Alles an einem Tag „Am Tag, bevor der Frühling kam“ von Ella Cornelsen

Für die Pastorin Ellinor verändert dieser eine Tag zwischen Winter und Frühling wie unter einem Brennglas alles Beständige in ihrem Leben.

Ihre engste Vertraute und Nachbarin stirbt plötzlich, ihr Sohn verlangt Auskunft über seinen biologischen Vater, und die geschiedene Ellinor trifft zufällig ihre große Liebe wieder – ein bisschen viel für einen Tag, jenen „Tag, bevor der Frühling kam“. Aber Ella Cornelsen hat es so gewollt, hat ihre Protagonistin in einen eintägigen Strudel von Entscheidungen und Emotionen geführt, ohne dass den Lesern allzu schwindelig würde.

Ellinor ist Pastorin, 58 Jahre alt und im Gegensatz zur pensionierten Pfarrerin Cornelsen noch voll im Dienst. Die Corona-Pandemie hat gerade begonnen, als sie einen Auffahrunfall hat. Es ist Richard, ihre große Liebe, der mit einem lauten Knall in ihr Leben prallt, in dem er nie wirklich vergessen war, in dem sie sich aber ohne den verheirateten Vater eingerichtet hat.

Unerwartetes Wiedersehen

Mit Job, Mann und Kind, einer letztlich gescheiterten Ehe, einer beinahe ländlichen Idylle im Stuttgarter Norden in der liebevollen Nachbarschaft einer älteren Dame, die sich um Ellinor und ihren heranwachsenden Sohn kümmert. Auch mit Zufriedenheit in einem Beruf, der immer wieder den Tod in ihr Leben führt.

Nun dieser Tag: Das unerwartete Wiedersehen sorgt für Rückblenden, schöne und schmerzhafte Erinnerungen an die kurze Zeit mit Richard, der für Ellinor für immer verloren schien. Es ist der gelassenen, feinsinnigen Erzählweise von Ella Cornelsen zu verdanken, dass die leicht überfrachtete Geschichte die Leser nicht durch das Leben der Protagonistin hetzen lässt, sondern sie mit ruhigem Atem, aber nicht ohne Spannung, folgen lässt.

Große Liebe wagen

Es wird viel geliebt und (zu) viel gestorben in Ellinors Leben, das wird ihr an diesem Tag bewusster denn je. An der jahreszeitlichen Schnittstelle zwischen Winter und Frühling steht sie vor der Entscheidung, sich noch einmal an eine große Liebe heranzutrauen. Aber diese Liebe ist wie der Frühling, der unweigerlich kommt, sich nicht aufhalten lässt, aber von dem man nicht weiß, in was für einen Sommer er münden wird.

Ellinor kann mit dieser Ungewissheit leben und lieben. Das kann man in ihrem Alter. Ella Cornelsen weiß das.

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