Daniel Harding bot einen Abschied mit Überwältigungsmusik
Konzerthaus Dortmund
Daniel Harding sagte mit dem Orchestre de Paris im Konzerthaus Dortmund Adieu. – In Mahlers neunter Sinfonie, aber auch als Chefdirigent des Orchesters der franzöischen Hauptstadt, das er im Sommer schon nach drei Jahren wieder verlassen wird.

Der britische Dirigent Daniel Harding dirigierte am Sonntag im Konzerthaus Dortmund Mahlers neunte Sinfonie. Foto: Pascal Amos Rest
Es gibt Musik, die so überirdisch schön ist, dass man sie nur live hören kann. Keine CD hätte die emotionale Tiefe in Mahlers neunter Sinfonie erreicht, die Daniel Harding am Sonntagnachmittag mit dem Orchestre de Paris im Konzerthaus Dortmund in den Saal zauberte.
Wenn Musik durch den Himmel bricht
Eindrucksvoll, was für eine Energie der zierliche, 42-jährige Brite im ersten Satz aus den Orchesterklangmassen der Hundertschaft schaufelte. Und wie ruhig und besonnen er Mittel-Tanzsätze spielen ließ und dabei die vorzüglichen Bläserstimmen hervorragend pointiert klingen ließ. Mahlers Abschiedswerk – von der Welt und von der Liebe – ist diese Sinfonie.
Wenn der große Klangstrom im Finale dann plötzlich abbricht, so als würde der Himmel aufreißen, konnte man nach Hardings Überwältigungsinterpretation ahnen, welche Klänge sich Mahler vorgestellt hat, als er „mit inniger Empfindung“ in die Partitur geschrieben hat. Nach den gefühlsstarken 80 Minuten sah man auch dem Dirigenten die emotionale Erschöpfung an.
Ein Bratschenkonzert als Stationenreise durch das Orchester
Und es gibt Neue Musik, die erst dann effektvoll und spannend wird, wenn sie inszeniert ist. So war es vor der Pause bei Jörg Widmanns Bratschenkonzert. Antoine Tamestit, Solist der Uraufführung 2015, präsentierte das Werk an wechselnden Spielorten als Reise über acht Stationen im Orchester.
Da sah man, wie die Tuba in den Dialogen zwischen Solist und Orchestermusikern die kleine Bratsche erschrecken musste. Das hatte Witz, und in der vierten und achten Station hat Widmann wunderschöne, melodiöse Musik komponiert.
Der Nachmittag war auch ein Abschied von Harding mit dem Orchestre de Paris: Nach nur zwei Jahren gibt der Brite „aus künstlerischen Gründen“ im Sommer sein Amt als Chefdirigent an der Seine auf und legt ein Sabbat-Jahr ein.