Elisabeth schreibt Briefe an ihre Großnichte. Das erfährt man erst spät in „Nur nachts ist es hell“. Die junge Frau studiert Medizin, wie es einst ihre Großtante getan hat, als Frauen in der Medizin noch Seltenheitswert hatten.
Elisabeth, das jüngste von vier Kindern und einziges Mädchen, hat ihr Studium 1919 begonnen, nachdem sie im Ersten Weltkrieg als Lazarettschwester gearbeitet und alle Grausamkeiten des Krieges an der Front und daheim kennengelernt hatte. Sie blickt erzählend zurück und hüpft etwas konfus im Rückblick auf ihre Familiengeschichte und ihre Karriere als Gynäkologin durch sieben Jahrzehnte. Das macht das Lesen von Judith W. Taschlers Roman mitunter schwer.
Jüdische Familie kommt vor
Begleitet wird Elisabeth von Brüdern, die ihre Identität tauschen und die gleiche Frau lieben, einem Ehemann, der sein Leben lang unter seiner Kriegsversehrtheit und dem Verlust eines Arms leidet, und ihrer Zuneigung zu Patientinnen, vor deren Elend im Fall von ungewollten Schwangerschaften sie die Augen nicht verschließen mag. Auch eine verfolgte jüdische Familie auf der Suche nach Unterschlupf spielt eine Rolle in dieser Familiensaga über die Familie Brugger.
Wie zuvor in „Über Carl reden wir morgen“ hat Taschler sich auch hier eine Fortsetzung offengehalten. Großnichte Christina könnte darin eine Rolle spielen und Taschlers Erzähltalent auf eine neue Probe stellen.
Roman
Judith W. Taschler: Nur nachts ist es hell, 316 S., Zsolnay, 24 Euro. ISBN 978-3-5520-7507-8.
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