Am Gut Halstenberg stehen ganz besondere Bäume
Ein Pfeil, ein Reporter, 48 Stunden
Wir sind überzeugt, jeder Quadratmeter Schwerte bietet eine eigene Geschichte. Daher wagen wir ein Experiment und lassen Leser Dartpfeile auf den Stadtplan werfen. Über den Ort, in dem der Pfeil stecken bleibt, schreibt ein Reporter innerhalb von 48 Stunden eine Geschichte. Am Mittwoch bestimmte der Pfeil, dass es dieses Mal um die Roteichen am Gut Halstenberg in Ergste gehen soll.
Kürzlich stand Reinhard Schmitz, Redakteur in Schwerte, das erste Mal dort, wo der Dartpfeil von „Waage“-Wirtin Sylvia Schülke im Stadtplan steckengeblieben war. Viel ist da nicht los. Der Gutshof Halstenberg, um die Ecke ein Wald mit vielen Bäumen – aber eben nicht mit irgendwelchen Bäumen. Welche Geschichte er dort gefunden hat, berichtet er hier.
Die Samenspender sind 100 bis 120 Jahre alt. Mit kräftigem Grün an ihren Zweigen recken sie sich hoch in den wolkenverhangenen Himmel über dem Bürenbruch. Ganz besondere Roteichen wachsen in den Wäldern von Gut Halstenberg. Der Bestand ist vom Forstamt zertifiziert, um Saatgut für die Baumschulen liefern zu dürfen.
Nichts deutet für den Wanderer, der von den nahen Hügelgräbern auf dem Grävingholz herüberkommt, auf diese ganz besonderen Bäume hin. Selten sei die Art, die eigentlich aus Amerika stammt, in unserer Gegend nicht, berichtet Juniorchef Hendrik Wassermann (28). Doch diese Stämme, neben denen er den Motor seines VW-Amarok abstellt, haben es in sich: „Sie sind vom Wuchs her gut und von der Erbanlage.“
Wettrennen gegen Wildschweine
So gut, dass sie ihre Eigenschaften an neue Wälder weitergeben sollen. „Es gibt verschiedene Herkunften von Bäumen“, erklärt Wassermann: „Das richtet sich nach Böden und Höhen.“ Seine Roteichen wachsen 220 Meter über dem Meeresspiegel. An dieses Klima haben sie sich ideal angepasst.
Das Sammeln der herabgefallenen Eicheln im Herbst ist reine Handarbeit. Man muss den Wildschweinen und anderen Tieren zuvorkommen, auf deren Speiseplan die Früchte weit oben stehen. „Die durchschnittliche Tragmenge pro Jahr und Hektar beträgt sechs Tonnen“, sagt Wassermann. Wo und welche Wälder daraus gewachsen sind, weiß keiner. „In der Forstwirtschaft muss man nicht an sich denken, sondern an die nächsten Generationen“, erläutert Wassermann. Die Bäume, die er pflanze, werde er selbst nicht mehr ernten können.
Insgesamt 180 Hektar Forstfläche gehören – neben 80 Hektar landwirtschaftlich genutztem Land – zum Gut Halstenberg. Wie ein Labyrinth verschlingen sich die Wege, durch die uns der Geländewagen mit seinen 180 PS schaukelt. Hin und wieder säumen Bündel mit gespaltenem Brennholz den Wegesrand. Sie bleiben mindestens zwei Jahre zum Abtrocknen liegen. Dann ist ihre Restfeuchte soweit abgesunken, dass die Scheite sofort im Kamin verfeuert werden können.
Prächtiger Festtagsschmuck - Verkauf mitten im Wald
Kleine Lichtungen unterbrechen das Dunkel der Waldungen. Ganz bewusst angelegt. „Das sind kleine Äsungsflächen für das Wild“, berichtet Wassermann, der schmackhafte Kräuter und Pflanzen ausgesät hat. Die sollen Rehe und andere Tiere davon ablenken, die Rinde von den Bäumen abzuknabbern.
In seine Weihnachtsbaum-Kulturen hat Wassermann dagegen extra eine Herde Shoreshire-Schafe gesetzt. Mit ihrem Appetit halten sie Gras und Unkräuter kurz, damit sich die Blautannen (vier Hektar), Nordmanntannen (zwei Hektar) und Nobilistannen (ein Hektar) zu prächtigem Festtagsschmuck entwickeln können. Jedes Jahr im Advent – Start ist meistens zwei Wochen vor Heiligabend – beginnt der Verkauf am idyllischen Budendorf mitten im Wald. „Die Leute dürfen selbst schlagen“, sagt Wassermann: „Frischer geht es eigentlich nicht.“
Mit einem Studium der Landwirtschaft bereitet sich der 28-Jährige auf seine Lebensaufgabe vor: die spätere Leitung des traditionsreichen Gutshofes, der 1992 von seinem Vater übernommen worden war. Dazu gehört noch viel mehr als der Wald: Die braunen Durox-Schweine im offenen Stall auf Stroh. Die Mutterkuhhaltung mit Limousin-Rindern, deren Milch ausschließlich den Kälbchen gehört. Und die Trakehner-Pferdezucht von Wassermanns Mutter. In der Ferne kräht auch irgendwo ein Hahn. Nur die Karpfen und Barsche im Löschteich vor dem Hof-Ensemble bleiben stumm.
- Jeden Mittwoch wirft ein Leser der Ruhrnachrichten einen Dartpfeil auf den Schwerter Stadtplan.
- Über den Ort, in dem der Pfeil stecken bleibt, macht ein RN-Reporter eine Geschichte. Wie die aussieht, bestimmt er selbst. Ist es etwas Historisches, wohnt dort ein besonderer Mensch oder gibt es dort besondere Pflanzen?
- Einzige Auflage: Der Reporter hat nur 48 Stunden Zeit.
- Wenn Sie Lust haben, selbst den Pfeil zu werfen, melden Sie sich per E-Mail: lokalredaktion.schwerte@mdhl.de