Welche Frau aus NRW fliegt zuerst ins All?

Ringen um Astronauten-Job

Für viele ist es ein Kindheitstraum: Mit einer Rakete in den Weltraum fliegen und die Miniatur-Erde betrachten. Bislang erfüllte er sich in Deutschland nur Männern. Jetzt stehen zwei Rheinländerinnen bereit, es ihnen gleichzutun. Und sie haben sich schon gegen eine Menge anderer Frauen durchgesetzt.

Berlin/Köln

20.04.2017, 05:50 Uhr / Lesedauer: 2 min
Die Gewinnerinnen des Wettbewerbs «Die Astronautin» Insa Thiele-Eich (vorne l) und Nicola Baumann. Bis 2020 sollen die beiden Frauen fit für einen Flug zur ISS gemacht werden.

Die Gewinnerinnen des Wettbewerbs «Die Astronautin» Insa Thiele-Eich (vorne l) und Nicola Baumann. Bis 2020 sollen die beiden Frauen fit für einen Flug zur ISS gemacht werden.

Die eine ist ausgebildet für das Steuern von Kampfflugzeugen, die andere forscht an der Uni über Wetter- und Klimavorhersagen. Die eine freut sich locker und mit breitestem Lächeln, die andere wirkt zurückhaltender. Beide leben im Rheinland - in Köln und nahe Bonn - und haben das gleiche Ziel: erste deutsche Frau im All zu werden. Mit einer Jury-Entscheidung am Mittwoch sind die Pilotin Nicola Baumann und die Wissenschaftlerin Insa Thiele-Eich dem Traum ein Stückchen näher gekommen. Das sei ein „sehr überwältigendes Gefühl“, sagt Baumann der Deutschen Presse-Agentur, .

Beide Frauen hatten sich bei dem privaten Projekt „Die Astronautin“ beworben - wie 400 andere Kandidatinnen auch. Zuletzt waren noch sechs von ihnen im Rennen. Bei der Endauswahl kam es neben fachlichen und medizinischen Aspekten etwa auf Persönlichkeit, Lebensfreude und Teamgeist an, wie Jury-Mitglied und Ex-Astronaut Ulrich Walter sagt. Ein Astronaut müsse sich je nach Situation zurücknehmen können, aber auch Anführerqualitäten haben.

Vorbilder für Mädchen

Das Team hinter „Die Astronautin“ plant, Baumann oder Thiele-Eich spätestens 2020 als erste deutsche Frau für eine Mission auf die Internationale Raumstation ISS zu schicken. Letzter deutscher Astronaut dort war Alexander Gerst. Allgemein im All waren zehn weitere Deutsche, darunter Insa Thiele-Eichs Vater Gerhard Thiele. Frauen sind auf der ISS bislang insgesamt unterrepräsentiert, aber es gab sie - aus Italien etwa.

Dass es an der Qualifikation der Frauen hierzulande gewiss nicht mangelt, so viel hat die Initiative seit dem Start 2016 bewiesen. Ob eine Privatinitiative für ein solches Vorhaben das Richtige ist? Sie sei skeptisch gewesen, sagte Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) am Mittwoch. Ihr Urteil jetzt: „ganz großartig“. Die Ministerin war außerordentliches Jury-Mitglied - neben einer ganzen Reihe wichtiger Namen aus der Raumfahrt. Sie hofft, dass die Kandidatinnen Vorbilder für Mädchen sein können, die sich noch nicht so gern mit Naturwissenschaften beschäftigen.

Bezahlung per Crowdfunding

Für Nicola Baumann und Insa Thiele-Eich soll es noch in diesem Spätsommer mit einer Astronautinnen-Ausbildung losgehen. In blauen Raumfahrtanzügen traten sie Mittwoch schon vor die zahlreichen Kameras. Die Freude auf Elemente wie Tauchschein und Parabelflüge ist groß. Bei der Grundausbildung gehe es auch um elementare Fragen, so Ulrich Walter. Zum Beispiel: Wie funktioniert eine Rakete?

Doch da ist noch ein großer Haken: die Finanzierung. Zunächst kann jeder sich an Kosten für die Ausbildung beteiligten, per Crowdfunding. 50.000 Euro will Initiatorin Claudia Kessler bis Ende des Monats für erste Abschnitte sammeln. Erst gut die Hälfte ist eingegangen. „Ich habe zwischendurch auch mal gezweifelt, ob das wirklich so zusammenkommt“, sagt Insa Thiele-Eich. „Aber wer Frau Kessler einmal in die Augen geschaut hat oder ihr einmal zugehört hat, wie sie darüber spricht, der hat keine Zweifel mehr, dass die Finanzierung zusammenkommt.“

Keine Angst

Als Luft- und Raumfahrttechnikerin und Personalvermittlerin in der Weltraumbranche ist Kessler bestens vernetzt. Das ist auch nötig, denn ohne zahlungskräftige Sponsoren dürfte es schwierig werden: 50 Millionen Euro soll die Mission voraussichtlich kosten. Kessler gibt sich überzeugt, das zu schaffen. Immerhin: Ein Sportartikelhersteller hat schon Schuhe bereitgestellt, wie Kessler sagt.

Die Astronautinnen in spe jedenfalls sind bereit - von Muffensausen keine Spur. Baumann glaubt sich wegen ihrer Pilotenausbildung „schon sehr gut vorbereitet, weil das so ähnlich ist“. Welche Rolle spielt bei Insa Thiele-Eich die Karriere ihres Vaters? Auf das Thema ist sie weniger gut zu sprechen. Sie betont, die Raumfahrt sei ihre persönliche Leidenschaft. Ihr Vater habe zwar seine Begeisterung für Raumfahrt mit ihr geteilt, aber sie habe nie darauf hingearbeitet, um ihm nachzueifern.

Ein Konkurrenzkampf zwischen den beiden letzten Kandidatinnen scheint jedenfalls nicht zu befürchten. Baumann betont: „Wir sind ein Team und sind wirklich gemeinsam für diese Sache da.“ 

Mit Material von dpa