Die Theologin Ida Raming kämpft seit mehr als 55 Jahren für die Priesterweihe von Frauen. Soe selbst wurde 2002 zur Priesterin geweiht – eine Weihe, die der Vatikan bis heute für ungültig hält, Ida Raming allerdings nicht.

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„Stachel im Fleisch der Kirche“: Ida Raming (89) trotzt seit Jahrzehnten dem Vatikan

rnKirche in der Krise

Seit über 55 Jahren kämpft sie dafür, dass Frauen in der Katholischen Kirche die gleichen Rechte haben wie Männer. Jetzt ist Dr. Ida Raming 89. Von ihrem Kampfesmut verloren hat sie nichts.

NRW

, 15.02.2022, 04:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Wie sehr die Stimme von Ida Raming noch immer gehört wird, zeigt, was aus ihrer 1970 von der Uni Münster angenommenen Dissertation geworden ist. Nach mehr als 50 Jahren erschien sie erst im April 2021 unter dem Titel „Priesteramt der Frau - Geschenk Gottes für eine erneuerte Kirche“ in einer Neuauflage. Auch nach mehr als fünf Jahrzehnten gilt ihre Arbeit von damals international noch immer als wegweisende Pionierarbeit zu diesem Thema. Langsam erntet sie in der englischen Übersetzung auch international große Anerkennung.

Ida Raming, die aus Fürstenau im südlichen Niedersachsen stammt, hat über Jahrzehnte als Lehrerin für Religion und Deutsch an einem Gymnasium in Emsdetten gearbeitet und zudem Lehraufträge an theologischen Hochschulen wahrgenommen.

2002 wurde sie zur Priesterin geweiht

Als ihre Lebensaufgabe aber sieht sie bis heute ihr Eintreten für eine gleichberechtigte Stellung der Frau in der Kirche an. Mit ihren Büchern, Aufsätzen und Eingaben legte sie sich immer wieder mit der Kirchenleitung an.

Als alles intellektuelle Argumentieren nicht half, schritt Ida Raming gemeinsam mit sechs anderen Frauen vor 20 Jahren zur Tat. Drei Bischöfe, die innerhalb der für die katholische Kirche zentralen „apostolischen Sukzession“ stehen, weihten diese sieben Frauen am 29. Juni 2002 zu Priesterinnen. „Apostolische Sukzession“ bedeutet, dass man bis zu den Aposteln eine ununterbrochene Kette von Bischofsweihen nachvollziehen kann.

Kardinal Ratzinger unterschrieb ihre Exkommunikation

Der Vatikan erklärte diese Priesterweihen umgehend für ungültig und forderte die Priesterinnen ultimativ auf, „Reue und Umkehr“ zu zeigen. Diesem Ultimatum widersetzte sich – wie ihre Mitstreiterinnen – auch Ida Raming. Der damalige Präfekt der Glaubenskongregation im Vatikan, Kardinal Joseph Ratzinger unterzeichnete daraufhin das Dokument, mit dem Ida Raming am 5. August 2002 exkommuniziert wurde.

Vier Jahre später wurde Ida Raming zur Bischöfin geweiht. Auch diese Weihe bezeichnete der Vatikan als ungültig, was Ida Raming ebenfalls energisch bestreitet. Exkommunizieren konnte er Ida Raming jetzt allerdings nicht mehr, denn das war sie ja schon. Inzwischen, so erzählt sie, hat sie selbst zahlreiche Frauen zu Priesterinnen geweiht. Zudem zählt sie zu den Mitbegründerinnen der Organisation „Roman Catholic Women Priests“, in der sich weltweit rund 300 römisch-katholische Priesterinnen zusammengeschlossen haben.

Ausgetreten ist sie bis heute nicht: „Ich trete auf, nicht aus“

Auch wenn die offizielle Kirche mit Ida Raming gebrochen hat, umgekehrt gilt das nicht. Sie sagt über sich: „Ich bin der Stachel im Fleisch der Kirche“. Den Kampf für die Priesterweihe der Frauen, das sei ihre Lebensaufgabe und den werde sie solange weiter kämpfen, wie es gehe.

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Die heute in Stuttgart lebende Theologin hat einen guten Kontakt zur dortigen Gemeinde. Sie selbst ist nach wie vor nicht aus der Kirche ausgetreten. „Ich trete nicht aus, sondern ich trete auf“. In selbstbewusster Souveränität nennt sich Ida Raming mit einer gehörigen Portion Selbstironie eine „exkommunizierte Kirchensteuer zahlende Katholikin“. Daran könnten auch die zahlreichen Steine nichts ändern, die die Kirche ihr im Laufe der vergangenen Jahrzehnte in den Weg gelegt habe. Sie kämpft weiter. Und zwar in der Kirche. Für sie steht fest: „Ich glaube daran, dass letztlich die Wahrheit siegen wird und nicht die Lüge“.

Der Fall von Ida Raming hat Folgen für das weltweite Kirchenrecht

Übrigens sorgte die unerlaubte Priesterweihe von Ida Raming dafür, dass die Katholische Kirche ihre Rechtsprechung geändert hat. Im überarbeiteten Kirchenrecht, das am 8. Dezember 2021 in Kraft getreten ist steht jetzt in §3 des Canon 1379: „Jeder, der einer Frau die heilige Weihe zu spenden versucht, wie auch die Frau, welche die heilige Weihe zu empfangen versucht, zieht sich die dem Apostolischen Stuhl vorbehaltene Exkommunikation als Tatstrafe zu; ein Kleriker kann darüber hinaus mit der Entlassung aus dem Klerikerstand bestraft werden.“

Das heißt: Seit einigen Wochen muss der Vatikan nicht erst in solchen Fällen wie dem von Ida Raming eine Exkommunikation aussprechen, sondern sie ist automatisch verhängt. Das ist eine deutliche Verschärfung der Sanktionen.

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