Magie der Bücher: „Das Mädchen, das in der Metro las“
Die Autorin Christine Féret-Fleury lässt die Figuren ihres märchenhaften Romans die Kraft der Bücher spüren und macht damit selbst Mut, das Leben endlich in die eigene Hand zu nehmen.

„Das Mädchen, das in der Metro las“ von Christine Feret-Fleury. Foto: DuMont Buchverlag
Juliette, Protagonistin in Christine Féret-Fleurys Roman „Das Mädchen, das in der Metro las“, erscheint wie ein Paradebeispiel für einen Bücherwurm.
Als Angestellte eines glanzlosen Pariser Maklerbüros mit einem anstrengenden Chef und einer nervigen Kollegin, wenigen Freunden und häufig wechselnden, unbedeutenden Liebschaften führt sie ein tristes Leben. Aufregung, Abwechslung und Abenteuer sucht und findet Juliette einzig in ihren Büchern.
Bücher, die sich überall in ihrer Wohnung, an ihrem Arbeitsplatz, in ihren Taschen befinden. Bücher, die Juliette alles bedeuten und die sie hütet wie Schätze - ganz gleich, ob es sich dabei um Sachbücher, Bildbände, Schmöker oder Klassiker handelt. Mit anderen Worten: Bücher sind ihr Leben. Doch eines Tages durchbricht sie die Monotonie ihres Daseins - schlicht, indem sie an einer anderen Metro-Haltestelle als gewöhnlich aussteigt. Und ohne es zu wollen, wird sie von den Wirrungen des Lebens überrollt.
Unversehens findet sie sich in der Privat-Bibliothek eines noch viel größeren Büchernarrens als sie wieder. Soliman, wie der verschrobene Mann in Féret-Fleurys Roman heißt und den Juliette anerkennend als „einen Leser“ bezeichnet, beschäftigt für sich sogenannte Bücherkuriere. Sie befolgen den Auftrag, Bücher an Personen zu verschenken, die diese auf den richtigen Weg führen sollen. Eine vielbelesene, einfühlsame Person wie Juliette ist wie gemacht für den Job.
In Solimans Bücherlager lernt sie nicht nur noch mehr Autoren und bedeutende Werke kennen, sondern trifft auch auf Gleichgesinnte. Nach und nach bemerkt auch Juliette durch die Nähe zu den Büchern, die darin versteckten Weisheiten und die Gespräche darüber eine Veränderung. Am Ende geben die Bücher auch ihr die Kraft und den Mut, ihrem Leben eine gänzlich neue Richtung zu geben.
Christine Féret-Fleury nimmt ihre Leser in „Das Mädchen, das in der Metro los“ mit in eine magische Welt voller Bücher. Sie versteht es gut, eine fabelhafte Kulisse für ihren Roman zu schaffen: Den Orten, Personen und Handlungen in ihrem Roman verleiht sie etwas Märchenhaftes. Dass sich selbst die Protagonistin manches Mal in einer Scheinwelt wähnt, verstärkt diesen Effekt.
Jeder Zeile des Romans merkt man die Liebe einer ehemaligen Lektorin zur Welt der Literatur an. Es ist ein wahres Feuerwerk an großen Namen von Dichtern, Denkern und Literaten das Féret-Fleury abfeuert. Kaum einer jedoch wird alle genannten Werke gelesen haben, die obendrein weder groß beschrieben noch eingeordnet werden. Das kann entweder dazu motivieren, die eigene Lese-Liste um viele Namen und Titel zu erweitern oder etwas erschlagend wirken.
Dass die Autorin eine ganze Märchenwelt auf nur 165 Seiten erschaffen hat, birgt jedoch auch Nachteile: Nicht immer sind die Figuren in nötiger Detailliertheit beschrieben oder Handlungssprünge und Ortswechsel klar herausgearbeitet. Leser fühlen sich dadurch womöglich etwas verloren in dieser wundersamen Geschichte. Alles in allem ist der Roman dennoch eine zauberhafte und lesenswerte Geschichte über die magische Wirkung von Büchern, das Leben ihrer Leser zu verändern.
- Christine Féret-Fleury: Das Mädchen, das in der Metro las, Dumont, 176 Seiten, 18,00 Euro, ISBN 978-3-8321-8994-5.