung abgelöst. Die Leuchtmittel sorgen dafür, dass Keime im Wasser keine Chance haben.
Moderne Aufbereitungsanlage entsteht neu
Und es geht noch sauberer. Südlich des Wasserwerks entsteht derzeit eine moderne Aufbereitungsanlage, die winzige Spurenstoffe im Nanobereich, die bis vor kurzem noch gar nicht bekannt waren, herausfiltern kann. 20 Millionen Euro kostet die Investition. Dem Wasser wird Ozon zugeleitet, das diese Schadstoffe oxidiert.
Zudem kommt ein Aktivkohlefilter zum Einsatz. „Wir wappnen uns mit dieser Technik für die Zukunft“, betont Stefan Hassel. Derzeit könne sein Team die behördlich vorgegebenen Grenzwerte zwar problemlos unterschreiten. „Mit dem wissenschaftlichen Fortschritt könnten diese Grenzwerte aber bald weiter sinken.“
Wasserqualität ist kaum zu steigern
Doch schon jetzt hat das Wasser eine hohe Qualität, die kaum zu steigern ist. „Sie können Ihr Leben lang zwei Liter täglich davon trinken – ohne dass sich das negativ auf den Körper auswirkt.“ In der Wassergütestation haben die Experten die Qualität immer im Auge.
Wenn sich hier am Trübungsgrad, der Leitfähigkeit oder dem PH-Wert etwas ändern würde, wären sie sofort alarmiert. „Als ich kürzlich in Süddeutschland im Urlaub war, wurde durch den örtlichen Radiosender eine Abkochempfehlung für das Leitungswasser gegeben. So etwas hat es bei uns in zwanzig Jahren nicht gegeben“, sagt er.
Hier hat nicht jeder Zutritt
Und auch sonst wird die Sicherheit hier groß geschrieben. Dafür stehen auch die hohen Zäune, von denen das Gelände umgeben ist. Dazu gibt es schwere Türen und Videokameras. Hier hat nicht jeder Zutritt. Denn sollten hier Terroristen zuschlagen, sind anderthalb Millionen Menschen gefährdet. „Wir wollen mal den Teufel nicht an die Wand malen“, sagt Stefan Hassel. „Aber wir schützen uns natürlich auch vor Einflüssen von außen.“
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