Nur der Sturm in „Der Marsianer“ ist Unsinn

FIlm im Reality-Check

Allein auf dem Mars - diese Geschichte bewegt die Kinogänger. Wie der gestrandete Astronaut Mark Watney (Matt Damon) im Film "Der Marsianer" eine Katastrophe nach der anderen überlebt, bietet spannende Unterhaltung. Doch wie realistisch ist dieses Drama? Unsere Fragen und Antworten zum Thema.

BOCHUM

, 15.10.2015, 16:57 Uhr / Lesedauer: 2 min
Kartoffeln auf dem Mars anbauen? Das könnte wirklich klappen.

Kartoffeln auf dem Mars anbauen? Das könnte wirklich klappen.

Gibt es wissenschaftliche Fehler im Film?

Es gibt einen ganz großen, den Andy Weir als Autor der Buchvorlage bewusst in Kauf genommen hat: den dramatischen Sturm gleich zu Beginn, in dem die Crew der "Ares-Expedition" ihren Kollegen Mark Watney scheinbar verliert. Gleichzeitig gerät das Raumschiff in eine gefährliche Schieflage. Darüber muss Susanne Hüttemeister, Astronomie-Professorin und Leiterin des Planetariums Bochum, schmunzeln. "Ein Sturm auf dem Mars könnte keine Kaffeetasse umwerfen", sagt sie. Zwar gibt es auf dem Mars globale Staubstürme. Doch die Atmosphäre ist sehr dünn, der Luftdruck nur ein Hundertstel so groß wie auf der Erde.

Und wie steht es mit Strahlung?

"Das wird im Buch und im Film nicht angesprochen. Aber eine reale Marsmission müsste sich darüber Gedanken machen", sagt Susanne Hütemeister. Der Mars hat keine Ozonschicht und kein Magnetfeld. Das Krebsrisiko würde deutlich steigen. "Die Astronauten müssten in eine Höhle ziehen oder sich eingraben", erklärt Hüttemeister.

Sieht es auf dem Platen Mars wirklich so aus?

Hüttemeister: "Boden- und Himmelsfarbe stimmen". Tafelberge gibt dort tatsächlich. Der Film ist in Jordanien gedreht worden. Ob die Berge auf dem Mars jedoch so vom Wind abgeschliffen worden sind wie im Wadi Rum, weiß die Wissenschaft nicht.

Der alte Mars-Lander "Pathfinder" hilft dem gestrandeten Astronauten, Kontakt zur Erde aufzunehmen. Kann er noch so gut in Schuss sein?

"Warum nicht?", fragt Susanne Hüttemeister - "Wenn man ihn wieder mit Energie versorgen kann." Im Buch ist der Pathfinder halb mit Staub bedeckt, im Film ist er tief im Sand vergraben. Hüttemeister hält die Buch-Variante für wahrscheinlicher. "Aber letztendlich weiß es niemand." Die Astronomin erinnert sich noch gut an die Aufregung, als der "Pathfinder" 1997 auf dem Mars landete. Astronomie-Fans aus aller Welt suchten Infos im Internet: "Da sind die NASA-Server zusammengebrochen."

Was ist mit der Kartoffelzucht?

Um zu überleben, pflanzt Astronaut Mark Kartoffeln an. "Das ist ziemlich gut", lächelt Hüttemeister - obwohl sie bezweifelt, dass eine Mars-Mission einen Botaniker mitnehmen würde. Der Boden auf dem Mars ist steril, weil es kalt und trocken ist. Dazu kommt die Strahlung. Aber in der beschriebenen Weise - mit den eigenen Ausscheidungen als Dünger - könnte der Trick funktionieren.

Wie realistisch ist die Mars-Mission geschildert?

Das kann die Professorin nur loben. "Wenn man es machen wollte, müsste man es so machen", betont sie. Besonders das frühzeitige Vorausschicken von Vorräten sei sinnvoll. Auch das Swing-by-Manöver, mit dem die Crew beim Flug um die Erde herum Schwung nimmt und zu Mark Watney zurückkehrt, ist korrekt berechnet. "Das wäre tatsächlich möglich", betont Hüttemeister. Auch das Ende findet sie vorstellbar (nur die Sache mit dem Loch im Handschuh eher nicht). Jedenfalls sei das Ganze durchdachter als "Gravity" - jener Science-Fiction-Film, in dem Sandra Bullock von der ISS in die chinesische Raumstation Tiangong wechselt. "Himmelsmechanisch unmöglich", kritisiert Hüttemeister.

Und wann wird der Mensch wirklich zum Mars fliegen?

"Das scheint seit Jahrzehnten immer 30 Jahre entfernt zu sein", seufzt Hüttemeister. Eine Marsmission würde Milliarden von Euro kosten und gewaltige Ressourcen verschlingen. Die Astronomin vermutet, das sich die ganze Welt dazu zusammenschließen müsste. "Aber vielleicht machen es die Chinesen auch einfach." Auf jeden Fall müssten unbemannte Missionen vorausgehen, bevor man Menschen auf den roten Platen schicken könnte.

Das Zeiss Planetarium Bochum, Castroper Str. 67, startet derzeit drei neue Programme: "Jules Verne Voyage" bietet eine fantastische Bilder-Reise. "Traumzeit" kombiniert Weltall-Bilder mit klassicher Musik, und "Cirque de la Sphere" ist ein Programm mit Independent-Musik. Karten unter Tel. (0234) 516060.