Rolf Linse hilft seit vier Jahrzehnten den Menschen in Indien

Prälat aus Bottrop

Seit 42 Jahren steht er jede Woche auf dem Markt und verkauft faire Lebensmittel. Rolf Linse sammelt seit 42 Jahren Geld und schickt es nach Indien, um den Ärmsten der Armen zu helfen. Ein Besuch bei dem katholischen Geistlichen.

Bottrop

, 19.04.2014, 11:40 Uhr / Lesedauer: 3 min

Spenden an St. Cyriakus:
Indienhilfe, Bottrop
IBAN DE22360602950065310031 BIC GENODED1BBE
Bank im Bistum Essen
Wenn eine Bestätigung für das Finanzamt gewünscht, bitte Name und Adresse angeben.

Das große Herz hat eine Adresse: ein in die Jahre gekommenes Häuschen an der Fernewaldstraße 277 in Bottrop-Fuhlenbrock. Im engen Flur stapelt sich das Altpapier, das der 80-Jährige immer noch sammelt, auch wenn es nur noch wenige Cent bringt. Dort stehen auch Kartons mit Kaffee, Tee, Schokolade, Nüssen und Honig. TransFair-Lebensmittel, die der katholische Geistliche samstags auf dem Markt verkauft. So wie die Korb- und Tonwaren, die er im Wohnzimmer aufbewahrt. Sie wurden von 44 Frauen in Bangladesh hergestellt.

Ein Handel, von dem alle profitieren. Die Frauen haben zwei Jahre lang einen Arbeitsplatz, verdienen für ihr Land beachtliche drei Euro am Tag und erhalten zum Abschied einen Zuschuss, um sich eine Kuh, ein Rad oder eine hölzerne Bude zu kaufen. „Damit können sie ihre Familie ernähren, sich eine Existenz als Händlerinnen aufbauen“, erklärt Prälat Rolf Linse. Er verkauft die Produkte auf dem Markt. Früher aus einem jahrzehntealten Anhänger heraus, Seite an Seite mit Mädchen und Jungen aus den beiden Bottroper Realschulen, die gemeinsam mit ihm 1972 die Indienhilfe ins Leben gerufen haben. Doch Rolf Linse ist längst kein Realschulpfarrer mehr. Und den verrosteten Anhänger musste er abgeben, „die Reparaturen konnte ich nicht mehr bezahlen“. So steht er jetzt mit Tischen auf dem Markt, direkt vor der Cyriakus-Kirche. Und wenn es regnet, flüchtet er nach gegenüber unter den Eingangsbereich von C&A. Seine Stammkunden finden ihn auch dort.

Auf dem Küchentisch, neben dem Kassenbuch, liegen Fotos. Sie zeigen den Monsignore aus Deutschland, wie er in indischen Dörfern Schulen und Krankenhäuser einweiht. Wie er Bäume pflanzt und Messen feiert. Wie er Hände von dankbaren Menschen schüttelt. Von Eltern, die überglücklich sind, dass ihre Tochter in die Schule gehen darf, die mit der Bottroper Indienhilfe gebaut wurde. Von behinderten, stolzen Jungen, die mit dem Spendengeld eine Ausbildung zum Schmied, Schlosser und Schweißer gemacht haben und jetzt selbst ihre Familie unterstützen können. Von Nonnen und Mönchen, denen der Prälat half, neue Klöster zu bauen. Ein ganz besonderes Bild allerdings, das liegt nicht auf dem Tisch. Das bewahrt Rolf Linse in seinem Safe auf, aber eine Kopie hat er stets bei sich. Das Foto von Mutter Teresa und ihm, mit einer Widmung auf der Rückseite. Er traf die Friedensnobelpreisträgerin im indischen Varanasi, wo sie als Ehrendoktorin ausgezeichnet wurde. „Ich werde diese Begegnung nicht vergessen. Noch nie habe ich eine Frau mit so einer großen Ausstrahlung getroffen. Sie war sichtlich beeindruckt und gerührt, als ich auf ihren Wunsch hin von unseren vielen Projekten erzählte.“

42 Jahre Indien-Hilfe, mehr als 3,5 Millionen Euro an Spendengeldern. Nächstenliebe, die sich auch in Zahlen, in Bauwerken ausdrückt: 10 Schulen, 10 Internate, 2 Kliniken, 5 Kirchen und Kapellen, 30 Einfamilienhäuser haben die Realschüler und allen voran der deutsche Monsignore in verschiedenen indischen Bundesstaaten errichtet, zudem den Bau von anderen Ausbildungsstätten und Klöstern unterstützt. Ein Leben für den Glauben. Rolf Linse war Messdiener, Realschulpfarrer, über 40 Jahre auch Blindenseelsorger. Und ist heute als Gottesmann unterwegs, wo er gebraucht wird: in Gemeinden, in Alten- und Pflegeheimen und natürlich in Indien.

Alles begann 1972, als der Bottroper von den Sorgen eines indischen Paters hörte, dem 6000 Mark fehlten, um ein Haus zu bauen, das er benötigte, um behinderte Jungen zu Schneidern auszubilden. Seitdem ist er 25 Mal nach Indien geflogen, bis auf eine hat er alle Reisen aus eigener Tasche bezahlt. Ende des vergangenen Jahres war er zwei Monate unterwegs, um 41 der 49 laufenden Projekte zu besuchen und zu kontrollieren. Er achtet genau darauf, dass jeder Cent dort ankommt, wo er benötigt wird, und die richtige Verwendung findet. „Bei der Eröffnung der Schulen habe ich gesagt, dass ich die Schulen sofort wieder abreißen lasse, wenn in jeder Klasse nicht mindestens 50 Prozent Mädchen sind.“

Der Deutsche weiß natürlich, dass Indien das einzige Land der Welt ist, in dem weniger Frauen als Männer leben. Dass viele Eltern Mädchen abtreiben oder nach der Geburt töten, weil der Hinduismus sie ansonsten zu etwas zwingt, was sie nicht schaffen können: später die Aussteuer für die Tochter zu zahlen. In der Vitrine neben der Haustür liegen Geschenke, kleine Kunstwerke. Auf Medaillen und Urkunden danken ihm die indischen Freunde, nennen ihn „Edelstein der Nächstenliebe“ und „Vater der Behinderten“. Irgendwann wird er nicht mehr helfen können. Wer kümmert sich dann um seine Kinder in Indien? Sie werden auch weiterhin 6 Euro im Monat brauchen, um eine Schule zu besuchen. Und 3 Euro, um einen Monat lang satt zu werden.

Spenden an St. Cyriakus:
Indienhilfe, Bottrop
IBAN DE22360602950065310031 BIC GENODED1BBE
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