AfD-Vize Gauland: "Boateng nicht als Nachbar"

Empörung über rassistische Äußerungen

Knapp zwei Wochen vor Beginn der Fußball-EM sorgt AfD-Vize Alexander Gauland mit rassistischen Äußerungen über den Nationalspieler Jérôme Boateng für Empörung. Die AfD-Parteivorsitzende Frauke Petry beruft sich auf Erinnerungslücken ihres Stellvertreters. Im Netz erhält der Fußballer Unterstützung.

Berlin

29.05.2016, 12:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Gauland sagte der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“: „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“ Politiker von CDU und SPD wiesen diese Äußerung ebenso entschieden zurück wie Fußballoffizielle. 

Geschmacklose Parolen

Der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Reinhard Grindel, sagte der Zeitung, es sei „einfach geschmacklos“, die Popularität Boatengs und der Nationalmannschaft „für politische Parolen zu missbrauchen“. Boateng sei „ein herausragender Spieler und ein wunderbarer Mensch, der sich übrigens auch gesellschaftlich stark engagiert und für viele Jugendliche ein Vorbild ist“. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte im Kurznachrichtendienst Twitter: „Einfach nur niveaulos und inakzeptabel. Wer so redet, entlarvt sich selbst - und das nicht nur als schlechter Nachbar.“ 

Einfach nur niveaulos und inakzeptabel.Wer so redet, entlarvt sich selbst - und das nicht nur als schlechter Nachbar https://t.co/pRkMo3nRPg

— Heiko Maas (@HeikoMaas)

 

Gauland streitet die Vorwürfe indes ab: "Ich habe nie, wie die FAS insinuiert, Herrn Boateng beleidigt. Ich kenne ihn nicht und käme daher auch nicht auf die Idee, ihn als Persönlichkeit abzuwerten", teilte Gauland am Sonntag mit. Gauland behauptet nun, er habe in einem vertraulichen Hintergrundgespräch die Einstellung mancher Menschen beschrieben, "aber mich an keiner Stelle über Herrn Boateng geäußert".

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Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ besteht allerdings auf ihrer Darstellung. Die kritisierte Äußerung stamme aus einem Gespräch von Gauland mit zwei Berliner Korrespondenten am Mittwoch in Potsdam, heißt es in einer Stellungnahme der Politik-Redaktion der „FAS“ am Sonntag. „Beide Kollegen haben die Passage aufgezeichnet, ihre Aufzeichnungen stimmen überein.“  

Erinnerungslücken bei Gauland

Die Parteivorsitzende der rechtspopulistischen AfD, Frauke Petry, entschuldigte sich bei Boateng und verwies auf Erinnerungslücken ihres Stellvertreters: "Herr Gauland kann sich nicht erinnern, ob er diese Äußerung getätigt hat. Ich entschuldige mich unabhängig davon bei Herrn Boateng für den Eindruck, der entstanden ist."

Sie freue sich zudem auf die EM und halte Boateng für einen "Klasse-Fußballer", schreibt sie auf Twitter.

Jêrome Boateng ist ein Klasse-Fußballer und zu Recht Teil der deutschen Nationalmannschaft. Ich freue mich auf die EM. #Nachbarn

— Frauke Petry (@FraukePetry)

Die Berliner Boulevard-Zeitung B.Z. hat in dem sozialen Netzwerk dazu aufgerufen, Unterstützung für den Nationalspieler zu zeigen. Unter dem #boatengs Nachbar finden sich unterstützende Worte für den Fußballer und gegen die AfD.

Also, Herr #GauIand : ICH habe #Boateng bereits als Nachbarn. Nimmt sogar Post an. Verrückt, wie? #boatengsnachbarpic.twitter.com/ah3LVe6pqc

— Jochen Lambernd (@Joko1904)

In der vergangenen Woche hatten Anhänger des islamkritischen Pegida-Bündnisses bereits für Aufregung gesorgt, als sie sich über Kinderschokolade-Packungen empörten, die die Konterfeis der Nationalspieler Jerome Boateng und Ilkay Gündogan als Kinder zeigten.

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 "Es ist offensichtlich erwähnenswert zu sagen, dass Herr Boateng, Herr Gündogan und Herr Khedira natürlich alle Spieler der Nationalmannschaft Deutsche im Sinne des Grundgesetzes sind", sagte Thomas Pfeiffer, Dozent an der Uni Bochum zum Thema Rechtsextremismus und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen gegenüber unserer Redaktion. "Schließlich unterscheidet das Grundgesetz nicht nach Hautfarbe oder Religion. Das ist banal, scheint aber für manche nicht selbstverständlich zu sein."

mit Material von dpa/sag