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Betrugsvorwürfe gegen Ex-Lehrer: „Ich habe nicht beschissen“
Gerichtsprozess
Ein 54-jähriger ehemaliger Lehrer aus Schermbeck muss sich wegen Betrugsvorwürfen vor Gericht verantworten. „Ich habe mich manchmal blöd angestellt, aber ich habe nicht beschissen.“
Zwei Vorwürfe standen am Montag bei der Verhandlung am Weseler Amtsgericht im Raum. Zum einen soll der 54-jährige Schermbecker von Februar 2017 bis Februar 2019 zu hohe Leistungen aus dem Arbeitslosengeld (SGB II) bezogen haben.
Laut Anklage der Staatsanwältin soll er, obwohl er verpflichtet war, alle Einnahmen offenzulegen, Einkünfte verschwiegen haben, was dazu geführt haben soll, dass rund 12.400 Euro mehr an ihn und seine Großfamilie gezahlt wurden, als ihnen zugestanden hätten.
Außerdem soll der ehemalige Lehrer in einer Bewerbung geschummelt haben. Am 2. Januar 2019 habe er sich laut Staatsanwältin bei der Bezirksregierung um eine Stelle im Schuldienst beworben und im Anhang der E-Mail unter anderem einen unvollständigen Leistungsbericht einer Schule im Kreis Wesel verschickt, wo er in den Jahren 2011 und 2012 als Vertretungslehrer arbeitete.
Kritische Passage fehlte in der Bewerbung
In dem Zeugnis wird zunächst geschildert, dass der 54-Jährige mit seiner offenen Art bei Schülerinnen und Schülern beliebt war und neben dem Unterricht auch eine Fußball-Mannschaft und eine Naturkunde-AG aufgebaut habe. Doch in der Bewerbung fehlte die Passage, dass der ehemalige Lehrer sich nicht immer an Absprachen mit Kolleginnen und Kollegen gehalten habe und lernen müsse, dass sich schulisches Engagement „nur in einem Rechtsrahmen entfalten kann“.
Er habe „teilweise ganz schön unter Druck gestanden“, sagte der Angeklagte zur Erklärung und „nicht richtig hingeschaut“, welche Anlage er versandte. „Ich wollte mir keine Vorteile erschleichen.“ Der Staatsanwältin reichte diese Darstellung nicht: „Warum wird überhaupt etwas entfernt, wenn man das nicht benutzen will?“
„Die Frage ist nicht beantwortet worden“
Der ehemalige Lehrer schilderte daraufhin unter anderem, „dass ich persönlich gehetzt werde aus meinem früheren privaten Umfeld“. Von ihm seien ohne sein Zutun Arbeitszeugnisse in Sozialen Netzwerken im Umlauf. Gegen ihn laufe eine Kampagne, er habe bereits Gewaltschutzanträge gestellt. „Ich kann es nicht erklären, wie sie Zugriff hatten auf meine Daten.“ Dem Richter reichte das nicht: „Die Frage ist nicht beantwortet worden.“
Unstrittig sei, so sein Anwalt auf Nachfrage des Richters, dass die Datei übermittelt und empfangen wurde. Daraufhin wurden zwei Zeugen wieder ausgeladen.
8.000, 10.000 oder 12.000 Euro?
Blieben noch die Vorwürfe wegen der unberechtigten Zahlungen. Und da wurde es kompliziert. Der Angeklagte bestreitet die Höhe der an seine Bedarfsgemeinschaft angeblich zu viel gezahlten Summe. Nach der Zeugenbefragung zweier Mitarbeiter der Jobcenter Schermbeck und Wesel kursierten Summen von 8.000, 10.000 und mehr als 12.000 Euro. Wie viel davon bereits zurückgezahlt ist, konnte keiner der Zeugen angeben.
Vom Hauptzollamt habe man 2018 Kenntnis erlangt, dass es weitere Konten des Angeklagten gebe, so der Mitarbeiter des Schermbecker Jobcenters. Der Richter zitierte daraufhin aus einer BaFin-Abfrage alle Konten, auf die der Lehrer Zugriff gehabt haben soll und kam am Ende auf fast 20. Das komme ihm jetzt „sehr viel vor“, so der Zeuge.
„Nicht immer der Akkurateste“
Der Angeklagte entgegnete, darunter seien zwei Konten von Menschen, die wie er heißen. „Das bin nicht ich.“ Dann seien viele Konten bereits bis 2016 aufgelöst worden, also vor dem fraglichen Zeitraum. Er gestehe, „dass ich nicht immer der Akkurateste gewesen bin.“ Aber er sei auch keiner, „der Bock hat, im Leistungsbezug zu sein.“ Der 54-Jährige: „Ich habe mich manchmal blöd angestellt, das gebe ich zu, aber ich habe nicht beschissen.“
Die beiden Zeugen von den Jobcentern Schermbeck und Wesel wurden vom Richter mit Hausaufgaben in die Fortsetzungsverhandlung in drei Wochen geladen. Sie sollen den kompletten Vorgang ab 2017 in Kopie Richter und Anwälten zukommen lassen.
Berthold Fehmer (Jahrgang 1974) stammt aus Kirchhellen (damals noch ohne Bottrop) und wohnt in Dorsten. Seit 2009 ist der dreifache Familienvater Redakteur in der Lokalredaktion Dorsten und dort vor allem mit Themen beschäftigt, die Schermbeck, Raesfeld und Erle bewegen.
