
© Helmut Scheffler
Coronavirus: Pfadfinder fühlen sich von Politikern vernachlässigt
Coronavirus
Die Pfadfinder fühlen sich von den politisch Verantwortlichen fast komplett vernachlässigt. Das war Tenor eines Gespräches, das der FDP-Bundestagsabgeordnete Bernd Reuther mit ihnen führte.
Der Schermbecker Stammesleiter Manuel Schmidt, Anika Gesing, die Vorsitzende des Rheinberger Stammes Phoenix St. Anna, Christian Brüninghoff vom Heimatstamm St. Peter in Spellen, der Erfahrungen im Bezirksvorstand sammeln konnte, und Martin Deckers, der im Pfadfinder-Kreis Kleve für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, schilderten Reuther ihre Sorgen.
Um auf die Probleme der Pfadfinder in Corona-Zeiten aufmerksam zu machen, informierten die niederrheinischen Pfadfinderverbände zahlreiche Politiker auf verschiedenen Ebenen. 30 Pfadfinder-Stämme oder Ortsgruppen gibt es in den Kreisen Wesel und Kleve, in denen rund 3.500 Kinder und Jugendliche von Ehrenamtlern betreut werden.
Ende der 1970er-Jahre und in den 1980er-Jahren war Reuther selbst Mitglied des Pfadfinderstammes in Flüren, dem im Schermbecker Ortsteil Bricht die „Helmut-Marx-Hütte“ gehört. Reuther erinnerte sich gerne an die Jahre, in denen er als Pfadfinder an Gruppenstunden und Sommerlagern in Deutschland und in einigen europäischen Ländern teilnahm.
Corona beendete die Gruppenarbeit
Die gegenwärtigen Probleme der Pfadfinder haben zwei Gründe. Das Coronavirus hat die normale Gruppenarbeit ebenso beendet wie Sonderveranstaltungen der Stämme und die üblichen Sommerlager. Seit März 2020 sind in fast allen Stämmen Präsenz-Veranstaltungen eingestellt worden. Manche Stämme haben versucht, über Online-Veranstaltungen einen Austausch und gemeinsame Treffen der Gruppen aufrechtzuerhalten.
Zu solchen virtuellen Lösungen gehörten Spiel- oder Quiz-Abende ebenso wie Kochabende oder Rätselrunden. Aber das waren nur Notlösungen, denn zum Leben der Pfadfinder gehören gemeinsame Aktivitäten und der Geruch von brennenden Lagerfeuern.
Wenige Wochen vor den Sommerferien, in denen die Sommerlager stattfinden sollten, herrscht in den Pfadfinderstämmen noch Planungsunsicherheit. Gruppenangebote sind nach der neuesten Coronaschutzverordnung in der Kinder-/Jugendarbeit mit 30 jungen Menschen draußen, drinnen mit 20 möglich ohne Altersbegrenzung mit Test (und auch drinnen ohne Maske). Fällt die Inzidenz im Kreis Wesel dauerhaft unter 35 wären Gruppenangebote drinnen mit 30, draußen mit 50 jungen Menschen ohne Altersbegrenzung oder Tests möglich.
Unsicherheit herrscht aber noch zum Thema Sommerlager oder Gruppenstunden. Bernd Reuther versprach. „Ich werde mit dem NRW-Familienminister Joachim Stamp über diese Problematik sprechen.“
Kritik an der Impfreihenfolge
Als wenig hilfreich wurde seitens der Pfadfinder die gegenwärtige Regelung der Corona-Impfreihenfolge bewertet. Zwar gehören Mitarbeitende der Kinder- und Jugendarbeit zur Priorisierungsgruppe 3, aber da eine schnelle Beendigung der grundsätzlichen Impfpriorisierung immer lauter vorgetragen wird, habe das zur Folge, dass die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden der Jugendarbeit sich wie alle Menschen ohne Priorisierung um eine Impfung bemühen müssten, obwohl sie einen besonders wertvollen Dienst für die Gesellschaft leisten würden.
Im Gespräch wurden auch zwei strukturelle Probleme der Pfadfinder erörtert, die nichts mit dem Coronavirus zu tun haben. Die Kirche zieht sich immer mehr aus der Fläche zurück. Bei der Neuorganisation von gemeindlichen Aufgaben werden die Pfadfinder weitgehend vergessen.
Im Gespräch wurde bemängelt, dass auch von Jugendämtern eine dauerhafte Förderung nicht sichergestellt werde. Zwar seien die Jugendämter zur Förderung der Jugendverbandsarbeit verpflichtet, aber die Pfadfinder würden in eine regelmäßige finanzielle Förderung nicht mit einbezogen. Auf diesen Missstand wollen die Pfadfinder am 16. Juni im Rahmen der nächsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses im Weseler Kreishaus aufmerksam machen.
Im Verlauf von mehr als vier Jahrzehnten habe ich das Zusammenwachsen von acht ehemals selbstständigen Gemeinden miterlebt, die 1975 zur Großgemeinde Schermbeck zusammengefügt wurden. Damals wie heute bemühe ich mich zu zeigen, wie vielfältig das Leben in meinem Heimatort Schermbeck ist.
