Armut, Kriminalität und Korruption thematisierte 1728 schon John Gays „Beggar’s Opera“. Brecht und Weill übertrugen die Thematik 200 Jahre später mit der „Dreigroschenoper“ in ihre Zeit. Seit der Premiere des Urban Arts Ensemble Ruhr am Freitag im Theater Oberhausen gibt es nun ein weiteres Update: „MC Messer“. Balladen oder Songs sind neumodisch durch Rap ersetzt. Das Ganze firmiert als Hip-Hop-Operette.
Die alte Ganovengeschichte ist im Wesentlichen auf die Liebesgeschichte zwischen Polly und Macheath (Mackie Messer), der jetzt hipper MC Messer heißt, heruntergebrochen. Letzterer erfährt eine Neudeutung als Ausländer aus der Unterschicht. Pollys Eltern verhindern diese Liaison und stehen dabei stellvertretend für Macht, Diskriminierung und Rassismus in Deutschland.

Angesichts der insgesamt dürftigen Handlung überrascht, dass es neben Regisseur Neco Celik mit Matthias Faltz und Marc Becker sogar noch zwei weiterer Autoren für diesen Bettleroper-Aufguss bedurfte.
Im Mittelpunkt des Abends steht MC Messer, den der Rapper mit Künstlernamen Shrimp Cake als klischeehaften Fremden gibt, der Tarzan-hafte Urlaute ausstößt und sich selbst zum Kanaken stilisiert. Gleichermaßen karikaturenhaft kommt auch das weitere Ensemble daher. Besonders unglaubwürdig ist die von Darstellerin Bush.ida gespielte Polly, die sich unmotiviert vom naiven Prinzesschen in eine selbstbewusste Rebellin verwandelt.
Tanz kommt zu kurz
Die Rap-Texte beider berühren bei aller Dringlichkeit teilweise peinlich mit platten Sprachbildern und Reimen. Sie bilden damit einen scharfen Kontrast zur von Michael Lohmann komponierten, von einem exquisiten Funk-Jazz-Quintett gespielten Musik.
Die zwei Tänzerinnen und drei Tänzer des Urban Arts Ensemble Ruhr kommen bedauerlicherweise zu kurz. Anfangs noch gebührend in Szene gesetzt, werden sie mehr und mehr zur bloßen Staffage. Und das, wo die „MC Messer“-Premiere eingebunden war ins erste „PottClash“-Festival, das im Theater Oberhausen das gesamte Wochenende über mit Darbietungen und Workshops den urbanen Tanz feierte.
Weitere Aufführungen
Termine: 26. 4., 7. / 8. 5., 28. 6.2024; Karten: Tel. (0208) 85 78 184.
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