Poller-Experiment in Lüner City nähert sich dem Ende Meinung zum Projekt gehen auseinander

Poller-Experiment nähert sich dem Ende: Meinung zum Projekt gehen auseinander
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Seit fast vier Wochen wird dem fließenden Verkehr an der unteren Münsterstraße die Durchfahrt versperrt. Zwei rot-weiße Poller reichen hierfür aus. Die Folge am ersten Tag dieses Stadtexperiments: Viele Autos fuhren trotzdem rein und mussten dann umständlich drehen. Hat sich mittlerweile ein Gewöhnungseffekt eingestellt?

Ruhiger sei es geworden, sagen Mitarbeiter der ansässigen Unternehmen. Doch Fahrzeuge würden sich weiterhin in die Straße verirren. „In der ersten Woche hatte wir hier Autoballett“, beschreibt Karin Faust vom Spielzeugladen Blomenkemper die Lage. Morgens und nachmittags würde es teilweise immer noch „ganz schlimm“ sein mit dem Wendeverkehr, findet Monika Dahms, die von ihrem Friseurbedarfsgeschäft einen guten Blickt auf den Bereich hat.

Tobias Weinmann, Inhaber des Unverpacktladen „Füllharmonie“ schätzt, dass es auch an der Nutzung von Navigationssystemen liegt. „Die kennen die Situation vielleicht nicht. Es sind auch ganz oft Autos mit ortsfremden Kennzeichen, die hier drehen.“ Das Experiment sei insgesamt aber geglückt. „Das was man bezwecken wollte, also weniger Durchgangsverkehr, ist gelungen“, so der Ladenbesitzer. Die Kunden von Monika Dahms, die zu Fuß oder mit dem Rad zu ihr kommen, würden es ganz toll finden, sagt sie. Auf der anderen Seite berichtet die Inhaberin, dass sie wohl ein paar Kunden eingebüßt habe, die sonst gern mit dem Auto vorgefahren sind.

Tobias Weinmann vom Unverpacktladen "Füllharmonie" sieht den Zweck der Poller erfüllt. Trotzdem beobachtet er noch einige Autos, die sich in die untere Münsterstraße verirren.
Tobias Weinmann vom Unverpacktladen "Füllharmonie" sieht den Zweck der Poller erfüllt. Trotzdem beobachtet er noch einige Autos, die sich in die untere Münsterstraße verirren. © Freynhofer

Poller an der falschen Stelle?

Während einer Umfrage in der Innenstadt und auf Instagram gehen die Meinung zum Projekt auseinander. Ein älterer Herr berichtet, dass der Verkehr jetzt endlich nicht mehr so durchrauscht. „Ich sehe das Ganze sehr positiv. Und es könnte auf jeden Fall weitergeführt werden.“ Eine weitere Fußgängerin findet die Sperrung ein „total cooles Experiment“. Man müsse nicht überall mit dem Auto langefahren.

Sie hat den Bereich an der unteren Münsterstraße vorher immer als sehr voll empfunden - gerade wenn man mit dem Rad dort langefahren ist. Man sei jetzt geschützter als Fahrradfahrer, findet ein weiterer Mann und fügt an, dass Autofahrer, die keine Anlieger sind, dort nichts zu suchen haben.

Die Poller sieht eine junge Frau an „genau der richtigen Stelle“ angebracht. Eine Instagram-Userin widerspricht dem. Sie findet, dass man die Sperrung eher Richtung Einfahrt, also zu Beginn der Münsterstraße, hätte aufstellen sollen. Dazu sagte Vanessa Powierski von der Stadt Lünen bereits zum Start des Experiments vor knapp vier Wochen, dass eine solche Umsetzung wegen der Anwohner und den Geschäften nicht möglich sei.

