Neue Vorwürfe im Fall Amri - Ermittlungen
Befragungen in Düsseldorf und Berlin
Hätte der Terroranschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt verhindert werden können? Dieser Frage geht sowohl ein Untersuchungsausschuss im Düsseldorfer Landtag, als auch das Abgeordnetenhaus in Berlin am Donnerstag nach. Neben Versäumnissen geht es nun um bewusste Verschleierung.
In Berlin stehen Mitarbeiter des Landeskriminalamtes (LKA) inzwischen im Verdacht, entscheidende Ermittlungsergebnisse zurückgehalten und sogar manipuliert zu haben. Landesregierung hat Strafanzeige gestellt wegen Strafvereitelung.
Das Berliner Abgeordnetenhaus will am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde über den Fall diskutieren. Nach Erkenntnissen der Behörden hätte Amri möglicherweise vor dem bislang folgenschwersten islamistischen Terroranschlag in Deutschland festgenommen werden können.
Verhaftung wäre möglich gewesen
Nach Angaben von Innensenator Andreas Geisel (SPD) tauchte bei der Arbeit von Sonderermittler Bruno Jost ein neues Dokument zu einer Telekommunikations-Überwachung auf, in dem Amri bereits im November gewerblichen Drogenhandel vorgeworfen wurde. Bislang waren die Ermittler von Kleinsthandel ausgegangen, was nicht für eine Festnahme gereicht hätte. Diese Formulierung hatte offenkundig nachträglich einen Weg in die Akten gefunden. Über Motive lasse sich nur spekulieren. Möglicherweise hätten Polizisten vertuschen wollen, dass sie den Terroristen schon im November hätten festnehmen können.
„Auf der Grundlage des Straftatbestands gewerbsmäßiger, bandenmäßiger Handel mit Betäubungsmitteln wäre eine Verhaftung wohl möglich gewesen“, so Geisel. So hätte der Anschlag am 19. Dezember, bei dem zwölf Menschen starben und 67 weitere verletzt wurden, wohl verhindert werden können.
Die vorerst letzten Zeugen werden in Düsseldorf befragt
Im Düsseldorfer Landtag geht es mehr um mögliche Versäumnisse der nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden. In der Landeshauptstadt kommt der Untersuchungsausschuss des Landtags zum letzten Mal in dieser Wahlperiode zusammen. Seit drei Monaten untersucht er, wie es dem Tunesier das Attentat gelingen konnte, obwohl er als islamistischer Gefährder im Visier der Behörden stand.
In der Sitzung werden die vorerst letzten 4 von 44 Zeugen befragt. Die Aufklärungsarbeit zu dem Terroranschlag soll aber voraussichtlich vom neuen Parlament fortgesetzt werden. Angesichts der neuen Erkenntnisse in Berlin werden Rufe nach weiteren Untersuchungsausschüssen laut. Die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, forderte ein solches Gremium im Bundestag. „Ein Untersuchungsausschuss ist dringlicher denn je“, sagte sie der „Berliner Zeitung".
dpa