6 bestätigte Coronavirus-Fälle in NRW - Verdachtsfälle in Duisburg, Witten, Moers und Köln
Lungenkrankheit
Im bevölkerungsreichsten Bundesland gab es mindestens sechs Infektionen. Hunderte stehen unter Quarantäne. Inzwischen wurden auch im Ruhrgebiet Verdachtsfälle gemeldet.

Die Behörden in NRW versuchen die Ausbreitung des Coronavirus zu stoppen. Sechs Menschen haben sich bereits infiziert. © picture alliance/dpa
Nach dem Ausbruch des Coronavirus in Nordrhein-Westfalen sind derzeit sechs Menschen nachweislich infiziert. Rund 400 stehen unter häuslicher Quarantäne, wie die Behörden am Donnerstag mitteilten. Darunter sind 300 Menschen, die am 15. Februar in Gangelt im Kreis Heinsberg eine Karnevalssitzung besucht haben.
Unter den Infizierten ist ein Klinikarzt, der am Rosenmontag in Mönchengladbach am Krankenhaus Maria Hilf im Dienst war und dort Kontakt zu zwölf Patienten hatte. Unklar war zunächst noch, wieviele Mitarbeiter sich möglicherweise bei ihm angesteckt haben. Der Arzt befindet sich derzeit in häuslicher Quarantäne und sei angewiesen, dort vorerst zu bleiben.
Wie die WAZ berichtet, wurden am Donnerstag-Mittag (27. Februar) zwei ernsthafte Verdachtsfälle in Witten auf den Erreger getestet. Ergebnisse der Proben stünden demnach noch aus. Die Betroffenen sollen sich bis auf Weiteres in Hausquarantäne befinden. Ein Paar aus Duisburg befindet sich nach einer Italien-Reise ebenfalls in Isolation.
Alle Infizierten hatten Kontakt zu Ehepaar aus Gangelt
Ein weiterer Infizierter ist ein Soldat, der am Flughafen Militärflughafen Köln-Wahn für die Flugbereitschaft der Bundeswehr im Einsatz war. Der 41-Jährige wird in Koblenz behandelt. Er zähle nicht zum fliegenden Personal.
Alle bislang bekannten Infizierten hatten nach Erkenntnissen der Behörden Kontakt mit einem Ehepaar aus Gangelt, das im Moment an der Uniklinik Düsseldorf behandelt wird. Der Zustand des 47-jährigen Ehemanns sei unverändert ernst. Den vier Neuinfizierten gehe es vergleichsweise gut. Der Krankheitsverlauf sei bei ihnen weit weniger schwer.
Der Heinsberger Landrat Stephan Pusch (CDU) nahm das infizierte Ehepaar in Schutz: „Sie verdienen unser Mitgefühl, nicht Vorwürfe“, sagte Pusch. „Es hätte jeden von uns treffen können. Wer von uns hätte auf fest gebuchte Karnevalsveranstaltungen verzichtet, weil er etwas erkältet ist?“, fragte Pusch.
Kinder einer Kita werden auf das Virus getestet
Bernhard Tholen, Bürgermeister von Gangelt, äußerte sich ähnlich: Es gebe im Internet einen regelrechten Shitstorm. „Für die Familie ist das unheimlich belastend“, sagte der CDU-Politiker laut Liveblog der „Aachener Zeitung“. „Dabei ist das Ehepaar doch selbst Opfer des Virus.
Beide sind nicht der Auslöser dieser Krise, sondern haben sich selbst bei irgendjemandem angesteckt“, sagte Tholen. „Ich werbe darum, sie in Ruhe zu lassen - zumal der Mann sich in immer noch in einem kritischen Zustand befindet“, so Tholen.
Unklar blieb weiterhin, ob die zwei Kinder des Paares erkrankt sind. Zunächst hatten sie keine Symptome gezeigt und wurden in häuslicher Isolation von der Großmutter betreut. Auch die Kinder der Kita, in der die Mutter der Familie arbeitet, zeigten keine Symptome. Ein erkranktes Kind sei getestet worden, aber nicht mit dem Virus infiziert. Die übrigen Kinder sollten noch am Donnerstag auf das Virus getestet werden.
Bei den zwei weiteren bestätigten Covid-19-Fällen handelt es sich um eine Mitarbeiterin des schwer erkrankten 47-Jährigen und ihren Lebensgefährten, wie ein Sprecher des Kreises sagte. Sie zeigten Grippesymptome und seien derzeit zuhause. Eine stationäre Behandlung sei nach jetzigem Stand nicht erforderlich.
Schulen und Kindergärten bis Montag geschlossen
Im Kreis Heinsberg bleiben Schulen und Kindergärten bis einschließlich Montag geschlossen. Fußballspiele wurden im Kreis ebenfalls abgesagt. Bevor der 47-Jährige aus Gangelt schwer erkrankte, war er zu einem Nachsorgetermin wegen einer anderen Erkrankung in der Uniklinik Köln. Dort kam er mit 41 Menschen in Kontakt. Alle wurden negativ auf das Virus getestet. Sie sollen aber in Quarantäne bleiben.
„Patient Null“, der den Ausbruch in NRW verursacht hat, ist nach Behördenangaben weiterhin unbekannt. Man gehe davon aus, dass er den 47-Jährigen als ersten Patienten der bekannten Infektionskette angesteckt hat. Wegen seines kritischen Zustands konnte der 47-Jährige nicht befragt werden. Er wird nach einem Lungenversagen beatmet.
Im Kreis Heinsberg, dem westlichsten Kreis Deutschlands, in dem rund 252 000 Menschen leben, kämpft ein rund 100-köpfiger Krisenstab gegen die Ausbreitung des Virus. Dort stellten am Donnerstag auch die Amtsgerichte in Erkelenz, Geilenkirchen und Heinsberg den Publikumsverkehr ein. Vom Robert Koch-Institut hieß es, Ziel in Deutschland sei es, eine Erkrankungswelle hinauszuzögern, um zu vermeiden, dass die Covid-19- und die derzeitige Grippewelle zusammenfallen.
Keine Auswirkungen auf öffentlichen Nahverkehr in NRW
Trotz mehrerer Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus ist der Öffentliche Nahverkehr in Nordrhein-Westfalen bislang nicht beeinträchtigt. Man habe bislang keine besonderen Maßnahmen eingeleitet, hieß es von mehreren Verkehrsbetrieben. Es gebe auch keine Einschränkungen. Im Pendlerland NRW begegnen sich tagtäglich große Menschenmengen in Bussen und Bahnen auf engstem Raum. Zum Schutz vor einer Ansteckung tragen einzelne Fahrgäste Schutzmasken.
„Wir beobachten die Situation engmaschig und kontinuierlich“, sagte eine Sprecherin der Nordwestbahn. Man stehe im Austausch mit den Gesundheitsbehörden, die für Schutzmaßnahmen zuständig seien. Das Gleiche gilt auch für die Düsseldorfer Rheinbahn. „Da eine Übertragung über unbelebte Oberflächen bisher nicht dokumentiert ist, ist eine zusätzliche vorsorgliche Desinfektion von Fahrzeugen und Haltestellen im Moment nicht geplant“, erklärte eine Sprecherin.
Im Kreis Heinsberg hatte man kurz nach Bekanntwerden des ersten mit dem neuen Coronavirus infizierten Patienten in NRW kurzzeitig überlegt, auch den ÖPNV zu stoppen. Dies passierte letztlich nicht.
dpa/rej