Verkehr weicht auf Engelstraße aus

Ein weiterer Instagram-User steht dem Projekt gar nicht positiv gegenüber. Er schreibt: „Der größte Schwachsinn. Immer wird nur für die Radfahrer etwas getan.“ Der Sicherheitsaspekt gefällt hingegen ein älteren Dame absolut nicht. „Für Rettungswege ist das absolut unzulänglich. Jeder sollte sich mal vor Augen führen, wenn man da als Notfall liegt und warten muss.“ Auch wenn die Poller entfernt werden können, sei dies immer noch Zeit, die man in Anspruch nehmen müsse.

In den Wendemanövern sieht ein weiterer Social-Media-User „gefährliche Situationen für Radfahrer.“ Eine Sache, die den Unternehmern vor Ort schon am ersten Tag des Experiments Kopfschmerzen bereitet hat. Im Laufe der vergangenen drei Wochen hätten sie auch so einige heikle Manöver beobachtet. „Das war manchmal wirklich kurz davor zu krachen“, sagt Monika Dahms. Aber passiert sei bislang zum Glück noch nichts. Um die Lage als Wendebereich klarer zu machen, könnte man einfach einen Kreisel aufzeichnet, findet Carola Deinhart-Auferoth vom Hotel an der Persiluhr.

Dass die untere Münsterstraße nun für den Verkehr gesperrt ist, hält scheinbar nicht alle Autos davon ab, den Bereich in der Innenstadt zu meiden. Einige Ladenbesitzer berichten, dass jetzt die Engelstraße als Durchgangsweg genutzt wird, um den Ring zu umfahren. Hier dürfen aber nur Taxen und Busse langfahren.

Carola Deinhart-Auferoth vom Hotel an der Persiluhr findet, dass man sich allgemein mit dem Verkehr in der Innenstadt mehr beschäftigen muss.
Carola Deinhart-Auferoth vom Hotel an der Persiluhr findet, dass man sich allgemein mit dem Verkehr in der Innenstadt mehr beschäftigen muss. © Freynhofer

Kurzzeitparkplätze vor Ort

Eine Sache, die vor allem die ansässigen Unternehmen beschäftigt, sind die zwei Taxenplätze vor dem Hotel An der Persiluhr. Mehrmals fällt hier das Stichwort: Kurzzeitparkplätze. „Wir haben vorne ´Anlieger frei´ stehen, aber Autos haben kaum Möglichkeiten, sich hier vernünftig hinzustellen“, findet Tobias Weinmann. Derzeit bleibe laut dem Ladenbesitzer nur die Option, sich ins Parkverbot oder mitten auf die Straße zu stellen. Man könnte auch das mal ausprobieren, für die Geschäfte seien solche Parkplätze nicht verkehrt, sagt auch Karin Faust.

Wenn es nach Carola Deinhart-Auferoth geht, sollte man die Lage ein bisschen größer sehen: „Die Stadt muss sich grundsätzlich überlegen, wo sie noch Verkehr in der Innenstadt haben will und wie sie ihn haben will.“ Einen „großen Brüller“ fände sie das ganze Projekt nach wie vor nicht. Denn die untere Münsterstraße sei weiterhin abgeschnitten von der restlichen Innenstadt.

Daran schließt sich auch Monika Dahms an. „An sich ist das Experiment nicht schlecht. Aber es kommen ja trotzdem keine Fußgänger hierhin. Es fehlt weiterhin an Attraktionen.“ Wie es mit dem Projekt weitergeht, zeigt sich nach dem 25. September. Schon am Samstag (16.9) ab 11 Uhr gibt es vor Ort einen Aktionstag mit Livemusik, einem Recycling-Parcours von Remondis und einem Infostand der Stadt Lünen.

Die Taxistände wurden für das fünfwöchige Stadtexperiment aufgehoben. Künftig könnten sich die ansässigen Unternehmen dort Kurzzeitparkplätze vorstellen.
Die Taxistände wurden für das fünfwöchige Stadtexperiment aufgehoben. Künftig könnten sich die ansässigen Unternehmen dort Kurzzeitparkplätze vorstellen. © Leonie Freynhofer

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