Kubas goldene Ära kommt live auf die Bühne
Konzerthaus Dortmund
Das Kuba der Gigolos war einmal, die Musik gibt es noch: „The Bar at Buena Vista“ beschwört den Glanz des alten Havanna. Ab dem 23. März ist die Show in Dortmund, Köln und Düsseldorf zu sehen.

Die Show „The Bar at Buena Vista“ ist eine Hommage an die Tänzer und Musiker aus Havannas Glanzzeit als Vergnügungsmetropole. Foto: Christian Kleiner
Ein Freitagnachmittag in Kubas Hauptstadt. Die schlaglochreichen Altstadt-Gassen Havannas sind ein quirliges Gewusel aus Einheimischen und Touristen. Die einen gehen ihren Geschäften oder ihrem Feierabend nach. Die anderen suchen nach Orten, die im Reiseführer stehen: Revolutionsmuseum, Hemingways Lieblingsbar, dies und das.
Eine musikalische Zeitreise in Havanna
Etwas abseits des Trubels betritt unsere Reisegruppe eine Bar in einer kleinen Seitenstraße. Am Haus hängt ein Neonschild, an der Ecke liegt malerisch hingeworfen ein Schutthaufen, von außen scheint das Lokal nicht wirklich sensationell. Und doch wird die Bar in den nächsten zwei Stunden zum Ort einer musikalischen Zeitreise.
Unsere Lotsen in die Vergangenheit sind Herren und eine Dame gehobenen Alters, kubanische Entertainer der alten Schule, die unter dem Siegel „The Bar at Buena Vista“ für uns singen und tanzen. Sie heißen Ignacio Carrillo (93), Rene Pérez Azcuy (77), Siomara Avilia Valdés Lescay (um die 80) oder Luis Chacon Mendive (Jahrgang 1939), ein legendärer Rumbatänzer, der uns Gringos noch zeigen wird, was eine kesse Sohle ist.
Vollblut-Entertainer auf der Bühne
Castros Sozialismus hat ihnen auch magere Jahre beschert. Dem Charme, dem Feuer, der Klasse und Würde dieser Vollblut-Entertainer kann eine Revolution aber nichts anhaben. Musik liegt den Kubanern vermutlich in den Genen – und tröstet sie mit Sicherheit auch über die Härten sozialistischer Mangelwirtschaft hinweg.
Sprechen wir also vom fidelen Kuba vor 1959, das diese Großväter „in full swing“ erlebten: Ihre „Buena Vista“-Show (betitelt nach der Kult-Bar, deren Mythos auch Ry Cooder und Wim Wenders entzückte) entführt uns in Havannas goldene Ära.
Das Las Vegas in der Karibik
Als Casinos, Nachtclubs und Revuen brummten, und die Insel feine und nicht so feine Pinkel magisch anzog. Kuba war das Sündenbabel an der Sonne, ein Las Vegas in der Karibik, wo Amerikas Gangster Hof hielten und die Puppen tanzen ließen. Aus Sicht seiner Musiker, Tänzer, Arrangeure und Choreografen war Havanna ein Dorado: Jobs, Trinkgeld, Highlife.
Sicher ist mit der Romantisierung von Kubas Glitzerleben auch Legendenbildung verbunden, aber dass die Insel nach dem Krieg zum Mekka der Reichen, Schönen, Amüsierwütigen wurde, ist wahr. Wer also spielte damals zu Tanz und Unterhaltung auf? Kubanische Künstler wie Siomara Valdés, die 1950 ihre Karriere als Sängerin startete und im berühmten „Tropicana“ gastierte.
Voller Stil und Eleganz
Verlernt haben die Alten nichts, wie sie beim Konzert in der Bar beweisen, begleitet von Top-Musikern, die mit auf Europa-Tournee gehen. Mit Piano, Gitarre, Bass, Congas und Perkussion legt die Band einen frisch-fröhlich vitalen Sound vor, kubanischen Son, der das Erbe Afrikas und Spaniens in sich trägt, Indigenes und amerikanischen Jazz atmet und jederzeit gute Laune macht mit seinem entspannten Kopfnicker-Drive.
Mendive tanzt eine Rumba und bezirzt die Partnerin schalkhaft mit einem roten Tuch. Siomara ist eine Diva in Stimme und Ausstrahlung. Die Lieder haben Seele, die Sänger verströmen die Güte und Weisheit derer, die viel sahen und alles wissen: über die Liebe, das Leben und das alte Havanna. Das geht ans Herz, versprochen! Die Show wird Sänger, Musiker, Tänzer im Bühnenbild einer Bar präsentieren: Grüße aus einem Kuba voller Stil und Eleganz.
Durchs offene Fenster applaudieren die Zaungäste vor der Bar. Alter Künstleradel findet eben überall sein Publikum.
Das sagt der Regisseur zu der neuen Show:
Toby Gough ist Regisseur und Impresario von „The Bar at Buena Vista“, der in der Show als Conférencier auftritt. Kai-Uwe Brinkmann traf den Wahl-Kubaner und Zigarrenraucher in der von Gough geführten Bar in Havanna.
Mister Gough, Sie beschwören vor Publikum eine Musik und ein Lebensgefühl von früher. Aus Nostalgie? Worin liegt die Faszination?
Nostalgie ist im Spiel, aber unsere Show hat nichts Museales. Die alten Herrschaften auf der Bühne sind putzmunter und dabei älter als Mick Jagger. Das Publikum sieht lebende Zeugen einer untergegangenen Epoche, die uns eine mitreißende Musik geschenkt hat, die wir mit dem Publikum teilen.
Was ist das Besondere an den Klassikern der 50er-Jahre?
Diese Lieder sind vertonte Poesie, sie kreisen um Flirt, Romanze und gebrochene Herzen. In der aktuellen Musik, etwa im Reggaeton, den man auf Kuba hört, wird über Materielles gesungen. Dickes Auto, Goldkettchen. Kubas Kommunismus hat paradoxerweise eine der materiellsten Gesellschaften überhaupt hervorgebracht. Wir dagegen tauchen in eine Zeit der Romantik ein, wo allein die Gefühle zählen. Das hat speziellen Charme.
Finden Sie denn noch Künstler dieser Zeit?
Keine Sorge. Kuba ist ein großer Pool von Talenten der alten Schule. Es ist Teil meiner Mission, in kubanischen Bars zu sein und diese Leute zu finden. Ich rauche, trinke, höre mich um und treffe die erstaunlichsten Musiker.
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