Für wen sich Pflegezusatzversicherungen lohnen

Schutz vor Finanzierungslücken

Jeder Versicherte in einer gesetzlichen Krankenkasse zahlt auch in die Pflegeversicherung ein. Doch sie kommt nicht für alle Kosten im Pflegefall auf. Wer sich zusätzlich absichern will, schließt eine private Pflegezusatzversicherung ab. Fachleute raten dazu, die Angebote ganz genau zu prüfen.

DORTMUND

, 19.11.2016, 05:51 Uhr / Lesedauer: 3 min
Auch die Frage, wo man bei Pflegebedürftigkeit leben möchte, spielt bei der Wahl einer Zusatzversicherung eine wichtige Rolle.

Auch die Frage, wo man bei Pflegebedürftigkeit leben möchte, spielt bei der Wahl einer Zusatzversicherung eine wichtige Rolle.

„Die Pflegeversicherung ist ein Teilleistungssystem, man muss also in aller Regel selbst etwas zu den Kosten der Pflege beitragen“, sagt Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Und er fügt hinzu: „Menschen, die sich das nicht leisten können, bekommen im Rahmen der Sozialhilfe die notwendige Unterstützung zur Pflege.“ Während sich die Zahl der Pflegebedürftigen zwischen 2004 und 2014 um 33,4 Prozent erhöht hat, stieg die Zahl der Empfänger dieser sogenannten „Hilfe zur Pflege“ in diesen zehn Jahren sogar um 37,8 Prozent.

Bis allerdings der Sozialhilfeträger einspringt, um die Finanzierungslücke zwischen Leistungen aus der Pflegeversicherung und den tatsächlichen Pflegekosten zu stopfen, müssen die Betroffenen zunächst selbst verschiedene eigene Finanzquellen ausschöpfen. So werden etwa Rente, privates Vermögen, Immobilienbesitz und letztlich auch bis zu einem gewissen Grad die eigenen Kinder zur Deckung der von der gesetzlichen Pflegeversicherung nicht getragenen Pflegekosten herangezogen.

2,5 Millionen schlossen Zusatzversicherung ab

Viele Menschen wollen vermeiden, im Alter von einer möglicherweise entstehenden Pflegelücke finanziell zu stark in Anspruch genommen zu werden. Die privaten Pflegezusatzversicherungen haben deshalb schon seit mehreren Jahren einen beträchtlichen Zulauf. Nach den Statistiken der Versicherer hatten Ende des vergangenen Jahres mehr als 2,5 Millionen Bürger eine private Pflegezusatzversicherung abgeschlossen – das waren vier Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor. Dazu kommen die staatlich geförderten Policen („Pflege-Bahr“), deren Zahl sich zuletzt auf knapp 700.000 belief. Hier war die Steigerungsrate deutlich höher, sie lag bei 22,4 Prozent.

Insgesamt liegt die Zahl der privaten Pflegeversicherungsverträge somit bei etwas mehr als drei Millionen Policen. Bis zum Jahr 2050 rechnen viele Pflege-Experten mit rund vier Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland.

Deckungslücke von 1500 Euro

Doch für wen lohnt es sich, eine private Pflegezusatzversicherung abzuschließen? Fachleute raten auf jeden Fall zur genauen Prüfung der eigenen finanziellen Verhältnisse. Denn eine leistungsfähige Zusatzversicherung ist nicht billig zu haben. Und es stelle sich die Frage, ob es wirklich sinnvoll sei, Geld in eine Versicherung zu investieren, nur um beispielsweise das Erbe für den Nachwuchs möglichst zu schonen.

Jetzt lesen

Die Beispielrechnung, die viele Pflegeexperten bei der stationären Pflege aufmachen, ist einfach: Sie geht von der in vielen Regionen Deutschlands realistischen Kostenannahme für einen Heimplatz inklusive hohem Pflegebedarf (bei geringem Pflegebedarf sind die Kosten entsprechend niedriger), Essen und Unterkunft von etwa 3500 Euro im Monat aus. Die gesetzliche Pflegeversicherung zahlt ab 2017 nach dem neuen und höchsten Pflegegrad 5 insgesamt 2005 Euro monatlich. Bei diesem Beispiel bleibt also eine Deckungslücke von etwa 1500 Euro im Monat, für die der Heimbewohner selbst aufkommen muss. In vielen Fällen ist die Finanzierung aus den monatlichen Altersbezügen und Erspartem möglich. Schwierig wird es aber immer dann, wenn etwa die Ehepartnerin – und das ist häufig der Fall – eine deutlich kleinere Rente erhält, als der Pflegebedürftige. Dann kann die Finanzierung des Alltags schnell an die finanzielle Substanz der Eheleute gehen.

Nur selten Beitragspause möglich

Grundsätzlich gilt: Auch bei der Pflegezusatzversicherung lohnt es sich, früh einzusteigen. Wer jung und gesund ist zahlt weniger, als jemand Älteres mit Vorerkrankungen. Zudem erfordert die kürzere Ansparphase höhere Prämien. Wenn ein Patient bereits unter schweren chronischen Krankheiten leidet, ist eine Aufnahme in eine Pflegezusatzversicherung fast ausgeschlossen. Der Einstieg kann sich bei guter Gesundheit in jedem Alter lohnen. Wichtig ist es, bei Abschluss der Versicherung aber auch darauf zu achten, dass man die Beiträge dauerhaft bezahlen kann. Denn wenn die Pflegezusatzversicherung nicht mehr bezahlt wird, gibt es in den meisten Fällen später bei Pflegebedürftigkeit keine Leistungen mehr. Nur wenige Versicherer bieten eine Beitragspause an.

Und noch ein weiterer Aspekt neben den günstigeren Prämien spricht laut dem Bund der Versicherten für eine frühe Prüfung und einen frühen Einstieg in die Pflegezusatzversicherung: Viele Versicherer bestehen nach Abschluss der Versicherung auf eine mehrjährige Wartezeit, bis auch Leistungen abgerufen werden können. Der Bund der Versicherer rät zwar dazu, beim Vertragsabschluss darauf zu achten, dass der Versicherer solche Fristen nicht festschreibt. Dennoch ist eine Karenzzeit bis zur ersten Zahlung oft noch üblich.