Installationen der Ruhrtriennale sind ernst, aber sehenswert
Festival hat begonnen
Das Festival Ruhrtriennale hat am Freitagabend mit einer Rede von Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller und der Oper „Pelléas et Mélisande“ von Claude Debussy begonnen. Die Triennale hat am Freitag aber auch drei sehenswerte Kunst-Installationen vorgestellt, die ab sofort kostenlos zu erleben sind.
Das Video „Frei-Bad“ ist extrem erschütternd. Wir blicken auf Familien, die im Wasser toben. Dann ist auf der Tonspur eine Bombenexplosion zu hören, Schreie, Schüsse. Das Video zeigt nur noch das Wasser – und ein paar Badelatschen am Rand.
Die preisgekrönten Filmemacher Ulrike Franke und Michael Loeken haben die Soundcollage von Ersan Mondtag bebildert. Natürlich hat keiner der Künstler geahnt, dass die Video-Installation „Truck Tracks Ruhr – The Compilation“ kurz nach den Terror-Anschlägen von Barcelona eröffnen würde.
1. Pessimistisch, aber prima:
Joep van Lieshout (53) und sein Team haben wieder das Kunstdorf „The Good, The Bad and the Ugly“ (Die Guten, die Schlechten und die Hässlichen) vor der Jahrhunderthalle Bochum aufgebaut. Das Motto in diesem Jahr heißt „The End of Everything“ (Das Ende von allem).
Damit meint der sympathische Künstler nicht nur, dass er zum dritten und letzten Mal in Bochum zu Gast ist. „Wir leben in einer Zeit, die sich ständig ändert – etwa durch die Roboterisierung“, erklärte er gestern. Das werfe Fragen zur Geschwindigkeit gesellschaftlichen Umbaus auf. „Haben wir Zeit oder sind wir schon zu spät?“ fragte van Lieshout.
Seine Arbeiten legen allerdings nah, dass wir uns in Richtung Vernichtung bewegen. Eine riesige Presse – der „Bronco“ knackt Bäume mit einer Kraft von 100 Tonnen – macht vor der Halle aus unserer Zivilisation Kleinholz. In der Jahrhunderthalle selbst warten Abrissbirnen aller Art.
Bestes Stück sind die verbrannten Feuerlöscher. Netter O-Ton des holländischen Künstlers: „Die habe ich erst geplatzt und dann abgefackelt.“ Obwohl der Skulpturenreigen originell ist: Weil man vieles schon kennt, ist die Luft ein bisschen raus.
2. Simpel, aber sinnvoll:
33 Neonröhren bilden am Westgiebel der Jahrhunderthalle das Wort „Europa“ – ein Hingucker auch für die vielen Radler, die die vorbeiführende Trasse nutzen. Die Architekten Caro Baumann und Johannes Schele vom Büro „moreplatz“ aus Berlin haben die Aktion erdacht. „Die Idee war, ein positives Zeichen für Europa zu setzen“, so Triennale-Dramaturgin Dorothea Neweling.
3. Die absolut beste Installation:
Die beste Installation ist aber „Truck Tracks Ruhr – The Compilation“ (Zusammenstellung) in der Mischanlage der Essener Kokerei Zollverein. Zur Vorgeschichte: 2016/2017 waren insgesamt 5600 Menschen mit „Truck Tracks Ruhr“ unterwegs.
Nach einer Idee der Künstlergruppe Rimini Protokoll nahm das Publikum in einem Lastwagen mit einer gläsernen Seitenwand Platz. Der LKW stoppte in sieben Städten jeweils sieben Mal, die Menschen lauschten dabei einem Hörspiel. Das Spektakel war immer ausverkauft – ein Riesenerfolg für die Veranstalter, die Urbanen Künste Ruhr.
Die Installationen der Ruhrtriennale
Jetzt dürfte aus der dazugehörigen Video-Installation ebenfalls ein Hit werden. Die Wittener Grimme-Preisträger Michael Loeken und Ulrike Franke („Göttliche Lage“) haben ein Jahr lang alle 49 Hörspiele verfilmt. „Die Arbeit über eine lange Zeit sind wir gewohnt“, sagte Loeken.
Herausgekommen ist ein brillant fotografiertes Panorama des Ruhrgebietes im Fünf-Minuten-Takt. Der Zuschauer hockt bequem zwischen den riesigen Kohletrichtern, lauscht dem Ton über Kopfhörer und staunt über die mal heiteren, mal lyrischen, mal informativen Videos.
"Frei-Bad" ist schwer auszuhalten
Nur einmal, bei der Soundcollage „Frei-Bad“ von Ersan Mondtag („Nachwuchsregisseur des Jahres“), ist den Filmemachern die Arbeit wohl richtig schwer gefallen. Denn auf der Tonspur explodieren Bomben, Schreie sind zu hören. „Die Arbeit ist schon sehr gewagt“, sagte die gebürtige Dortmunderin Ulrike Franke.
Das Duo hat lange darüber nachgedacht, welche Aufnahmen des Freibades in Recklinghausen möglich wären. Sie haben schließlich mit großem Können Bilder geschaffen, die die allgegenwärtige Möglichkeit eines Terroranschlags andeuten, ohne zu konkret zu werden. Das Video ist dennoch schwer auszuhalten, aber das gilt für die Wirklichkeit momentan ja auch.
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