Belarus: Staaten erlassen Flugverbote - Fluggesellschaften meiden Luftraum
Belarus
Die EU-Staats- und Regierungschefs beraten sich bei einem Sondergipfel in Brüssel über Sanktionen und mögliche Flugverbote infolge der erzwungenen Flugzeuglandung in Minsk.

In Minsk kam es zu einer erzwungenen Landung eines Linienflugs. © picture alliance/dpa
Nach der erzwungenen Landung eines Linienflugs in Minsk fordert Frankreich ein „Verbot des belarussischen Luftraums“. Dieser Schritt sei eine Sicherheits- und Sanktionsmaßnahme, sagte Europa-Staatssekretär Clément Beaune am Montag im Sender BFM/RMC.
Darüber solle auf europäischer und internationaler Ebene debattiert werden. „Das ist eine Handlung staatlicher Piraterie, die nicht unbestraft bleiben kann“, sagte der Vertraute von Staatschef Emmanuel Macron zu der Flugzeugumleitung.
An Bord des Ryanair-Linienflugs von Athen nach Vilnius waren Beaune zufolge auch neun französische Staatsbürger. Behörden der autoritär regierten Republik Belarus hatten am Sonntag das Flugzeug zur Landung gebracht. Unter den Passagieren war nach Angaben des Menschenrechtszentrums Wesna auch der vom belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko international gesuchte Blogger Roman Protasevich, der demnach in Minsk festgenommen wurde.
Frankreich hatte der Nachrichtenagentur AFP zufolge bereits am Sonntag mitgeteilt, dass der belarussische Botschafter ins Außenministerium einbestellt wurde. Außenminister Jean-Yves Le Drian verurteilte via Twitter die Flugumleitung als nicht hinnehmbar und forderte eine geschlossene Antwort der Europäer.
Großbritannien entzieht belarussischer Fluglinie die Betriebslizenz
Großbritannien reagierte auf die erzwungene Flugzeuglandung in Minsk mit Maßnahmen gegen die belarussische Staatsairline. Die Betriebslizenz der Fluggesellschaft Belavia für das Vereinigte Königreich sei ausgesetzt worden, teilte die Regierung in London am Montag mit.
Verkehrsminister Grant Shapps wies nach eigenen Angaben die britische Zivilluftbehörde zudem an, „Airlines zur Meidung des belarussischen Luftraums anzuhalten“, um den Schutz von Passagieren zu wahren.
Der britische Außenminister Dominic Raab sprach von einem „fahrlässigen und gefährlichen“ Vorgehen der belarussischen Behörden und „einem schockierenden Angriff auf die zivile Luftfahrt und internationales Recht.“ Großbritannien sehe keinerlei Beweise, die die Behauptung einer Bombendrohung erhärten würden.
London habe Belarus‘ Botschafter in Großbritannien einbestellt und berate mit Verbündeten über weitere Schritte, darunter Sanktionen. Raab forderte auch die Freilassung von Pratassewitsch. Dessen Verhaftung sei unter „fadenscheinigen Vorwürfen“ erfolgt.
Litauen erlässt Flugverbot über belarussischem Luftraum
Die litauische Regierung hat am Montag ein Überflugverbot über den belarussischen Luftraum verhängt. Flugzeuge, die nach Litauen fliegen oder in dem baltischen EU- und Nato-Land starten, dürfen nicht mehr über das benachbarte Belarus fliegen.
Das Verbot tritt am 25. Mai um Mitternacht (Koordinierte Weltzeit) in Kraft. Betroffen davon sind nach Angaben der Staatskanzlei in Vilnius bis zu 26 Flüge pro Tag von und nach Litauen.
„Der gestrige Vorfall hat sehr deutlich gemacht, dass leider auch unsere Bürger beim Überfliegen des Luftraums des Nachbarlandes unsicher sind, und wir können nicht sicher sein, dass ein Flugzeug aus dem einen oder anderen Grund nicht zur Landung gezwungen wird“, begründete Verkehrsminister Marius Skuodis das Verbot.
Die Regierung in Vilnius riet zudem Litauer davon ab, nach Belarus zu reisen und forderte litauische Bürger zum Verlassen des Nachbarlandes auf.
Litauen fordert Sanktionen gegen Regime in Belarus
Litauen will sich zudem dafür einsetzen, dass europäische Fluglinien nicht mehr über Belarus fliegen. Die Regierung stimmte in ihrer Sitzung am Montag einem entsprechenden Vorschlag des Außenministeriums zu. „Wir glauben, dass eine EU-weite Entscheidung eine nachhaltigere Antwort wäre“, sagte Außenminister Gabrielius Landsbergis einem Bericht der Agentur BNS zufolge.
