Austritt aus der Kirche: Die Taufe ist ein Bund fürs Leben

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Austritt aus der Kirche: Die Taufe ist ein Bund fürs Leben

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Die Zahl der Austritte aus der Katholischen Kirche hat in den vergangenen Wochen dramatisch zugenommen. Aber was ist das eigentlich, ein Kirchenaustritt? Bin ich dann kein Christ mehr?

NRW

, 25.02.2022, 12:35 Uhr / Lesedauer: 2 min

221.390 Menschen traten im Jahr 2020 aus der Katholischen Kirche aus. Die ersten Ergebnisse für einzelne Bistümer deuten darauf hin, dass sich die Zahl der Austritte im Jahr 2021 weiter erhöht hat. Noch liegen die bundesweiten Zahlen für das zurückliegende Jahr nicht vor.

Da stellt sich die Frage: Was bedeutet ein Kirchenaustritt eigentlich? Heißt das, dass ich dann kein Christ mehr, kein Gläubiger mehr bin? Die Frage kann mit einem ebenso klaren wie irritierenden „doch, aber“ beantwortet werden. So merkwürdig das klingen mag, aber zunächst einmal hat ein „Kirchenaustritt“ nichts mit der Kirche zu tun. Man geht weder zum Pfarrer noch zum Bischof, um seinen Austritt zu erklären. Dazu muss man zum Amtsgericht.

Eine persönliche Sache zwischen mir und dem Staat

Der Kirchenaustritt ist nämlich zuallererst eine Sache zwischen mir und dem Staat. Ich zeige dem Rechtspfleger beim Amtsgericht meinen Personalausweis und erkläre, dass der Staat mich künftig so behandeln soll, als gehöre ich keiner Kirche an. Das heißt: Der Staat soll von meinem Gehalt keine Kirchensteuer mehr einziehen und an die Kirche weitergeben.

Man zahlt 30 Euro Bearbeitungsgebühr, unterschreibt ein Formular, das war’s. Begründen muss man nichts. Das Gericht informiert dann die Kirchengemeinde und das Einwohnermeldeamt. Das Einwohnermeldeamt leitet die Abmeldung weiter ans Finanzamt, das wiederum den Arbeitgeber informiert. Ab dem Monat, der auf den Austritt folgt, muss man keine Kirchensteuer mehr bezahlen.

Und dann schickt das Gericht noch eine Austrittsbestätigung an den Ausgetretenen. Die sollte man tunlichst aufheben. Sonst gibt es Probleme, wenn man später wieder in die Kirche eintreten möchte. Das geht nicht ohne diese Bescheinigung und das Gericht darf sie nur zehn Jahre aufbewahren. Danach werden keine Ersatzbescheinigungen mehr ausgestellt.

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Mit Menschen, die nach einem Austritt wieder in die Kirche eintreten wollen, hat das Amtsgericht übrigens nichts zu tun. Das geht nur bei der Kirchengemeinde.

Nun aber zurück zur Frage: Bin ich kein Christ mehr, wenn ich austrete? Doch. Wer einmal getauft wurde, bleibt Mitglied der Glaubensgemeinschaft. Das sieht man schon daran, dass es für Menschen, die aus der Kirche aus- und später wieder eingetreten sind, keine erneute Taufe gibt.

Die schwerwiegenden Folgen eines Austritts

Gleichwohl zieht ein Kirchenaustritt schwerwiegende Folgen nach sich. Die Kirche geht davon aus, dass der Austritt bedeutet, dass jemand nichts mehr mit ihr zu tun haben will. Daher darf man ab dem Austritt weder Sakramente empfangen, noch etwa Taufpate oder Trauzeuge sein, auch nicht im Kirchenvorstand oder Pfarrgemeinderat mitarbeiten, es darf kein kirchliches Begräbnis geben und wer bei einem kirchlichen Arbeitgeber beschäftigt ist, muss mit seiner Kündigung rechnen.

Über diese drastischen Schritte wird innerhalb der Katholischen Kirche schon lange gestritten. Was ist beispielsweise, wenn ich sage: Ich will zwar keine Kirchensteuern bezahlen und die amtlichen Strukturen der Kirche unterstützen, sehr wohl aber genau die gleiche Summe oder sogar noch mehr lieber meiner Gemeinde vor Ort oder einer befreundeten armen Gemeinde in Tansania zukommen lassen? Darf man jemanden von den Sakramenten ausschließen, nur weil ich dem Staat gesagt habe, er soll von meinem Gehalt keine Kirchensteuer abziehen?

Viele Seelsorger handeln inzwischen pragmatisch. Sofern ihnen ein Ausgetretener glaubwürdig versichert, dass er nicht vom Glauben abgefallen ist, dass er weiter an Christus glaubt und Teil der Gemeinde sein will, und es andere, nachvollziehbare Gründe für seinen Schritt gibt, wird er ihn nicht gleich von den Sakramenten ausschließen. Das ist in vielen Gemeinden Alltag, auch wenn das offiziell nicht zulässig ist.

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