Starkünstler wollten die Welt erklären

Diskussion mit Peymann

Große Künstler wie Claus Peymann und Robert Wilson diskutierten im Kunstmuseum Bochum über den Zustand der Welt – und suchten verzweifelt einen Funken Hoffnung. Die rein männlich besetzte Runde lockerte ein weiblicher Überraschungsgast auf.

Bochum

, 19.03.2018, 13:46 Uhr / Lesedauer: 2 min
Theatermacher Claus Peymann im engagierten Zwiegespräch mit der Künstlerin und Vertreterin der „Jungen Wilden“ Elvira Bach.Foto: Kühlem

Theatermacher Claus Peymann im engagierten Zwiegespräch mit der Künstlerin und Vertreterin der „Jungen Wilden“ Elvira Bach.Foto: Kühlem

Die Welt spielt verrückt – vielleicht können uns Künstler erklären, was los ist. So brachte Moderator Michael Krons das Anliegen einer prominent besetzten Podiumsdiskussion im Bochumer Kunstmuseum auf den Punkt. Doch die Künstler schienen angesichts aktueller Phänomene wie dem Erstarken des Populismus oft ratlos. Claus Peymann sprach von einer „Rückkehr ins Mittelalter“.

Elvira Bach war der Überraschungsgast

Trotz eines Insolvenzverfahrens hat es Promivermittler Sascha Hellen noch einmal geschafft, in seiner Reihe „Herausforderung Zukunft“ neben Peymann den Theatermacher Robert Wilson, den türkischen Journalisten Can Dündar und Bochumer-Symphoniker-Chef Steven Sloane zu versammeln.

Und weil im letzten Moment wohl auffiel, dass rein männlich besetzte Runden, die die Welt erklären, etwas aus der Mode geraten sind, kam überraschend noch Elvira Bach dazu.

„Es geht um Bildung“


Bach gilt als Vertreterin der Jungen Wilden, einer Kunst-Bewegung der 1980er-Jahre, und machte diesem Namen alle Ehre. Wie ein verirrter Kommentator in den sozialen Medien grätschte sie einige Male mit heftigen Aussagen in die Runde: „Es geht nicht um das große Ganze! Es geht nur um die Authentizität des einzelnen Künstlers. Und darum, Bildung zu ermöglichen.“

Damit hatte sie ihren Mitdiskutanten etwas voraus: Auf den Punkt zu kommen. Peymann, der angesichts neuer Bilderstürmerei, Prüderie und dem erstarkenden Populismus das Ende der Aufklärung nahen sieht, gab sich offen ratlos: „Mir ist die Mitte abhandengekommen.“ Früher habe er als linker Regisseur für die Revolution gekämpft: „Doch der Traum vom Sozialismus ist in Ländern wie Russland und China massiv gegen die Wand gefahren. Heute ist Die Linke handzahm geworden – nett und sexy wie alle anderen.“

„Literatur gibt die Kraft zum Widerstand“

Einen Funken Hoffnung entdeckten immerhin Robert Wilson und Can Dündar in der Macht der Kunst. Dündar hielt während seiner dreimonatigen Haft in der Türkei vor allem die Gefängnis-Bibliothek am Leben: „Bücher und Kunst können uns zusammen bringen, Literatur gibt uns die Kraft zum Widerstand.“

Robert Wilson erinnerte an Anne Frank, die in ihren Tagebüchern trotz allem an das Gute im Menschen glaubte, und an Barack Obama, der auf einer Trauerfeier für die Opfer rassistischen Terrors ein Lied der Hoffnung anstimmte: „Amazing Grace“. „Kunst und Kultur können die Welt verändern“, so Wilson.

Für Steven Sloane, der lange in Israel gelebt hat, müssen allerdings auch konkrete politische Veränderungen her: „Die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem ist eine Provokation, ein gefährlicher Fehler.“ Und auch innerhalb der USA sieht er ein Problem: „Immer mehr Leute werden von der Politik abgehängt, glauben nicht mehr an die Demokratie.“