Landsbergis schlug weiter vor, dass Litauen sich für ein Landeverbot der nationalen belarussischen Fluglinie Belavia in der EU und die Aufnahme der Fluggesellschaft in das vierte EU-Sanktionspaket gegen Belarus starkmachen sollte. Regierungschefin Ingrida Simonyte sprach sich für finanzielle Sanktionen gegen die Führung in Minsk aus.
Ukraine will Luftverkehr mit Belarus komplett einstellen
Die Ukraine will nach der erzwungenen Landung einer Passagiermaschine in Minsk den wichtigen Luftverkehr mit dem Nachbarland komplett einstellen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj habe die Regierung angewiesen, eine entsprechende Verfügung über die Einstellung des Flugverkehrs vorzubereiten, teilte der Pressedienst des Präsidentenamtes am Montag in Kiew mit.
Der belarussische Flughafen in Minsk gilt als wichtiges internationales Drehkreuz, weil es im Zuge des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine keine direkten Flüge mehr zwischen den beiden Ländern gibt. Wer zum Beispiel von Moskau nach Kiew will, nutzte bisher vor allem Verbindungen über Minsk.
Polen fordert Aussetzung aller Flüge zwischen der EU und Belarus
Polen forderte die Aussetzung aller Flugverbindungen zwischen EU-Ländern und Belarus. Diesen Vorschlag werde er beim EU-Gipfel machen, sagte Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki am Montag in Wroclaw (Breslau). Es müsse eine eindeutige Antwort auf den „Akt von Staatsterrorismus“ aus Belarus geben.
Am Montagabend wollen die EU-Staats- und Regierungschefs bei einem ohnehin geplanten EU-Sondergipfel in Brüssel über mögliche Maßnahmen infolge der erzwungenen Flugzeuglandung beraten.
Die lettische Fluggesellschaft Air Baltic kündigte an, bis auf weiteres den belarussischen Luftraum zu meiden. Die Airline habe beschlossen, das Eintreten in den belarussischen Luftraum zu vermeiden, bis die Situation klarer wird oder die Behörden eine Entscheidung treffen, teilte eine Sprecherin des Unternehmens in Riga mit. Air Baltic ist die größte Fluglinie in den baltischen Staaten.
Nach Angaben von Verkehrsminister Talis Linkaits wird die lettische Behörde für zivile Luftfahrtbehörde in Kürze eine Empfehlung abgeben. „Es ist klar, dass die Situation im Prinzip inakzeptabel ist, wenn ein Land entscheiden kann, ob es den einen oder anderen Passagier im Flugzeug mag oder nicht mag“, sagte er im lettischen Radio. Der Vorfall im Nachbarland werde nicht ohne Konsequenzen bleiben.
Wizz Air fliegt nicht mehr über Belarus
Außenminister Edgars Rinkevics brachte neben Wirtschaftssanktionen und einer Sperrung des belarussischen Luftraums für internationale Flüge auch ein Landeverbot für Flüge von belarussischen Fluglinien ins Spiel. Bislang sei aber noch keine offizielle Entscheidung getroffen worden, um Flüge der nationalen belarussischen Airline Belavia nach Riga einzustellen, sagte Linkaits.
Auch Wizz Air meidet nach der erzwungenen Landung eines Linienflugzeuges in Minsk den belarussischen Luftraum. Ein Sprecher der Airline teilte am Montag mit, dass ein Flug von der ukrainischen Hauptstadt Kiew nach Tallinn (Estland) umgeleitet wurde, so dass er nicht durch den belarussischen Luftraum musste. „Wir überwachen und bewerten kontinuierlich die Situation“, sagte er der Agentur BNS.
Zuvor hatte bereits die lettische Fluggesellschaft Air Baltic angekündigt, den belarussischen Luftraum bis auf weiteres zu umfliegen. Bereits umgeleitet worden seien Flüge von Riga nach Odessa (Ukraine) und Tiflis (Georgien), teilte eine Sprecherin mit.
Die polnische Fluglinie Lot bereitet nach eigenen Angaben ebenfalls alternative Routen für Flüge vor, deren Route bislang durch den belarussischen Luftraum führen. Die Entscheidung solle zeitnah bekanntgegeben werden, sagte ein Sprecher. Am Montag standen Verbindungen nach Minsk und Moskau auf dem Flugplan.
RND
Der Artikel "Belarus: Staaten erlassen Flugverbote - Fluggesellschaften meiden Luftraum" stammt von unserem Partner, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.