Der Feuerkopf Andris Nelsons als Orchestererzieher

Philharmonie Essen

Dass Bela Bartók sein Konzert für Orchester für das Boston Symphony Orchestra, eines der "Big Five" der USA, komponiert hat, ist kein Zufall. Dieses Orchester hat exzellente Solisten in seinen Reihen, das konnte man auch beim Konzert in der Philharmonie Essen hören.

ESSEN

, 06.05.2016, 15:08 Uhr / Lesedauer: 1 min
Andris Nelsons hat das Boston Symphony Orchestra in der Philharmonie Essen dirigiert.

Andris Nelsons hat das Boston Symphony Orchestra in der Philharmonie Essen dirigiert.

Aber es gibt bessere "Big Five"-Orchester - an den geschlossenen, satten Klang eines New York Philharmonic kam zumindest diese Tourneebesetzung aus Boston, zu der viele sehr junge Musiker gehörten, nicht heran. Andris Nelsons ist seit zwei Jahren Chefdirigent in Boston als Nachfolger von James Levine. Und der 37-jährige Lette arbeitet mit und an dem Bostoner Orchester. Auch in der Philharmonie Essen legte er mehr Wert darauf, es konzentriert und genau zu dirigieren als wie früher im temperamentvollen Überschwang zu baden.

Russisch-französisch

Ein russisch-französisches Programm präsentierten die Amerikaner - sehr abwechslungsreich, dafür nicht ganz aus einem Guss. Seine Ehefrau, die wunderbare Sopranistin Kristine Opolais, hatte Nelsons auch mitgebracht.

Wie ein Gebet sang sie ein Orchesterlied von Rachmaninow und die Briefszene aus ihrer Paraderolle, der Tatjana in Tschaikowskys "Eugen Onegin": intensiv, mit runder und nie scharfer Stimme, viel Traurigkeit und elegantem Timbre. Das war zweifelsfrei der Höhepunkt des Abends.

Zum Auftakt gab's Schostakowitsch: Auszüge aus der Schauspielmusik zu "Hamlet". Die neue Schostakowitch-CD mit Nelsons hatte das Orchester drei Wochen vor Verkaufsstart auch schon dabei. Schostakowitsch mit Nelsons ist für die Bostoner vielleicht ein neuer Bartók. Gute Bläsersolisten führte der Lette am Pult vor, aber der Gesamtklang fesselte wenig.

Parsifal in Bayreuth

Auch nicht in Debussys "La Mer", das ein wenig durch die Gershwin-Brille gespielt war. Etwas mehr in Ravels "La Valse". Wie anders und ausgelassen hat der Feuerkopf Nelsons so ein Werk früher mit anderen Orchestern dirigiert.

Jetzt wird er für drei Jahre Exklusivkünstler im Konzerthaus Dortmund, vorher dirigiert er in Bayreuth den neuen Parsifal, 2018 wird er dann Gewandhaus-Kapellmeister. Man darf gespannt sein, ob das anders klingt.

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